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Augsburg: Die wahrscheinlich glücklichsten Kühe der Stadt

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Die wahrscheinlich glücklichsten Kühe der Stadt

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    Landwirtin Theresa Höfle will, dass es ihren „Pinzgauern“ richtig gut geht. Die Mutterkuh-Herde sorgt aber auch für mehr Artenvielfalt im Stadtgebiet Augsburg.
    Landwirtin Theresa Höfle will, dass es ihren „Pinzgauern“ richtig gut geht. Die Mutterkuh-Herde sorgt aber auch für mehr Artenvielfalt im Stadtgebiet Augsburg. Foto: Bernd Hohlen

    Heidi ist das, was man eine glückliche Kuh nennen könnte. Sie darf das ganze Jahr über auf einer großen grünen Weide in Bergheim grasen. Dort hat sie Gesellschaft von anderen Kühen, Kälbern und einem Stier. Heidi hat es besser als ihre Artgenossen in der intensiven Rindermast. Die stehen im Stall, werden mit Kraftfutter vollgepumpt, um dann möglichst schnell im Schlachthof zu enden. Heidi und ihre kleine Herde haben aber eine besondere Aufgabe: Sie pflegen als Weidetiere das weitaus größte neue Biotop der Stadt Augsburg.

    Die zehn Rinder grasen seit einem halben Jahr auf einer eingezäunten Wiese südlich des Augsburger Stadtteils Bergheim. Es sind "Pinzgauer". "Das ist eine alte, vom Aussterben bedrohte Nutztierrasse", sagt Norbert Pantel vom städtischen Landschaftspflegeverband. Früher seien die Pinzgauer in Österreich, Ungarn und Bayern sehr verbreitet gewesen. "Heute gibt es in Deutschland nur noch 750 Tiere", sagt Pantel. Bauern nutzten diese Kühe früher für die Milch- und Fleischproduktion, aber auch als Zugtiere. Die sogenannten "Drei-Nutzungs-Rinder" sind in der heutigen Landwirtschaft nicht mehr rentabel. Mit modernen und spezialisierten Hochleistungskühen kann diese Rasse nicht mithalten. Weil die Pinzgauer aber sehr robust sind, werden sie nun für die Landschaftspflege eingesetzt. Und diesen Job sollen die Rinder auch in Augsburg erfüllen. Das hat mehrere Gründe.

    Mit großem Aufwand entstand ein Biotop

    Umweltreferent Reiner Erben sagt, wenn die Stadt baut, muss sie für Eingriffe ins Grün Ausgleichsflächen schaffen. In den vergangenen Jahren seien einige Vorhaben zusammengekommen. Deshalb hat die Stadt südlich von Bergheim bei Gut Bannacker eine landwirtschaftliche Brachfläche von 20 Hektar angekauft. Mit großem Aufwand wurde sie zum geschützten Biotop entwickelt. Auf dem Gelände gibt es jetzt einen Tümpel, Wiesen, Weiden, Magerrasen und offene Kiesflächen. "Solche Flächen sind ein Magnet für viele Vogelarten", sagt der Geschäftsführer des städtischen Landschaftspflegeverbandes, Nicolas Liebig.

    Er rechnet fest damit, dass sich dort schon recht bald selten gewordene heimische Arten wie Kiebitz, Braunkelchen oder Rebhuhn ansiedeln. Liebig hat beobachtet, dass Zugvögel das neue Biotop schon gezielt anfliegen. Damit sich die Natur dort aber gut weiterentwickeln kann, muss sie verträglich gepflegt werden. Und hier kommen die Pinzgauer ins Spiel. Rinderherden mit Mutterkühen fördern als Weidetiere die Artenvielfalt, sagen die städtischen Landschaftspfleger. Und das nicht nur bei Pflanzen, sondern – durch den Kuhdung auf der Wiese – auch bei Insekten. Sie sind wiederum Nahrung für viele Vogelarten.

    Die hübschen braun-weißen Kühe gehören Bäuerin Theresa Höfle aus Bergheim. Die 22-jährige Landwirtin lässt ihre Herde im Auftrag des Landschaftspflegeverbandes weiden. Damit will sie sich ein weiteres wirtschaftliches Standbein aufbauen. Die Weiderinder sollen auch in Ruhe heranwachsen können, bis ihr Fleisch nach einer schonenden Tötung am Ende über den Hofladen der Höfles vermarktet wird.

    Damit wird aus Sicht von Umweltreferent Erben ein weiteres wichtiges Ziel erreicht. "Wir wollen mit Landschaftspflege die Existenzgrundlage für heimische Landwirte verbessern", sagt er. Denn die Dienstleistung für die Umwelt wird bezahlt. Eine weitere Botschaft bei diesem Projekt sei, dass die Stadt der Landwirtschaft keine Flächen für den Naturschutz wegnimmt. Hintergrund ist, dass Äcker und Wiesen für die agrarische Nutzung rund um Augsburg immer weniger werden. Die Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit der Landschaftspflege sei aber auch, dass die beteiligten Landwirte die Biotope naturschutzverträglich bewirtschaften, sagt Erben. Beweidungsmanager Norbert Pantel formuliert es so: "Wir zeigen, dass man mit Landwirtschaft Artenvielfalt erhalten kann."

    Bei einer Fläche bleibt es nicht

    Beim Bergheimer Biotop setzt der Landschaftspflegeverband zum ersten Mal Weiderinder ein. Doch dabei soll es nicht bleiben. Ein weiteres Projekt ist am Klinikum Augsburg geplant. Auch dort muss für die vielen Neubauten der angehenden Uniklinik ein Ausgleich in der Natur geschaffen werden. Voraussichtlich 2019/20 sollen dort ebenfalls Rinder auf neuen Biotopen weiden, kündigt Liebig an.

    Richtig groß will die Stadt auch beim europaweit wertvollen Schutzgebiet am Höhgraben einsteigen. dieser klare Quellbach leidet derzeit noch unter dem Eintrag von Nährstoffen, die aus der konventionellen Landwirtschaft kommen. Die Stadt plant nun große Pufferflächen an den Rändern des Baches. Die dafür nötigen Grundstücke sollen über ein ökologisches Flurbereinigungsverfahren zusammengelegt werden. Insgesamt geht es um 35 Hektar. Und auch dort plant die Landschaftspflege eine Beweidung in Zusammenarbeit mit Landwirten. "Unser Projekt Weidestadt wächst", sagt Pantel.

    Recht ungewöhnlich ist eine weitere Idee: Die städtische Landschaftspflege will Weiderinder für die Umweltbildung einsetzen, die als Reittiere ausgebildet werden. Es sind schottische Hochlandrinder mit langem zotteligen Fell. Sie gehören Bio-Bauer Maximilian Vogt in Bergheim. Der 41-jährige Landwirt zieht derzeit vier Jungtiere heran, die er für pädagogische Zwecke einsetzen will. Kinder sollen auf ihnen unter Aufsicht reiten dürfen, in einer Kuh-Kutsche mitfahren oder mit den Tieren geführte Ausflüge in die heimische Kulturlandschaft machen. "Das war ein Puzzle-Teil, das uns bislang noch gefehlt hat", sagt Liebig. Gerade Stadtkinder sollen so Nutztiere in der Natur hautnah erleben können.

    Mit den Rindern in die Schule

    Maximilian Vogt trainiert Purzel, Kaspar, Korbinian und Mike seit ihrer Geburt. "Mike ist der Schlaueste, Kaspar der Gemütlichste, da können Sie ein Kind drauf setzen und er bewegt sich nicht ohne Kommando", sagt er. Aktuell besucht Vogt mit seinen Hochlandrindern schon einige Schulen.

    Der Bio-Bauer ohne eigenen Hof betont aber auch, seine Schützlinge würden keinesfalls wie im Zirkus dressiert. Vielmehr gewöhnt er sie behutsam an den Umgang mit Menschen. Die vier sind auch nicht ständig als "Umweltbildungs-Rinder" im Einsatz. Kaspar und Co. dürfen künftig die meiste Zeit als Weiderinder im Bergheimer Laubfroschbiotop grasen. Dort stehen sie oft mitten im Wasser und fressen unverdrossen hartes Schilf oder Kolben, damit die Tümpel frei bleiben. Vogt will nicht etwas nur für Kinder und Natur tun. Er möchte auch dazu beitragen, dass Menschen mehr über Tierhaltung nachdenken. Er sagt: "Haustiere werden verwöhnt, aber Nutztiere fallen hinten runter."

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