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Augsburg: Finanznot und ein Sanierungsstau: Augsburgs Dilemma bei den Hallenbädern

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Finanznot und ein Sanierungsstau: Augsburgs Dilemma bei den Hallenbädern

Stefan Krog
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    Im Haunstetter Hallenbad muss die Decke mit einem Netz abgedeckt werden, weil Teil herunterfallen könnten.
    Im Haunstetter Hallenbad muss die Decke mit einem Netz abgedeckt werden, weil Teil herunterfallen könnten. Foto: Michael Hochgemuth

    Eineinhalb Jahre lang herrschte beim Thema städtische Hallenbäder politisch Stille. Doch nun kommt mit dem Vorschlag von Sportreferent Jürgen Enninger, als nächstes die Sanierung des Spickelbades anzugehen, eine längst überfällige Bewegung in die Angelegenheit. Es ist höchste Zeit: Die Augsburger Hallenbäder, allesamt Bauten aus den 70er-Jahren, sollten laut einem inzwischen über zehn Jahre alten Masterplan eigentlich schon weiter saniert sein. Die Stadt muss Gas geben.

    Die Bäder sind Energieschleudern, mäßig attraktiv und es ist nur eine Frage der Zeit, bis an den 50 Jahre alten Gebäuden oder der Technik ein Schaden auftritt, der die Nutzbarkeit einschränkt. In Haunstetten hängen seit Jahren Netze an der Decke, um Schwimmer vor möglichen herabstürzenden Teilen der Verkleidung zu schützen. Doch die Stadt hinkt ihrem Zeitplan hinterher. Bisher wurden lediglich das Stadtbad, bei dem sich schon neuer Reparaturbedarf abzeichnet, und das für Vereine und Schulen reservierte Plärrerbad saniert.

    Millionenschwere Weichenstellung steht für Augsburger Bäder an

    Die grundsätzlich positive Nachricht, dass nun ein Hallenbad saniert werden soll, stößt nicht überall auf Zustimmung. Denn sie bedeutet auch: Im Spickelbad wird es beim bisherigen 25-Meter-Becken bleiben. Eine Erweiterung auf ein 50-Meter-Becken an diesem Standort wird es dann nicht geben. Denn die Ansprüche und Pläne, die zum Thema Bäder geäußert werden, gehen über eine bloße Sanierung der bestehenden Bäder hinaus. Politischer Konsens war bisher immer, dass es mehr Beckenkapazitäten braucht, weil die Augsburger Bevölkerung deutlich gewachsen ist. Und Konsens war auch, dass dieses Plus an Wasserfläche über ein 50-Meter-Becken hergestellt werden soll, wie es die Sportvereine vehement fordern. Doch ob ein bestehender Standort zum 50er-Becken ausgebaut werden soll oder ein zusätzlicher Standort kommt, das war und ist heftig umstritten. Es handelt sich um eine grundsätzliche, millionenschwere Weichenstellung. Und angesichts der aktuellen Finanzsituation muss man die Frage stellen, wie realistisch ein solches Neubauvorhaben aktuell wäre.

    Was bringt ein 50-Meter-Becken für die Augsburger Allgemeinheit?

    Die Forderung der Vereine nach einem 50-Meter-Becken für Wettkämpfe ist aus Sicht der Sportler nachvollziehbar. Man kann dieser Idee trotz der aktuellen Finanznot nähertreten, weil auch die Allgemeinheit davon profitieren würde. Nutzt man so ein Becken in Querrichtung, kommen sich Öffentlichkeit und Schulklassen aufgrund der immensen Breite nicht mehr ins Gehege, wie es in den 25-Meter-Hallenbädern aktuell der Fall ist. Die Notwendigkeit von Schwimmkursen und -unterricht ist nach Corona nur noch stärker zu Tage getreten. Aktuell scheitert eine Ausweitung an fehlenden Wasserflächen.

    Und es wäre wohl eine relativ günstige Variante, zusätzliche Wasserflächen zu schaffen, sofern das Bad an einem bestehenden Standort realisiert wird. Ein weiterer Bäderstandort, etwa auf dem Areal des brachliegenden Sportbades am Plärrer, täte der Stadt gut, doch Bau und Betrieb eines sechsten Hallenbads wären teurer als Sanierung, Erweiterung oder Neubau eines bestehenden Bades. Der Sportreferent will langfristig ein 50-Meter-Becken in Göggingen oder Haunstetten bauen. Einen neuen Standort sieht er skeptisch. Ein Problem, auf das die Vereine zu Recht hinweisen: Bei jeder Lösung, bei der kein neuer Standort gebaut wird, fällt sanierungsbedingt erst einmal ein Schwimmbad für mehrere Jahre aus. Das war schon während der Plärrerbad-Sanierung spürbar, als es in den anderen Bädern enger wurde. Die Sperrung eines für die Öffentlichkeit zugänglichen Bades würde wohl noch stärkere Folgen haben. Der Nachholbedarf fürs Schwimmen in diesem Zwischen-Corona-Sommer hat diesem Argument der Vereine noch mehr Gewicht gegeben.

    Die Idee mit der Traglufthalle könne ein Ausweg aus dem Dilemma sein

    Insofern ist der Vorschlag von Schwimmfunktionär und CSU-Stadtrat Bernd Zitzelsberger überdenkenswert. Die Idee, das Bärenkeller-Freibad während einer Hallenbadsanierung jeweils im Winter unter eine gemietete Traglufthalle zu setzen, hört sich gewöhnungsbedürftig an. Die alten Traglufthallen über dem Bärenkeller-Bad und dem Haunstetter Eisstadion verschwanden vor Jahren aus gutem Grund - wenig langlebig und im Fall des Schwimmbades ein energetischer Alptraum. 

    Die heutigen Hüllen sind aber deutlich besser isoliert und bei Mietkosten von 40.000 Euro jährlich wäre das fürs Erste ein Ausweg aus dem Dilemma. Im Winter ginge keine Wasserfläche verloren und ab Mai könnte die Hülle mit relativ wenig Aufwand entfernt und für den Sommer eingelagert werden. Eine Dauerlösung - und diese Gefahr bergen günstige Übergangslösungen immer - dürfte das aber nicht werden. Dass damit ein neues 50-Meter-Becken in weitere Ferne rücken würde, lässt sich nicht von der Hand weisen. Aber auch Ideen wie ein Freizeitbad oder ein Hallenbad mit Rutsche, wie sie schon kursierten, landen jetzt wohl erstmal in der Schublade.

    Geht es nach der Stadt, dann soll als nächstes das Spickelbad saniert werden.
    Geht es nach der Stadt, dann soll als nächstes das Spickelbad saniert werden. Foto: Lea Binzer

    Es ist nachvollziehbar, dass über die Entscheidung gestritten wird, weil es eine strategische Weichenstellung für die Bäder bedeutet und es sich um ein politisches Thema abseits von Corona handelt, bei dem der Stadtrat wieder einmal Handlungsoptionen hat. Gleichzeitig wirkt der Streit grotesk: Wenn man sich die Pläne der Sportverwaltung genau anschaut, heißt es, dass die Spickelbad-Sanierung weiter vorangetrieben werden soll, also erst mal lediglich weiter geplant wird. Von einem konkreten Beginn, wie er auf dem Papier für 2022 geplant wurde, ist nirgendwo die Rede, und das vermutlich mit gutem Grund. Die Stadt wird selbst für diese günstigste aller möglichen Varianten, um Bewegung in die Bäderangelegenheit zu bringen, Millionen Euro benötigen, die sie momentan nicht hat und von denen ungewiss ist, wann sie vorhanden sein werden. Je günstiger eine Lösung ist, desto schneller wird sie kommen. Ohne Schulden wird es, wie schon beim Theater und den Schulen, auch bei den Bädern wohl trotzdem nicht gehen.

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