Es ist die Nacht zum Samstag, gegen 1 Uhr. Die bis dahin friedliche Feierstimmung auf der Maximilianstraße in Augsburg droht zu kippen. Mehr als ein Dutzend Polizisten spurten in die feiernde Menge, gefolgt von Mitarbeitern des städtischen Ordnungsdienstes. Die Partygänger weichen zurück, werden von Polizisten zur Seite gestoßen, während dem Pulk johlende Schaulustige hinterherlaufen. Die Einsatzkräfte sind zu einer Schlägerei vor einer Bar unterwegs, wo ein 20-Jähriger attackiert wird. Während die Polizisten eingreifen wollen, stürzt der Mann der Länge nach auf den Boden, wo seine Kontrahenten nach seinem Kopf treten. Es geht alles ganz schnell - und zeigt, wie rasch die Stimmung umschlagen und eskalieren kann.
Die Polizisten bauen sich Schulter an Schulter auf, um die Menge zurückzudrängen. Es kommt zu Schubsereien, die Polizisten stehen mit gezogenen Schlagstöcken wie eine Mauer den aufgebrachten oder auch belustigten Feiernden gegenüber, die mit dem Rücken zum Brunnen nicht weiter zurückweichen können. Kurz darauf wird der Mann in Sicherheit gebracht und die Szene entspannt sich wieder.
Bis dahin feiern die Augsburger ausgelassen eine Art Straßenfest in der für den Verkehr gesperrten Maximilianstraße. Teilweise ist es extrem voll, gerade rund um den Brunnen ist stellenweise kein Durchkommen mehr, woran auch die von der Stadt aufgestellten Topfpflanzen nichts ändern. An den to-go-Verkaufsstellen bilden sich lange Schlangen und in der Außengastronomie ist kaum mehr ein Platz zu bekommen. Masken? Mindestabstände? Das ist hier kein Thema. Corona scheint vergessen. Das gute Wetter nutzen am Freitagabend auch zahlreiche Fußballfans der italienischen und türkischen Mannschaft, die das Auftaktspiel der Europameisterschaft bestreiten. Entgegen der Befürchtungen, die man im Vorfeld aus Polizeikreisen hören konnte, blieb es zwischen den rivalisierenden Fans aber weitgehend friedlich.
Augsburger Innenstadt: Nicht jeder findet die vielen feiernden Menschen gut
Insgesamt überwiegt die gute Stimmung. "Es ist total cool, dass wir uns wieder treffen können - wir haben mit 20 doch unsere besten Jahre und können nicht nur in der Wohnung sitzen", findet Koray, der mit seinen Freunden am Brunnen feiert. Allerdings - ganz wohl ist den jungen Leuten angesichts der vielen Menschen, die ohne Maske so eng beieinander stehen nicht. "Ist schon komisch, bisher durften wir gar nichts, und plötzlich das", sagt Robin und deutet auf die Menge um ihn herum.
Die Maximilianstraße steht in dieser Nacht unter besonderer Beobachtung. Nicht nur Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) macht sich ein Bild von der Lage, auch Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) schaut von einem Tisch vor dem Hotel Maximilian's den Feiernden zu. Die Polizei ist mit einem großen Aufgebot vor Ort, Polizei-Vizepräsident Markus Trebes besucht seine Leute. Auch der Ordnungsdienst ist unterwegs und versucht unter anderem, das Flaschenverbot durchzusetzen, was aber offenbar nur mäßig gelingt, wie im späteren Verlauf des Abends zahlreiche Glasscherben sowie Sekt- und Bierflaschen rund um den Brunnen bezeugen.
Dass es ab Mitternacht keine Getränke zum Mitnehmen mehr gibt und auch die Gastronomen ihre Tische räumen müssen, hindert die Menschen nicht daran, noch stundenlang weiter zu feiern. Allerdings sorgt die frühe Sperrstunde unter anderem für reichlich Müll auf der Straße, weil die Menschen ihre Pfandbecher nicht mehr zurückgeben können und diese großflächig auf der Straße entsorgen.
Polizei meldete mehrere Einsätze im Augsburger Nachtleben
Die Polizei berichtet nach den Partynächten am Freitag und Samstag von mehreren Einsätze. Neben dem Vorfall am Herkulesbrunnen meldet der Polizeibericht noch eine Auseinandersetzung, bei der ein Polizist von einer 25-Jährigen in den Bauch geschlagen wurde. Die Beamten waren gerufen worden, weil nahe der Maxstraße ein Streit zwischen der 25-Jährigen und ihrem Begleiter handgreiflich geworden war. Die junge Frau hatte auf ihren Begleiter eingeschlagen.
Eine Gruppe von mindestens 20 jungen Leuten schlug und trat in der Nacht zum Sonntag laut Polizei am Predigerberg nach Passanten. Ein 35-Jähriger wurde dabei ins Gesicht geschlagen. Bis die Polizei eintraf, waren die Beteiligten aber verschwunden. Neben den Gewalttätigkeiten gingen bei der Polizei auch zahlreiche Beschwerden von Anwohnern über Ruhestörungen ein. Vor allem die von einigen Feiernden mitgeführten Musikboxen sorgten für Ärger. Bei uneinsichtigen Lärmverursachern wurden die Boxen einkassiert, berichtet die Polizei.
An der Aral-Tankstelle am Gablinger Weg blieb es ruhig
An einem anderen Party-Hotspot in Augsburg blieb es am Freitagabend dagegen völlig ruhig. An der Aral-Tankstelle am Gablinger Weg, wo am Wochenende zuvor hunderte Autofans gefeiert und die Nachbarn mit ihrem Lärm aufgeschreckt hatten, war so wenig los wie lange nicht mehr. Der Grund dafür war allerdings nicht eine plötzliche Einsicht der Autoposer-Szene, sondern der Einsatz von Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes, die von jedem einfahrenden Auto das Nummernschild aufschrieben und geduldig erklärten, dass der Aufenthalt auf dem Gelände nur zum Besuch der Tankstelle oder der Mc-Donald's-Filiale erlaubt sei. Auch die Polizei war zeitweise mit etlichen Leuten und sogar Hunden vor Ort. Sie führte am Freitag und Samstag einen Schwerpunkteinsatz in der Autoszene durch.
Viele jungen Fahrer mit getunten Fahrzeugen wendeten an der Aral-Tankstelle gleich am Kontrollpunkt und suchten sich offenbar einen anderen Ort zum Feiern. Andere drehten wenigstens eine Runde durch die fast leere Tankstelle, um dann ebenfalls wieder davon zu fahren. Manche versuchten erfolglos, mit den Sicherheitsleuten zu diskutieren.
Ordnungsreferent Frank Pintsch sagte, der Tankstellenpächter und der Mc-Donald's-Betreiber hätten sich freiwillig dazu bereit erklärt, den Sicherheitsdienst zu beschäftigen, um Probleme mit hunderten Autofans wie zuletzt nicht mehr aufkommen zu lassen. Pintsch kündigte an, die Tankstellen würden den gesamten Sommer über unter Beobachtung bleiben. "Es wird immer wieder Kontrollen geben", so der Ordnungsreferent.
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