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Augsburg: Der Verein Tür an Tür feiert Jubiläum: Das sind seine Ziele

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Der Verein Tür an Tür feiert Jubiläum: Das sind seine Ziele

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    Thomas Körner-Wilsdorf (v.l.), Matthias Schopf-Emrich, Helmut Schwering und Christine von Gropper sind im Vorstand von Tür an Tür (nicht auf dem Bild ist Stefan Wagner).
    Thomas Körner-Wilsdorf (v.l.), Matthias Schopf-Emrich, Helmut Schwering und Christine von Gropper sind im Vorstand von Tür an Tür (nicht auf dem Bild ist Stefan Wagner). Foto: Annette Zoepf

    Die Vorstandsmitglieder von Tür an Tür legen seit vielen Jahren den Finger in die Wunde, wenn es gilt, den Umgang mit Flüchtlingen zu kritisieren, bürokratische Hürden anzumahnen und Verbesserungsvorschläge vorzubringen. Der Augsburger Verein feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen - im Zusammenleben der multikulturellen Stadtgesellschaft ist er heute nicht mehr wegzudenken. Initiativen und Projekte haben ein Ziel: Sie sollen die Integration von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund sowie von Angehörigen einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen verbessern.

    Ein zentrales Thema, das Tür an Tür beschäftigt, ist das Wohnen. Das war 2015 und bei früheren Flüchtlingswellen so - das ist in Zeiten des Ukrainekriegs nicht anders. Es gibt dennoch viele Unterschiede, haben die Vorstandsmitglieder festgestellt. So wurden etwa 2015 alle geflüchteten Menschen zunächst in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die sie selbst dann oft nicht hinter sich lassen konnten, als sie den rechtmäßigen Aufenthaltsstatus dafür hatten. "Es gibt geflüchtete Menschen, die vier, fünf Jahre nach einer Wohnung gesucht haben", weiß Matthias Schopf-Emrich. Die Frauen, Männer und Kinder, die aus der Ukraine nach Augsburg gekommen sind, wären zumeist in Gastfamilien untergekommen. "Dort stoßen dann aber viele hilfsbereite Bürger auch nach sechs bis acht Wochen an ihre Grenzen", sagt Christine von Gropper.

    Geflüchtete aus der Ukraine erhielten viel mehr Unterstützung als andere

    Natürlich stelle die Stadt für alle Fälle dezentrale Unterkünfte zur Verfügung - doch einfach sei dieser Schritt für niemanden, der zuvor privat untergekommen ist. Gleichbehandlung ist ein Stichwort, das den Vertretern des Augsburger Vereins sehr wichtig ist. Doch auch die afghanischen Ortskräfte, die in den vergangenen Monaten nach Deutschland gekommen waren, hätten nur zusehen können, wie viel Unterstützung Geflüchtete aus der Ukraine erhielten. Schopf-Emrich: "Da gab es dann kostenlose Nahverkehrstickets, kostenloses Telefonieren und in Augsburg auch Begrüßungsgeld." Und auch die unmittelbare Arbeitserlaubnis mache den geflüchteten Menschen aus der Ukraine den Start und den Aufenthalt hier leichter. "Flüchtlinge aus anderen Ländern müssen darauf teilweise jahrelang warten", betont auch Helmut Schwering. Wer aufgrund von Krieg Zuflucht in einem anderen Land suche, für den solle kein zweierlei Maß gelten.

    Kirchenasyl, Betreuung der Asylsuchenden im ehemaligen Fabrikschloss, die Herausgabe der Straßenzeitung Riss, die Übernahme und Erweiterung des Europadorfs in Hochzoll sind nur einige Projekte und Initiativen aus ihrer Vereinsgeschichte, die die Vorstandsmitglieder im Café Tür an Tür nennen. Das Café selber ist Dreh- und Angelpunkt für viele Hilfsstellungen des Vereins, wie dem Deutsch-Café, wo Freiwillige und Lernende gemeinsam Deutsch üben. Dort trifft sich aber auch eine internationale Handarbeitsgruppe, oder in regelmäßigen Abständen ein asylpolitischer Stammtisch. 2012 wurden alle Projekte und Büros im ehemaligen Straßenbahndepot in der Wertachstraße zusammengeführt. Im Café, das vorwiegend von Ehrenamtlichen betrieben wird, wird mittags frisch und international gekocht.

    Die Ehrenamtlichen sind ein wichtiger Bestandteil des Vereins. Aktuell engagieren sich etwa 100 Menschen hauptamtlich und 150 ehrenamtlich bei Tür an Tür. Die Freiwilligen würden oft in die Bresche springen - etwa momentan im Infopoint für Geflüchtete und Helfende, den die Stadt eingerichtet hat. Thomas Körner-Wilsdorf, der ebenfalls Mitglied im Vorstand ist, findet, dass das System viel zu kompliziert sei. "Alles, was jetzt bei den Ukrainern richtig gemacht wurde, sollte auch für die anderen gelten. Aus der Krise sollte man lernen." Denn die weltweiten Migrationsbewegungen nähmen eher zu als ab. "Es gibt neue Konflikte und die Klimakrise. 100 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Und das ist sicherlich noch nicht das Ende der Fahnenstange", sagt Körner-Wilsdorf. Niemand schaffe die Feuerwehr ab, wenn es einmal vier Wochen nicht gebrannt hat. Deshalb sollte der Staat kontinuierlich an der Praktikabilität im Umgang mit Geflüchteten arbeiten. "Und nicht erst versuchen, im

    Wie der Augsburger Verein Tür an Tür mit der Zeit geht

    Der Vorstand des Vereins habe stets darauf geachtet, das Angebot weiterzuentwickeln. In der Digitalfabrik wird an Konzepten und Lösungen gearbeitet, die die Digitalisierung im Umfeld von Integration, Bildung, bürgerschaftlichem Engagement oder Entwicklungshilfe greifbar machen. Die App "Integreat" informiert beispielsweise Menschen aus dem Ausland in verschiedenen Sprachen über Beratungsangebote, Anlaufstellen und Kontaktmöglichkeiten. In Kooperation mit der Siedlungsgenossenschaft Firnhaberau und dem Westhouse hat Tür an Tür ein Grundstück von der Stadt Augsburg über Erbpacht erworben. Dort sollen 17 Wohneinheiten entstehen - für Menschen, die sich auf dem Wohnungsmarkt schwertun.

    Der Verein stehe gut da. Er zähle 243 Mitglieder. "Im vergangenen Jahr waren es noch 191. Es kommen viele junge Leute nach, die bereit sind mit anzupacken", sagt Schwering. Matthias Schopf-Emrich, Christine von Gropper und Helmut Schwering werden bei der anstehenden Wahl nicht mehr für den Vorstand kandidieren - Thomas Körner-Wilsdorf und Stefan Wagner werden sich erneut zur Wahl stellen. Von Generationenwechsel will Schopf-Emrich, der Gründungsmitglied des Vereins ist, nicht sprechen. Es sei eher Zeit für neue Ideen und neue Impulse. Für ihn bedeutet es auch nicht das Ende seiner Mitarbeit. "Ich überlege mir, wie ich mich weiter engagieren werde."

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