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Augsburg: Durchsuchung nach Spray-Aktion: Klima-Aktivisten erheben Vorwürfe

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Durchsuchung nach Spray-Aktion: Klima-Aktivisten erheben Vorwürfe

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    Janika Pondorf  und Ingo Blechschmidt, hier auf der Pressekonferenz am Freitag, sind bekannte Gesichter der Augsburger Klimaschutz-Bewegung.
    Janika Pondorf und Ingo Blechschmidt, hier auf der Pressekonferenz am Freitag, sind bekannte Gesichter der Augsburger Klimaschutz-Bewegung. Foto: Silvio Wyszengrad

    Janika Pondorf hat im Moritzsaal Platz genommen und spricht mit klarer Stimme in ein Mikrofon. Das ist, sagt sie, keine Selbstverständlichkeit. Sie habe zwei schwere Jahre hinter sich, mit stationären Klinik-Aufenthalten, Trauma-Therapien, einer posttraumatischen Belastungsstörung. Auch ihr Abitur habe sie um ein Jahr nach hinten verschieben müssen. Und all das wegen der Ereignisse am Morgen des 20. Mai 2020 – dem Tag, an dem die Polizei plötzlich im Kinderzimmer der damals 15-Jährigen stand und mit einer Durchsuchung begann. Die Vorwürfe, die Pondorf heute erhebt, wiegen schwer.

    Alles begann in der Nacht auf den 29. November 2019, den damaligen "Black Friday" – einem Tag, an dem viele Geschäfte mit deutlichen Rabatten werben. In den Morgenstunden jenes Freitags wurden etliche Läden in der Innenstadt mit Parolen und Stichworten besprüht, darunter etwa "Buy nothing", "Konsumabhängig?" oder "#Erde retten". Schnell gab Greenpeace Augsburg eine Pressemitteilung heraus, in der erklärt wurde, Aktivistinnen und Aktivisten der Organisation hätten Einkaufspassagen in der Nacht "mit Botschaften gegen den Konsumwahn" bemalt, mit abwaschbarer Kreide. Die Aktion erregte Aufsehen, geriet bald nach dem "Black Friday" aber in Vergessenheit. Bis es fünf Monate später an der Tür von Janika Pondorf und Ingo Blechschmidt klingelte.

    Staatsschutz durchsucht Wohnungen von Klimaschutz-Aktivisten

    Die beiden waren zu diesem Zeitpunkt bekannte Gesichter der Augsburger Klimaschutz-Bewegung – sie als zwischenzeitliche Fridays-for-Future-Pressesprecherin, er als Initiator und Anmelder diverser Klimaschutz-Demos. Beide betonen heute, nicht bei Greenpeace aktiv und auch nicht an der Sprüh-Aktion im November 2019 beteiligt gewesen zu sein. Umso mehr habe es sie überrascht, dass der Staatsschutz fünf Monate danach ihre privaten Räumlichkeiten durchforstet habe – mit einem Durchsuchungsbeschluss, der sich explizit auf die Sprüh-Aktion im November 2019 bezogen habe. Blechschmidt betont: "Unter dem Vorwand von 'Gefahr im Verzug' ging es darum, Fridays for Future massiv einzuschüchtern und einzuschränken. Nur deshalb wurden bei denjenigen, die man als Hauptverantwortliche ausgemacht hatte, Hausdurchsuchungen durchgeführt." Ergeben habe die Durchsuchung nichts, das Verfahren sei inzwischen eingestellt.

    Auch das Ermittlungsverfahren gegen Pondorf wegen Sachbeschädigung wurde eingestellt. Grund für die Anschuldigungen, so erzählt die heute 17-Jährige, seien Aufnahmen von Überwachungskameras gewesen. Sie selbst habe sie nie einsehen dürfen. Ihr sei gesagt worden, die Aufnahmen hätten eine weibliche Person gezeigt, die eine ähnliche Statur habe und zudem eine khakifarbene Jacke getragen habe – so ähnlich wie Pondorf eine besaß und auf öffentlichen Veranstaltungen trug. Doch nicht nur der aus ihrer Sicht "vorgeschobene" Anlass der Durchsuchung empört die Klima-Aktivistin. So habe sie während der Aktion kaum Gelegenheit gehabt, sich ganz anzuziehen. Sie habe den sieben Beamtinnen und Beamten "halbnackt" gegenübergestanden. Auch sei scheinbar wahllos in ihrem Tagebuch gelesen worden. Dieser weitreichende Eingriff in ihre Privatsphäre habe fortwährende gesundheitliche Probleme ausgelöst.

    Janika Pondorf und Ingo Blechschmidt sehen gezielte Schikane

    Mit rechtlichem Beistand von Greenpeace legte Pondorf Beschwerde gegen den Beschluss des Augsburger Amtsgerichts ein, der der Durchsuchung vorangegangen war. Diese Beschwerde verwarf die Jugendkammer des Landgerichts Augsburg im Juli 2020 als unbegründet, wie es von dort auf Anfrage heißt. Schon der Anfangsverdacht einer Straftat reiche aus, um eine Durchsuchung anzuordnen. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben-Nord erklärt auf Anfrage, die Polizeiinspektion Augsburg Mitte habe im November 2019 Ermittlungen wegen "Sachbeschädigungen in Form von Graffiti" aufgenommen. Dabei seien drei Tatverdächtige ermittelt worden, darunter eine damals 15-Jährige. "Da die Tat eine politische Motivation erkennen ließ, wurde die weitere Sachbearbeitung zuständigkeitshalber vom kriminalpolizeilichen Staatsschutz übernommen."

    Nach Angaben des Sprechers wurde die damals 15-Jährige "auf Grundlage bestehender Standards" erkennungsdienstlich behandelt. Ziel sei gewesen, "insbesondere gesichertes Bildmaterial der mutmaßlichen Tätergruppe sowie am Tatort gesicherte Fingerspuren mit den Merkmalen der Beschuldigten abgleichen zu können." Bereits im Frühjahr 2021 seien Vorwürfe bekannt geworden, nach denen sich die damals 15-Jährige vor männlichen Beamten habe entkleiden müssen. Ermittlungen des für Beamtendelikte zuständigen Landeskriminalamts hätten ergeben, "dass die erkennungsdienstliche Behandlung vorschriftsmäßig durch eine Frau durchgeführt wurde."

    Klimaaktivistin Janika Pondorf, als sie noch 14 Jahre alt war.
    Klimaaktivistin Janika Pondorf, als sie noch 14 Jahre alt war. Foto: Elena Winterhalter (Archivbild)

    Aktivisten: Polizei-Razzien waren Anstoß für Augsburger Klimacamp

    Die Augsburger Klimaschutz-Aktivistinnen und -Aktivisten wollen im Vorgehen der Polizei ein Muster ausgemacht haben. Blechschmidt sagt, inzwischen habe es rund ein halbes Dutzend Hausdurchsuchungen im Umfeld des Klimacamps gegeben – zuletzt Anfang April, als Staatsschutz-Beamte die Wohnung des früheren Bundestagskandidaten der ÖDP, Alexander Mai, durchsuchten. Der Aktion vorausgegangen war ein Strafantrag des Augsburger AfD-Stadtrats Andreas Jurca, der sich durch einen Beitrag Mais in sozialen Medien verunglimpft sah.

    Die Durchsuchung von Blechschmidts und Pondorfs Räumlichkeiten ist zwei Jahre her. Warum gehen die beiden jetzt an die Öffentlichkeit? Einerseits, sagt Pondorf, habe man nicht von den politischen Zielen der Klimaschutz-Bewegung ablenken wollen. Andererseits sei es ihr zuvor wegen der gesundheitlichen Probleme infolge der Durchsuchung emotional nicht möglich gewesen, sich öffentlich dazu zu äußern. Die Durchsuchungsaktionen hätten ihr Gutes gehabt, fügt Blechschmidt an. "Ohne diesen Schock und die nachfolgenden Reflektionsprozesse wäre das Klimacamp wohl nie gegründet worden."

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