Als Anwohner der Maximilianstraße 2011 die Faxen dicke hatten, zogen sie vor Gericht. „Nachtruhe in der Maximilianstraße“ nannte sich die Initiative aus Haus-Eigentümern und Bewohnern, die gegen die Stadt klagte. Im Jahr darauf entschied das Verwaltungsgericht: Die Stadt müsse sich tatsächlich mehr darum bemühen, dass in der Straße mit ihrem vielfältigen Nachtleben mehr Ruhe herrscht. Ergebnis: Tempo 20 wurde eingeführt, der Taxistand verlegt, die Gastronomen wurden gebeten, um 4 Uhr statt um 5 Uhr Schluss zu machen, der Ordnungsdienst sollte verstärkt werden.
Schon zuvor hatte es Debatten um Lärmbelästigungen im öffentlichen Raum gegeben, immer wieder gibt es sie auch seither. Im vergangenen Jahr etwa beschwerten sich Anwohner am Wertachufer in Oberhausen über Gruppen von Menschen, die sich quasi vor ihrer Haustür trafen, stundenlang Musik hörten, laut und aggressiv auftraten. Zudem rückte die Stadt den Rathausplatz in den Blickpunkt, der demnach wieder die „gute Stube“ werden sollte, und startete unter anderem eine Marketingkampagne im Internet. Auch in diesem Fall ging es um laute Musikbeschallung und den Alkoholkonsum einiger Besucher, die Stadt reagierte auch hier mit mehr Einsätzen des Ordnungsdiensts.
Das Döner-Verbot brachte Augsburg bundesweit in die Schlagzeilen
Größere Aufmerksamkeit bekam die Stadt 2009, als sie ein Maßnahmenpaket umsetzen wollte, um „Party-Auswüchse in der Innenstadt“ zu verhindern. Aufmerksamkeit deshalb, weil dieses Maßnahmenpaket das Verbot des Straßenverkaufs von Speisen und Getränken nach 1 Uhr nachts vorsah, was unter dem prägnanten Namen „Döner-Verbot“ bundesweit Schlagzeilen machte. Der Verwaltungsgerichtshof in München kippte dieses Verbot später, nachdem der Betreiber eines Döner-Imbisses geklagt hatte. Das Verbot sei untauglich, um Lärm und Schmutz in den Griff zu bekommen, so das Gericht. Ins Bild passe etwa nicht, dass Discos in der Nachbarschaft bis 5 Uhr morgens aufhaben, so die Begründung.
Seit Kurzem nun ist der Elias-Holl-Platz im Fokus des öffentlichen Interesses. Wie berichtet, fühlen sich einige Anwohner von Jugendlichen drangsaliert, die dort in den vergangenen Monaten vor allem in den Abendstunden laut waren und sich aggressiv verhielten. Die Stadt richtete ein Bürgergespräch aus, in dem betroffene Anwohner ihr Anliegen mit dem Oberbürgermeister, den zuständigen Referenten und Vertretern von Polizei und Stadtjugendring besprachen. Im Januar will die Stadt nun Arbeitstreffen organisieren, um Ergebnisse des Abends in ein Konzept umzusetzen. Bereits jetzt allerdings gibt es Debatten um mögliche Maßnahmen.
So hat die SPD um Ordnungsreferent Dirk Wurm die Idee eines „Nachtmanagers“ ins Spiel gebracht. Es gehe um eine Position, die zwischen Anwohnern, Nutzern des öffentlichen Raumes, Sicherheitsorganen und Gastronomen in dem Zeitraum ab 22 Uhr vermittele, sagt Wurm. Konkret könnte dies etwa bedeuten, dass die Stadt im kommenden Jahr zwei Teilzeitkräfte einstellt, die sich diesen Job teilen – und zwar, bevor es wieder wärmer wird, was die Thematik wieder aktuell werden lassen könnte.
Bürger fühlen sich auch anderswo in Augsburg belästigt
Wenn Mitarbeiter des Ordnungsdienstes vor Ort seien, sagt Wurm, herrsche dort oft schon wieder Ruhe. Man könne „schwerpunktmäßige Präsenz“ herstellen, aber damit sei es nicht getan, zumal man nicht immer und überall gleichzeitig sein könne. Andreas Bleymaier, Leiter des Ordnungsdienstes, berichtete zuletzt im Allgemeinen Ausschuss der Stadt, die 21 Mitarbeiter würden zu vielen Orten gerufen, weil Bürger sich beschwerten, und kämen oft zu spät, weil Lärmbelästigungen dann schon wieder vorbei seien. Ordnungsreferent Wurm sagt nun, ausschließlich repressiv vorzugehen, sei seiner Meinung nach auch nicht der richtige Ansatz. Man brauche zusätzlich Mittel, um Vertrauen aufzubauen; am Rathausplatz habe dies mit Streetworkern etwa gut geklappt.
Die CSU-Fraktion machte zuletzt deutlich, dass sie von dem Gedanken, „Nachtmanager“ einzustellen, relativ wenig hält. Man müsse stattdessen „ein großes Rad“ drehen, sagte etwa Stadtrat Peter Schwab, ein „höherer Nachtwächter“ bringe da aus seiner Sicht „gar nichts“. Die CSU-Fraktion forderte ein „schlagkräftiges Sicherheits- und Ordnungskonzept“. Ob die Position eines Nachtmanagers im kommenden Jahr überhaupt geschaffen wird, scheint derzeit ziemlich unklar.
Was man sich genau darunter vorstellen könnte, ist hingegen klarer. In anderen Städten, etwa Mannheim, gibt es eine solche Stelle. Hendrik Meier, der seit 2017 in dieser Position arbeitet, sagt, er sehe seine Rolle als Schnittstelle zwischen verschiedenen Gruppen. Regelmäßig trifft er sich mit Bar- und Clubbetreibern, mit Anwohnern und der Verwaltung. Mannheim ist mit knapp 300.000 Einwohnern zumindest von der Größe her mit Augsburg vergleichbar. Auch dort gibt es ähnliche Konflikte um den öffentlichen Raum: Anwohner, die Nachtruhe wünschen und brauchen, Feiernde, die auch nach 22 Uhr noch laut sein können.
Was also passiert am Elias-Holl-Platz? Das wird sich wohl erst ab Ende Januar entscheiden. Ein Ende der Debatte um die Nutzung des öffentlichen Raumes in der Stadt und die Nachtruhe ist damit wohl nicht in Sicht.
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