Etwa ein Dreivierteljahr, nachdem der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), das Forum Augsburg lebenswert und die Fridays-for-future-Bewegung ein Bürgerbegehren zur Förderung des Radverkehrs angestoßen haben, zogen die Initiatoren am Freitag Bilanz. Die gesammelten 15.543 Unterschriften hätten gezeigt, dass das Thema in der Bevölkerung einen starken Rückhalt habe, so ADFC-Vorsitzender Arne Schäffler.
Zum Radbegehren gibt es bislang keine konkreten Ergebnisse
Seit dem Sommer laufen Verhandlungen mit Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und der schwarz-grünen Regierungskoalition. Ziel, so Jens Wunderwald, sei ein Vertrag mit der Stadt, in dem konkrete Schritte festgeschrieben werden und der einen Bürgerentscheid überflüssig machen würde. Allerdings, so die Initiatoren, hätten die Gespräche bisher wenig konkrete Ergebnisse gebracht. Gebe es bis Februar keine Einigung, werde man die Unterschriften offiziell bei der Stadt einreichen. Das wäre der erste Schritt zu einem Bürgerentscheid, also einer Abstimmung der Bürger.
Das Radbegehren fordert im Wesentlichen mehr und bessere Radwege, sicherere Kreuzungen und mehr Abstellplätze für Fahrräder, und zwar sowohl auf Straßen und Plätzen, aber auch in Wohnanlagen. Konkrete Straßen, Projekte und finanzielle Forderungen sind darin aber nicht benannt, außer einer Forderung zur Zahl der Radabstellplätze. Mehr konkrete Forderungen, so Schäffler, seien im Hinblick auf die rechtlichen Anforderungen an ein Bürgerbegehren nicht möglich gewesen. Andernfalls wäre man Gefahr gelaufen, dass das Begehren aus formalen Gründen für unzulässig erklärt werde. Man hoffe, dass die Stadtregierung ähnlich wie die Staatsregierung beim Artenschutz-Volksbegehren die Ziele übernehme.
"Was bisher passiert ist, passt nicht zur angekündigten Agenda"
Mit Weber und den Fraktionen gab es bisher mehrere Termine, aber ohne, dass ein aus Sicht der Initiatoren entscheidender Durchbruch erzielt wurde. Man begegne sich mit Respekt, so Schäffler, und seitens des Regierungsbündnisses gebe es auch Zustimmung zu Zielen. Sobald es konkret werde, stockten die Verhandlungen aber. "Von der CSU gibt es ein klares Signal, dass nun eine neue Generation im Rathaus sitze, die Sachen anders machen werde. Aber was bisher passiert ist, passt nicht in die neue angekündigte Agenda", so Schäffler. Seit der Wahl sei, abgesehen vom Vorhaben, in der Hermanstraße eine Lösung zu finden, wenig in Sachen Radverkehr passiert. Betrachte man die großen Linien der Verkehrspolitik, nehme es die Stadt hin, dass der Autoverkehr weiter ansteigt. "Man zeigt Bereitschaft zur Förderung des Radverkehrs, doch sobald an Kreuzungen der Autoverkehr betroffen sein könnte, etwa durch Aufstellflächen für Radler, geht nichts voran."
Auch was die Rolle der Grünen als Förderer des Radverkehrs betrifft, sei noch Luft nach oben. Subventionen für den Flughafen zuzustimmen, gleichzeitig aber zu wenig Geld für Radwege zu haben, passe nicht zusammen. "Es passiert hinter den Kulissen schon etwas, aber man könnte sich mehr vorstellen", so Schäffler. Dafür müssten die Grünen in der Koalition aber mehr Konflikte in Kauf nehmen.
Augsburger Radbegehren: Ziel ist Vertrag mit 20 bis 30 konkreten Zielen
Dass man weiter verhandle, liege daran, dass man weiterhin auf konkrete Vereinbarungen hoffe, die das Bürgerbegehren nicht hergibt. Das Ziel, ein durchgängiges Radwegenetz zu bekommen, stehe weiter oben auf der Prioritätenliste. Wenn man sich in Verhandlungen auf konkrete Straßen einige, sei das aber mehr wert als die generelle Forderung, deren Umsetzung ein Stück weit Auslegungssache sei, so Alexander Mai vom Klimacamp/Fridays for future. Schäffler spricht von einer Forderungsliste mit 20 bis 30 Punkten, die die Initiatoren berücksichtigt sehen möchten. Das gehe von Kleinigkeiten wie Radabstellmöglichkeiten in der Steingasse bis hin zur Neugestaltung von Kreuzungen.
Die finanziellen Probleme der Stadt aufgrund der Corona-Pandemie sehen die Initiatoren nicht als generellen Hinderungsgrund. "Wir verstehen, wenn kurzfristig nicht so viel vorangeht, aber wir haben ein konkretes Verhandlungsmandat durch die Unterschriften und verlangen, dass etwas passiert", so Schäffler. Augsburg, so Wunderwald, habe das Potenzial, eine echte Fahrradstadt zu werden. Die bisherigen Zielsetzungen der Stadt, nämlich den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr zu erhöhen, seien aber zu vage gewesen. Man sei bereit, in einen Bürgerentscheid zu gehen, sollten die Verhandlungen nicht vorangehen. Man habe auch angesichts des bisherigen Rückenwinds keine Zweifel daran, den Entscheid zu gewinnen.
"Beim Thema Radentscheid sind sich so gut wie alle einig"
Zwar, so Alexander Mai vom Klimacamp, gingen manchen Passanten, die man in den vergangenen Monaten im Zuge der Unterschriftensammlung angesprochen habe, die Forderungen der Klimaschützer zu weit oder ihnen gefalle das Camp nicht. "Beim Thema Radentscheid sind sich aber so gut wie alle einig, dass sich für Radler in Augsburg etwas ändern sollte", berichtet Mai aus den Gesprächen am Rande des Klimacamps. Selbst eingefleischte Autofahrer hätten gesagt, dass man in Augsburg nicht unbedingt Rad fahren wolle oder seine Kinder aufs Fahrrad setzen möchte.
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