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Augsburg: Fehlende Kitaplätze: Für manche Familien geht es um Existenzen

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Fehlende Kitaplätze: Für manche Familien geht es um Existenzen

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    Sylvia Kurth ist Leiterin der Evangelischen Kindertagesstätte St. Matthäus in Hochzoll.  Mehr als 100 Eltern, die um einen Kita-Platz anfragten, musste sie dieses Jahr eine Absage erteilen.
    Sylvia Kurth ist Leiterin der Evangelischen Kindertagesstätte St. Matthäus in Hochzoll. Mehr als 100 Eltern, die um einen Kita-Platz anfragten, musste sie dieses Jahr eine Absage erteilen. Foto: Michael Hochgemuth

    Sylvia Kurth leitet seit 2020 die Kindertagesstätte St. Matthäus in Hochzoll, in der rund 100 Buben und Mädchen betreut werden. Vor Kurzem stand die Anmeldung für das neue Kindergartenjahr an. Eigentlich eine schöne Sache, wäre da nicht das Problem der fehlenden Plätze. Sylvia Kurth musste wieder einmal mehr als 100 Eltern eine Absage erteilen. Sie kann auch in diesem Jahr nicht alle Anfragen bedienen. Für die Kita-Leiterin sind das Momente, die ihr einiges abverlangen, denn: "In manchen Fällen geht es bei einer Absage um Existenzen von Familien", erzählt sie. 

    In Augsburg stehen laut Stadt 16.000 Betreuungsplätze zur Verfügung, davon knapp 11.000 bei freien und kirchlichen Trägern, 4000 beim städtischen Träger, bis zu 800 in der Kindertagespflege und weitere Plätze in Heilpädagogischen Tagesstätten und schulvorbereitenden Einrichtungen. In den vergangenen drei Jahren habe die Stadt 1443 neue Krippen-, Kita- und Hort-Plätze realisieren können und 18 neue Einrichtungen eröffnet. "Noch nie wurden in so einem kurzen Zeitraum so viele neue Plätze geschaffen", sagt Bildungs-Bürgermeisterin Martina Wild. Doch das reicht noch immer nicht aus - vor allem, weil das Personal fehlt. Für Herbst 2023 sind 4700 Anmeldungen für einen Betreuungsplatz eingegangen. Nur 2732 Eltern haben bislang eine feste Zusage erhalten, weitere 500 Kinder, so hofft Martina Wild, könne man noch mit einem Angebot versorgen. Selbst im Idealfall bleiben demnach 1468 Kinder unversorgt.

    Fehlende Plätze belasten auch Leiterin einer Augsburger Kita

    Eine Tatsache, die Sylvia Kurth, zu schaffen macht. Denn ihr als Kita-Leitung obliegt es, den betroffenen Familien die schlechte Nachricht zu überbringen. "Wenn Sie einer alleinerziehenden Mutter sagen müssen, dass Sie keinen Platz für ihr Kind haben, dann bricht da oft eine Welt zusammen", schildert Kurth. Die betroffene Mutter müsse schließlich ihren Arbeitsplatz nach der vereinbarten Elternzeit wieder antreten und sei auf ein Gehalt angewiesen. Einen ähnlichen Fall hatte sie zuletzt selbst erlebt: Eine Mitarbeiterin brachte die Kündigung, weil sie für ihr Kind keinen Hortplatz gefunden hat. "Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um diese Kündigung zu verhindern. Zum einen für die Mutter, aber auch, um keine Fachkraft zu verlieren, die wir dringend brauchen." Mit Erfolg, aber einen solchen Einsatz könne sie nicht für die mehr als 100 Familien leisten, denen sie eine Absage erteilen muss, so Kurth. So gern sie das wollte.

    Für sie selbst seien die Wochen der Entscheidung keine einfachen, erzählt die erfahrene Pädagogin. "Ich sehe die Verzweiflung vieler Eltern, die in meinem Büro sitzen und mir erklären, dass sie nicht wissen, wie sie ihre Kinder ab Herbst versorgen sollen." Sie habe gelernt, professionell Abstand zu nehmen, sonst würde sie die Lage zu sehr belasten. In diesem Jahr kann Sylvia Kurth 39 Kinder neu in den Kindergarten aufnehmen und neun in die Krippe – bei über 250 Anmeldungen. "Ich bekomme jetzt schon Anrufe, wo nach einem Platz für 2024 gefragt wird." 

    Stadt Augsburg treibt Ausbau der Kita-Plätze weiter voran

    Die Stadt macht einen Mangel an Plätzen vor allem in den Stadtteilen Lechhausen, Oberhausen, Haunstetten, Kriegshaber und Bärenkeller, sowie Göggingen, Inningen, Bergheim aus. Vor allem dort soll das Angebot daher schnellstmöglich ausgebaut werden. So sind unter anderem neue Einrichtungen in der Kurt-Schumacher-Straße, ein Ersatzbau in der Lützowstraße (beides Lechhausen) im Wohnpark an der Brahmsstraße, sowie in der Fritz-Hintermayr-Straße (Antonsviertel) geplant. In den nächsten Jahren sollen so weitere 96 Krippen-, 275 Kindergarten- und 25 Hortplätze entstehen. Baubeginn ist in Kürze. Weitere vier Einrichtungen sind laut Stadt in Planung. 

    Mit neuen Räumen allein ist es allerdings nicht getan. Denn aktuell mangelt es laut Stadt nicht an Platz, um Kinder zu betreuen, sondern es fehle an Personal, das diese Aufgabe übernimmt. Freie Plätze können so nicht belegt werden. Die Stadt hat daher ein Maßnahmenpaket geschnürt, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Unter anderem werden seit 2020 auch pädagogische Assistenzkräfte ausgebildet und neuerdings Fachkräfte aus dem Ausland (Spanien) rekrutiert.

    Für viele Eltern sei das zwar nachvollziehbar, aber in ihrer Situation nur ein schwacher Trost. Ihr Recht auf einen Platz in Krippe oder Kindergarten klagen allerdings nur wenige ein. Laut Stadt sind es im Jahr eine Handvoll solcher Beschwerden. Dabei gehe es meist nicht darum, Schadenersatz für entgangenes Gehalt oder die Kosten einer privat organisierten Betreuung zu erhalten, sondern doch noch einen Platz zu finden. Selbstverständlich, so die Stadt, gebe man stets alles, um diesen Wünschen doch noch gerecht zu werden. 

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