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Edeka im Schwabencenter schließt: Bewohner verzweifelt

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Bewohner des Schwabencenters sind verzweifelt: Edeka hat gekündigt

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    Diese Bewohnerinnen und Bewohner des Schwabencenters wollen, dass Edeka bleibt oder ein anderer Supermarkt einzieht. Unten rechts: Lisa Schuster vom Projekt "Wohnzimmer", die sich für die Senioren einsetzt.
    Diese Bewohnerinnen und Bewohner des Schwabencenters wollen, dass Edeka bleibt oder ein anderer Supermarkt einzieht. Unten rechts: Lisa Schuster vom Projekt "Wohnzimmer", die sich für die Senioren einsetzt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Menschen im Augsburger Schwabencenter stehen vor einem nächsten Rückschlag. Nachdem in den letzten Jahren etliche Geschäfte die Ladenpassage nach und nach verlassen haben - zuletzt schloss die Filiale der Stadtsparkasse Augsburg - macht eine neue Hiobsbotschaft die Runde: Der wichtigste Mieter, Supermarkt Edeka, hat gekündigt. Gerüchte darüber kursierten schon länger. Jetzt bewahrheiten sie sich, wie die Supermarkt-Kette selbst und Eigentümer Solidas bestätigen. Dabei hatten Bewohner und Anwohner vor vier Jahren noch erfolgreich gegen die drohende Schließung mit einer Demonstration gekämpft. Nun ist in wenigen Wochen Schluss. Ältere Menschen sind verzweifelt.

    "Für mich ist das ein Schlag. Aber ich gebe die Hoffnung bis zuletzt nicht auf", sagt Christa Nebelung. Die 79-Jährige, die seit elf Jahren in einem der Türme wohnt, scheint noch nicht an das Edeka-Aus zu glauben. Nicht nur für die gehbehinderte Dame ist die Einkaufsmöglichkeit vor ihrer Wohnungstür enorm wichtig. In den drei Wohntürmen mit 540 Wohnungen leben über 1000 Menschen - darunter etliche Seniorinnen und Senioren mit teils eingeschränkter Mobilität. "Für dieses Klientel ist die Schließung eine Katastrophe", weiß Lisa Schuster. Sie leitet im Schwabencenter das sogenannte Wohnzimmer, ein Quartiersentwicklungsprojekt der Arbeiterwohlfahrt und Treffpunkt für Bewohner. Schuster hat Einblick in viele Lebenssituationen vor Ort. Sie und ihre Kolleginnen sind alarmiert und haben einen Brandbrief an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und an die Fraktionen verfasst.

    Schwabencenter verliert Edeka: Appell an die Augsburger Politik

    In dem Schreiben wird die "sehr große Verzweiflung" einer Anzahl betagter und behinderter Personen geschildert. Die Betroffenen hätten keine Möglichkeit, sich in die nächste Straßenbahn zu setzen und zu diversen Einkaufsmöglichkeiten im Umkreis zu fahren. Edeka sei nicht nur wichtig für die Nahversorgung, sondern oft auch die einzige Tagesbeschäftigung für die alten Menschen und Möglichkeit, zur Außenwelt Kontakt aufzunehmen. In dem Brief werden Lösungen vorgeschlagen, etwa eine Reduzierung des Sortiments, eine Verkleinerung der Ladenfläche oder eine Veränderung der Öffnungszeiten. Mit dem Brief wolle man an die Politik appellieren, sagt Schuster, sich für die Betroffenen einzusetzen, wie bereits in der Vergangenheit geschehen. Seitdem ist allerdings im Schwabencenter viel passiert.

    Bereits im Jahr 2019 wurde mit einem Protestzug gegen die Schließung des Supermarktes im Augsburger Schwabencenter demonstriert - mit Erfolg. Jetzt, rund vier Jahre später, zieht Edeka nun die Reißleine.
    Bereits im Jahr 2019 wurde mit einem Protestzug gegen die Schließung des Supermarktes im Augsburger Schwabencenter demonstriert - mit Erfolg. Jetzt, rund vier Jahre später, zieht Edeka nun die Reißleine. Foto: Annette Zoepf (Archivbild)

    Seit mittlerweile einem Jahr ist ein Teil der Ladenpassage inklusive der dortigen Zugänge komplett gesperrt, doch die Bauarbeiten ruhen. Wie berichtet, will der Projektentwickler und Eigentümer der Gewerbeflächen, das Augsburger Unternehmen Solidas die Ladenflächen in der Passage verkleinern und darin neben Einzelhandel künftig ein Gesundheitszentrum errichten. Zum Projekt gehören der Abriss des Parkhauses und eine neue Wohnanlage. Laut Solidas sind die baurechtlichen Genehmigungen noch nicht abgeschlossen. Projektentwicklerin Svenja Thor sagt, man hoffe, dass die Schwabencenter-Pläne in absehbarer Zeit in den städtischen Bauausschuss kommen, damit das Planungsverfahren starten könne.

    Solidas bedauert den Weggang des Supermarktes im Herrenbach

    Seit der Prämierung eines Siegers des Architektenwettbewerbs im Mai 2022 habe man nach Vorgaben der Stadt den Entwurf in manchen Punkten überarbeiten müssen. Ein Aspekt war laut Svenja Thor der erforderliche Nachweis von öffentlichen Grünflächen. Allein deshalb habe man viel mit dem Amt für Grünordnung kommunizieren müssen, nennt sie ein Beispiel, warum so viel Zeit verstreicht. Generell hätte man sich manche Vorgänge in den Behörden schneller gewünscht. Solidas bedauert den Weggang des Supermarktes. Man habe viel investiert, um den Ankermieter zu halten, weil er eben für die Bewohner der Türme und Umgebung so wichtig sei.

    Allein in den drei Türmen des Schwabencenters leben über 1000 Menschen. Viele von ihnen sind betagter.
    Allein in den drei Türmen des Schwabencenters leben über 1000 Menschen. Viele von ihnen sind betagter. Foto: Ulrich Wagner

    So hatte Solidas nach eigenen Angaben seit einigen Jahren auf eine Mietzahlung für die Handelsflächen verzichtet. Dennoch zieht Edeka die Reißleine. Die Kundenfrequenz im Schwabencenter habe die letzten Jahre sehr stark abgenommen, teilt ein Edeka-Sprecher mit. Er spricht von einem Abwärtstrend in der Ladenpassage. Eine wirtschaftlich sinnvolle Betreibung sei seit geraumer Zeit nicht mehr gegeben. "Wir bedauern die Entwicklung des Schwabencenters sehr." Edeka sehe sich gezwungen, den Mietvertrag zu beenden. "Den letzten Verkaufstag planen wir zum 8. April." Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden in umliegenden Edeka-Märkten weiterbeschäftigt. Der nächste Edeka-Markt befindet sich in der Hofrat-Röhrer-Straße, etwa vierzehn Gehminuten entfernt. Die Firma Solidas will nun eine Interimslösung mit einem Supermarkt im Schwabencenter finden.

    Die 92-jährige Bewohnerin Doris Duwe, die im Rollstuhl sitzt, hofft, dass es weiterhin einen Nahversorger vor Ort geben wird. Notfalls müsse man eben wieder demonstrieren. "Für uns Senioren gibt es immer weniger Menschlichkeit", stellt sie fest.

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