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Augsburg: Im Fokus: Was junge Menschen in Augsburg antreibt

Im Fokus: Was junge Menschen in Augsburg antreibt
Augsburg

Im Fokus: Was junge Menschen in Augsburg antreibt

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    Der jungen Generation wird oft vorgeworfen, sich zu stark für ihre Freizeit zu interessieren. Denn kürzere Arbeitszeiten werden beliebter. Vom Handwerk über Ehrenamt bis zum Start-Up: Diese sechs jungen Augsburgerinnen und Augsburger zeigen, dass sie für etwas brennen.

    Pauline Walcher Pauline Walcher - Maßschneiderin am Theater
    Pauline Walcher Pauline Walcher - Maßschneiderin am Theater Foto: Silvio Wyszengrad

    "Die Leidenschaft zum Beruf gemacht": Pauline Walcher, 23

    „Ich habe mir schon immer gedacht, warum werde ich nicht Schneiderin? Alles, was mit Kreativität zu tun hat, fand ich schon immer spannend. Mit 13 Jahren konnte ich nähen, bald kam dann das Häkeln hinzu. Das hat sich bis heute nicht geändert. Aus diesem Grund habe ich eine Ausbildung zur Damenmaßschneiderin am Staatstheater Augsburg absolviert und befinde mich inzwischen in meinem Gesellenjahr.

    Der Konkurrenzkampf um die Ausbildungsplätze ist leider sehr groß. Es gibt zu viele Interessenten, die sich auf immer weniger Plätze bewerben. Zudem möchten alle ans Theater. Aber auch hier gibt es nur eine begrenzte Zahl an Ausbildungsplätzen. Deshalb hatte ich Glück, die Ausbildung auch noch in meiner Heimatstadt absolvieren zu dürfen. Ich bin auch überglücklich darüber, letztes Jahr bei dem Handwerkerpreis "Die gute Form" den zweiten Platz in der Kategorie "Design" belegt zu haben. Wir hatten eine Woche Zeit, in der wir eine Jacke samt Revers, Taschen, langen Ärmeln sowie einen Hut nach eigenem Konzept nähen mussten. Offenbar war mein Entwurf gut genug für den zweiten Platz. Gerade erst habe ich ein Kostüm für eine Premiere fertiggestellt: Die Figur der Baba wird in Rake's Progress auftreten. An diesem Kostüm habe ich über vier Wochen gearbeitet. Das Kostüm ist aus Jersey und vollkommen mit Süßigkeiten überklebt. Es soll eine Fantasiefigur in dem Stück darstellen.

    Ich wäre froh, wenn ich diesen Job noch eine ganze Weile weiter machen könnte. Zukünftig könnte ich mir sehr wohl vorstellen, als Gewandmeisterin zu arbeiten. Wenn ich mein Gesellenjahr abgeschlossen habe, möchte ich studieren: Deshalb habe ich mich gerade im Fach Kostümgestaltung an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden beworben. 

    Carlotta Schneider engagiert sich in ihrer Freizeit bei der Freiwilligen Feuerwehr Pfersee als Jugendbetreuerin, im Vorstand und bei Einsätzen.
    Carlotta Schneider engagiert sich in ihrer Freizeit bei der Freiwilligen Feuerwehr Pfersee als Jugendbetreuerin, im Vorstand und bei Einsätzen. Foto: Freiwillige Feuerwehr Pfersee

    "Ich will mein ganzes Leben bei der Feuerwehr aktiv sein": Carlotta Schneider, 20

    Ich bin bei der Freiwilligen Feuerwehr, seit ich 14 Jahre alt bin. Ich war damals schon total begeistert von der Feuerwehr und hab überlegt, wie ich mich dort einbringen und Erfahrungen sammeln kann. Ich bin schließlich zur Jugendfeuerwehr Oberhausen gegangen und habe dort 2021 meine Grundausbildung abgeschlossen. Danach habe ich mich zur Atemschutzgeräteträgerin weiterbilden lassen: Das sind die Menschen, die Sauerstoffmasken tragen und auch Brände innerhalb des Hauses löschen können. Das kann zwar gefährlich sein, aber wir sind sehr gut ausgebildet. 

    Mittlerweile bin ich nach Pfersee umgezogen und engagiere mich dort als Jugendbetreuerin: Ich organisiere Spieleabende, die jährliche 24-Stundenübung sowie Exkursionen, zum Beispiel zum THW. Hinzu kommt die Planung des Jugendaktionstags, bei dem wir für Nachwuchs werben. Mir macht es einfach Spaß, den Fortschritt der Jugend zu sehen, deswegen will ich mein ganzes Leben bei der Feuerwehr aktiv sein. Zum zeitlichen Aufwand kommt neben der Jugendarbeit auch meine Arbeit im Vorstand. Unter der Woche bin ich zudem zwischen 17 und 6 Uhr auf Abruf, an Wochenenden dauerhaft. Wenn etwas passiert, werden wir von der Leitstelle über einen Piepser informiert. Dann fahren wir zum Gerätehaus, ziehen uns um und dann geht es los. 

    Studentin aus der Ukraine Mariia Kostenko an der Technischen Hochschule Augsburg
    Studentin aus der Ukraine Mariia Kostenko an der Technischen Hochschule Augsburg Foto: Silvio Wyszengrad

    "Ich helfe der Ukraine aus der Ferne": Mariia Kostenko, 26, aus Odessa

    Ich bin vor dem Krieg in meiner Heimat geflohen und lebe seit März 2022 in Deutschland. Die ersten sechs Monate lebte ich bei einem jungen Pärchen, das mir freundlicherweise eine Unterkunft zur Verfügung gestellt hat.

    Die Technische Hochschule Augsburg hat mir für besondere Studienleistungen und mein Engagement für meine Kommilitonen den DAAD-Preis verliehen. Dieser Preis beinhaltet ein einjähriges Stipendium für internationale Studenten. Ich war sehr froh, diesen Preis zu gewinnen, denn insgesamt waren 600 Studenten nominiert. Außerdem habe ich für die anderen Studentinnen aus meiner Heimat zusammen mit Lehrkräften ein Projekt entworfen: „Keep Ukraine warm“. Damit haben wir warme Kleidung in der Uni gesammelt und in die

    Für die nächsten vier oder fünf Jahre möchte ich in Deutschland bleiben. Ich fange im Februar einen neuen Job als Data Analyst an. Ich mag die Stadt sehr, es erinnert mich an meine Heimatstadt. Viel Wasser, viele Wälder, genau wie in Odessa. 

    Emilia Strohmayr
Was junge Menschen antreibt
Emilia Strohmayr
    Emilia Strohmayr Was junge Menschen antreibt Emilia Strohmayr Foto: Michael Stelzl

    "Ich versuche, mich überall zu engagieren": Emilia Strohmayr, 14

    Ich gehe in die neunte Klasse der International School Augsburg. Wenn ich nicht gerade in der Schulmannschaft oder im Verein als Mittelblockerin auf dem Volleyballfeld stehe, engagiere ich mich bei Young Stage im Chor. Wir singen viel Gospel, aktuell bereiten wir aber unsere Vorstellung von Little Ghost Town Anfang März in Zusammenarbeit mit einer Tanzschule vor. Neben meinem Einzelunterricht proben wir jeden Samstag gemeinsam mehrere Stunden. Zusätzlich kümmere ich mich viel um die Organisation der Auftritte. Gemeinsam besprechen wir zum Beispiel die Kostüme für die einzelnen Lieder, das Catering und was eben sonst so ansteht. Meist geschieht das vor oder nach der Probe, manchmal treffen wir uns dafür auch privat. 

    Im Chor singe ich, seit ich fünf Jahre alt bin. Meine Lehrerin in der ersten Klasse hat damals in Teilzeit bei Young Stage gearbeitet. Über sie bin ich dazu gekommen und gerne geblieben. Auch wenn es viel Aufwand ist, freue ich mich auf die Proben: nicht nur wegen der Musik, ich treffe dort ja auch meine Freunde. Insgesamt versuche ich mich bei allem zu engagieren und dabei zu sein. Ich habe deshalb auch in meiner Freizeit Requisiten für unseren Dramaunterricht an der Schule gebastelt. Man braucht für all diese Sachen Motivation: aber wenn man es wirklich machen will, schafft man das auch. 

    Hat seine eigene Firma für Energieauditierung gegründet.
    Hat seine eigene Firma für Energieauditierung gegründet. Foto: Innovat.ing

    "Gründen war eine der besten Entscheidungen meines Lebens": Markus Nellesen, 32

    Ursprünglich komme ich aus Mühlheim an der Ruhr, bin aber 2020 zunächst nach München zu meiner Lebensgefährtin und im selben Jahr mit ihr nach Augsburg gezogen. Zuvor habe ich Maschinenbau studiert und dann in Augsburg bei einer Energieberatung angefangen. 2022 habe ich darüber meinen jetzigen Geschäftspartner kennengelernt. Seit Herbst sind wir im Umwelt-Technologischen Gründerzentrum Augsburg (UTG) angesiedelt und beraten mit unserer FIrma INNOVAT.ing Unternehmen, die grüner werden und gleichzeitig Kosten sparen wollen. Dazu führen wir ein komplettes Energieaudit durch: Wir prüfen den Energieverbrauch der Unternehmen, schauen uns alles vor Ort an und bieten im Anschluss verschiedene Maßnahmen zur Energie- und Kostenersparnis an. Die Nachfrage ist hoch, denn durch das neue Energiegesetz sind große Firmen nun verpflichtet, ihren Verbrauch prüfen zu lassen.

    Die Gründung war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Im UTG fühlen wir uns sehr gut aufgehoben: der Umweltgedanke passt wie die Faust aufs Auge, auch sind hier sehr viele Firmen mit ähnlichem Hintergrund angesiedelt. Aktuell sind auch meine Arbeitszeiten noch völlig in Ordnung, es kommt jedoch viel auf uns zu. Noch ist es aber nicht so weit, dass ich im Büro schlafen werde. Da würde ich Ärger daheim bekommen. Mein Tipp an alle ist: denkt über Gründen nach, es lohnt sich!

    Die Iranerin kümmert sich beim SOS-Kinderdorf in ihrer Ausbildung um die Kleinsten dieser Gesellschaft.
    Die Iranerin kümmert sich beim SOS-Kinderdorf in ihrer Ausbildung um die Kleinsten dieser Gesellschaft. Foto: Arne Seyffert

    „Die Kinder beim Heranwachsen begleiten“: Reyhane Norouzi, 30

    „Früher wollte ich Autorin werden. Inzwischen mache ich eine Ausbildung zur Erzieherin beim SOS-Kinderdorf in Augsburg. Vor vier Jahren bin ich hierhergekommen und habe mich direkt in die Stadt verliebt. Ich bin auch meinem Mann sehr dankbar, der mit mir in Deutschland ist und mich sehr unterstützt.

    Eigentlich komme ich aus Teheran, wo ich Philosophie studiert habe. Das wollte ich auch in Augsburg machen. Nach zwei Semestern Erziehungswissenschaften habe ich aber gemerkt, dass mir das Praktische sehr fehlt, weswegen ich hier die Ausbildung angefangen habe. Das Besondere am SOS-Kinderdorf ist, dass man in alle Bereiche reinschauen kann. Egal ob Kinderkrippe, Jugendwohngemeinschaft oder Mutter-Kind-Betreuung. Gleichzeitig gibt es auch Theoriekurse. Ich habe mir nie gewünscht, etwas anderes zu machen. Erst vor kurzem habe ich nach langer Zeit ein Kind wiedergesehen, das bei mir in der Krippe war und sich toll entwickelt hat. Das war sehr herzerwärmend. Den Kindern dabei zuzuschauen, wie sie erste, kleine Erfahrungen machen ist das Schönste an diesem Beruf. Ich begleite die Menschen, die in Zukunft die Zukunft gestalten werden.

    Nach der dreijährigen Ausbildung möchte ich soziale Arbeit hier in Augsburg studieren. Was jedoch die ferne Zukunft betrifft, kann ich noch nicht sagen.

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