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Augsburg: Belastung durch explodierende Energiepreise: "Ich habe Angst vor der Zukunft"

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Belastung durch explodierende Energiepreise: "Ich habe Angst vor der Zukunft"

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    Sozialpatin Carola Pröls erklärt ihrem Klienten Robert W., wie er am besten Strom sparen kann. Der Augsburger konnte zuletzt kein Geld mehr für seine Stromrechnung aufbringen.
    Sozialpatin Carola Pröls erklärt ihrem Klienten Robert W., wie er am besten Strom sparen kann. Der Augsburger konnte zuletzt kein Geld mehr für seine Stromrechnung aufbringen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Es war knapp. Fast wäre Robert W. der Strom abgedreht worden. Der 59-Jährige, der sich aus Kostengründen mit seiner Ex-Frau in Lechhausen eine Wohnung teilt, konnte die Rechnung nicht mehr bezahlen. Der Augsburger bezieht Arbeitslosengeld - und sagt, die explodierenden Energiekosten bereiteten ihm große Sorgen. "Ich habe Angst vor der Zukunft." Damit ist Robert W. nicht alleine. Beim Augsburger Amt für soziale Leistungen wird eine Steigerung von Anfragen durch Bürgerinnen und Bürger registriert, die zunehmend in finanzieller Klemme zu stecken scheinen.

    Bevor Robert W. arbeitslos wurde - seit einer Erkrankung ist er nur noch eingeschränkt arbeitsfähig -, hatte er 13 Jahre lang Pizza ausgefahren und als Elektrohelfer gejobbt. Finanzielle Probleme sind für ihn nicht neu. Doch er ahnt: Seine persönliche Situation wird sich verschärfen. "Am 7. Juli sollte mir in meiner Mietwohnung der Strom gesperrt werden", berichtet er offen. Er habe den Nachschlag von 73 Euro nicht berappen können. Bis dahin, sagt er, habe er immer versucht, alles selbst zu regeln. Nun aber wusste er nicht mehr weiter. In seiner Not suchte Robert W. Hilfe - und lernte so Carola Pröls kennen, die ihn nun unterstützt und die Stromsperre durch Bank- und Behördengänge abwenden konnte.

    Augsburger Sozialpatin: "Es wird noch viele treffen"

    Pröls ist eine der Sozialpatinnen und Sozialpaten der Stadt Augsburg. Die ehrenamtlichen Helfer bieten Sprechstunden an, arbeiten eng mit Ämtern, Hilfsverbänden und Stiftungen zusammen, suchen nach Lösungen für ihre Klientel. Die 65-Jährige ist eine Frau, die Energie und Optimismus ausstrahlt. Doch auch Pröls sieht die Zukunft nicht rosig. "Ich denke, wir stehen erst am Anfang." Die zunehmenden finanziellen Belastungen werden noch viele treffen, befürchtet sie und gibt dabei zu bedenken: "

    Bei den Stadtwerken Augsburg (swa) appelliert man an Haushalte, sich frühzeitig zu melden, wenn man Schwierigkeiten habe, die Rechnungen zu bezahlen. "Wir versuchen Lösungen zu finden", sagt swa-Sprecher Jürgen Fergg. Die Stadtwerke arbeiteten hier eng mit Sozialbehörden und -verbänden zusammen. Die steil ansteigenden Energiepreise treffen die Kunden nach und nach. Zuletzt haben die Stadtwerke ihre Preise zum 1. Juni erhöht, der Schritt betraf einen Teil der Verträge. Gas in der Grundversorgung wurde rund 40 Prozent teurer, Strom um zehn Prozent.

    Gaspreiserhöhung in Augsburg von rund hundert Prozent

    Dass die Preise weiter steigen werden, gilt als sicher. Wann und in welchem Ausmaß, ist nach Auskunft der Stadtwerke aber noch offen. Je nach Vertragsmodell und -laufzeit wurden Kundinnen und Kunden jedoch bereits nahende Preiserhöhungen mitgeteilt. Ein Leser berichtet etwa, ihm sei in einem Schreiben erklärt worden, er müsse ab 1. August als Verbrauchspreis 14,18 Cent pro Kilowattstunde Gas zahlen, statt zuvor 7,22 Cent - fast eine Verdoppelung. Eine weitere Leserin berichtet, dass ihr für Oktober ebenfalls eine rund hundertprozentige Gaspreiserhöhung angekündigt wurde.

    Angesichts dieser Dimensionen versuchen immer mehr Augsburgerinnen und Augsburger, wo nur möglich Energie zu sparen. "Wir spüren das gewaltig", sagt Horst Söllner, Energieberater der Verbraucherzentrale Bayern im Raum Augsburg. Seine Klientel sind vorwiegend Mieter, Immobilienbesitzer und Hausverwalter. "Eine Situation wie die aktuelle habe ich noch nie erlebt, alle Termine sind für Wochen vollständig ausgebucht." Hauptthema seien derzeit gestiegene Heizkostenabrechnungen. Er stelle zwar keine Panik, aber doch Beunruhigung fest. Was er dann empfiehlt?

    Das rät der Energieberater der Verbraucherzentrale

    Erstens: wenn möglich, Rücklagen für Nachzahlungen bilden oder gleich Nebenkostenzahlungen erhöhen. Zweitens: an bestehenden Verträgen festhalten, da neue sehr wahrscheinlich deutlich teurer würden. Drittens: nicht automatisch von Gasheizungen umsteigen - "man weiß nicht, wie die Situation in zwei Monaten ist". Und viertens, als praktische Beispiele: einen hydraulischen Abgleich prüfen, um die Heizung effektiver zu machen, maximal zwei Minuten und mit wassersparendem Duschkopf duschen, Energieverbrauch für Kochen und Unterhaltungselektronik drosseln.

    Auch Sozialpatin Carola Pröls schaut mit Kunden wie Robert W., wo sich einsparen lässt. Einen Haushaltsplan mit Ein- und Ausgaben aufzustellen, sagt sie, helfe dabei, die Übersicht zu bewahren und Einsparpotenzial zu finden. Auch sei ein Energiesparcheck sinnvoll. Ein neuer Kühlschrank etwa könne auf Dauer weniger Kosten verursachen als ein bisheriger. Für so etwas könnten Sozialpaten auch Spenden beantragen. "Man muss jetzt einfach sparen, da werden wir nicht drum herumkommen."

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