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Augsburg: Fahrrad- und Fußstreifen: Neuer Polizeipräsident will "Polizei zum Anfassen"

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Fahrrad- und Fußstreifen: Neuer Polizeipräsident will "Polizei zum Anfassen"

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    Martin Wilhelm ist der neue Polizeipräsident Nordschwabens. Im Interview erklärt der 57-Jährige seine Ziele für Augsburg und die Region.
    Martin Wilhelm ist der neue Polizeipräsident Nordschwabens. Im Interview erklärt der 57-Jährige seine Ziele für Augsburg und die Region. Foto: Silvio Wyszengrad

    Herr Wilhelm, Sie sind seit knapp zwei Monaten neuer Polizeipräsident in Nordschwaben. Fühlen Sie sich als gebürtiger Franke hier in Augsburg und Umgebung angekommen?
    MARTIN WILHELM: Meine Frau und ich fühlen uns seit der ersten Woche hier pudelwohl. Mit den Rädern erkunden wir die Umgebung. Von Nördlingen bis Schwabmünchen gibt es tolle Flecken. Und Augsburg ist einfach eine schöne Stadt.

    Welche Ziele haben Sie sich in dem neuen Amt gesetzt?
    WILHELM: Neben dem rein gesetzlichen Auftrag der Polizei gibt es viele gesellschaftliche Anforderungen. Mit Blick auf die Zukunft werden wir uns nach vorne gewandt auf die anstehenden Herausforderungen vorbereiten. Ich denke dabei etwa an das Thema Cyberkriminalität. Das schien vor einigen Jahren noch weit entfernt. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, ist unsere herausragende Aufgabe. Sicherheit stellt ein starkes Maß an Lebensqualität dar.

    Ist Augsburg in Ihren Augen eine sichere Stadt?
    WILHELM: Wir haben hier eine der niedrigsten Kriminalitätsraten in Deutschland, sinkende Fall- und steigende Aufklärungszahlen. Die Sicherheitslage ist hervorragend. Doch die objektive Sicherheit ist nicht immer deckungsgleich mit der subjektiven. Es gibt Menschen, die sich dennoch nicht sicher fühlen.

    Wie erklären Sie so ein getrübtes Sicherheitsempfinden?
    WILHELM: Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Das kann unter anderen am Alter liegen oder an eigenen Erfahrungen, die man gemacht hat. Genau dieses subjektive Sicherheitsempfinden will ich stärker in den Fokus rücken. Denn es lässt sich durchaus positiv beeinflussen. Als Leiter einer bayernweiten Expertengruppe für Sicherheit im öffentlichen Raum ist mir dieses Thema einfach besonders wichtig.

    Was haben Sie konkret vor?
    WILHELM: Die Polizei soll für die Bürgerinnen und Bürger auf der Straße noch präsenter werden. Eine Polizei zum Anfassen quasi, die ohne Anlass in Kontakt zur Bevölkerung tritt. Sei es mit Fahrradstreifen in Parks oder mit Fußstreifen durch die Stadt. Auch sind mehr Informationsstände und Präventionsveranstaltungen geplant. Wir möchten mit den Menschen verstärkt ins Gespräch kommen, denn die wenigsten sprechen von sich aus einen Polizeibeamten an. Aber genau da will ich in Augsburg und Nordschwaben hin. Und bei den Dienststellen renne ich damit offene Türen ein.

    Das klingt sehr personalintensiv ...
    WILHELM: Wir werden in Zukunft deutlich mehr Polizistinnen und Polizisten haben. Mit dem neuen Stellenkonzept des bayerischen Innenministeriums 'Die Bayerische Polizei 2025' bekommen wir im

    Das Sicherheitsempfinden vieler Augsburgerinnen und Augsburger wurde vergangenen Sommer durch die Ausschreitungen in der Maxstraße erschüttert. Was bekamen Sie in Unterfranken von dieser Krawallnacht mit?
    WILHELM: Natürlich habe ich die Ausschreitungen in der Augsburger Innenstadt wahrgenommen, wie auch die Folgemaßnahmen und die intensiven und konsequenten Ermittlungen. Wie aus dieser Menschenmasse in dieser Kürze der Zeit die einzelnen Tatverdächtigen ermittelt wurden, war eine hervorragende Polizeiarbeit.

    Werden Sie das Geschehen auf der Maximilianstraße in den kommenden Monaten im Blick haben?
    WILHELM: Jetzt im Frühling erwacht die Stadt gerade. Augsburg ist die drittgrößte Stadt Bayerns und hat viel zu bieten. Uns geht es darum, dass die Menschen hier friedlich und mit Genuss feiern können. Das wollen die allermeisten. Unser Konzept basiert auf mehreren Säulen. Präsenz der Polizei, viel Kommunikation, auch durch den Einsatz von unseren Kommunikationsbeamten, um etwaige aufkommende Probleme möglichst gleich verbal zu lösen, bevor es zu Straftaten kommt. Natürlich gehört auch ein konsequentes Einschreiten gegenüber Straftätern dazu.

    Am Freitag hat der Prozess gegen den Mann begonnen, der vergangenes Jahr in der Würzburger Innenstadt drei Frauen erstochen hat. Sie leiteten damals den Einsatz ...
    WILHELM: Ja, das war einer der emotional schwierigsten Einsätze meiner bisherigen 36 Jahre bei der Polizei. Der Einsatz kam wie aus dem Nichts. Es war ein Freitagnachmittag, ich wollte noch ein paar Dinge im Büro erledigen. Plötzlich wurde gemeldet: Mann mit Messer in der Innenstadt, möglicherweise Tote. Da fährt man von Null auf Hundert hoch. In nur wenigen Minuten war die erste Streife vor Ort. Die jungen Kollegen mussten dabei unmittelbar von der Schusswaffe Gebrauch machen. Sie haben unter massivem Zeitdruck professionell gehandelt. Für die Stabilisierung der Lage war es entscheidend, den Täter sofort ergreifen zu können. Es wäre schlimm gewesen, wenn er uns entkommen und noch weiter in der Stadt unterwegs gewesen wäre. Auch die couragierten Bürger, die den Täter in Schach hielten, waren bemerkenswert.

    Ein Mann hatte in Würzburg drei Frauen erstochen.
    Ein Mann hatte in Würzburg drei Frauen erstochen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Archivbild)

    Stellt man bei solchen Erlebnissen die Wahl seines Berufes infrage?
    WILHELM: Polizist zu sein, ist nicht immer einfach. Es ist ein anspruchsvoller Beruf, aber er gibt viel zurück. Für mich ist es ein Traumberuf. Eine meiner Töchter und ihr Mann sind übrigens auch bei der Polizei.

    Werden Sie mal den Augsburger Plärrer besuchen?
    WILHELM (LACHT): Im Moment sind meine Frau und ich noch damit beschäftigt, Umzugskartons auszuräumen. Aber künftig wollen wir Augsburg erkunden. Einiges habe ich schon gesehen. Der Goldene Saal, in dem meine Amtseinführung war, ist beeindruckend. Auch der Stadtmarkt gefällt mir und natürlich die einladenden Plätze und historischen Gebäude. Wir werden uns hier wohl fühlen. Und als Bergwanderer genießen wir jetzt natürlich die Nähe zu den Alpen.

    Zur Person

    Martin Wilhelm war bislang Vizepräsident des Polizeipräsidiums Unterfranken. Der neue Polizeipräsident ist 57 Jahre alt, verheiratet, und hat zwei erwachsene Töchter. Mit seiner Frau lebt er nun im Donau-Ries.

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