Die Stadt will jetzt parallel zur bis zum Jahr 2028 laufenden Sanierung des Staatstheaters den Startschuss für eine Entwicklung der umgebenden Straßenzüge zu einem "Theaterviertel" geben. Das Ziel sei die Entwicklung eines lebendigen Kulturareals, die langfristig auch eine bauliche Umgestaltung des Viertels beinhaltet. Geplant ist zunächst ein so genanntes Quartiersmanagement, das etwa zwischen Interessen von Anwohnern und einer kulturellen Nutzung vermitteln soll. Aktuell läuft zudem eine Planung der Plätze am Theater, die für eine Verzahnung mit der Umgebung sorgen sollen. Mittelfristig will die Stadt sich zudem Gedanken machen, wie Fugger- und Volkhartstraße umgestalten werden. Auch Ludwigstraße und Obstmarkt sollen attraktiver werden.
Das Schlagwort "Theaterviertel" begleitet die wegen ihrer Kosten umstrittene Theatersanierung seit Jahren. In der Bürgerbeteiligung zur Sanierung war eine Öffnung des Theaters in seine Umgebung gewünscht worden. Die Stadt stellte, weil sie mit der Sanierung als solcher genug zu tun hatte, das Thema zurück. Vor einem Jahr tauchte dann eine Initiative namens "Theaterviertel jetzt" - getrieben unter anderem von Gastronomen und dem Theater selbst - auf, die Druck machte und sich gleichzeitig hinter die Sanierung stellte. Der Stadt, die damals die nächste Kostensteigerung in Aussicht stellen musste, kam dies ganz recht. Jetzt kommt die damals geforderte Quartiersentwicklung in Gang, wobei es noch keine konkreten Zeitpläne gibt. Während die Freiflächengestaltung rund ums Theater über das Gesamtprojekt finanziert ist, ist noch unklar, wie ein Umbau von Fuggerstraße (die Umgestaltung zum Boulevard wird seit Jahren aus Kostengründen geschoben) oder der Volkhartstraße finanziert werden soll.
Theatersanierung soll "Initialzündung für die Stadtentwicklung" sein
Vor allem die Grünen und der bei der Fraktion angedockte Generation-Aux-Stadtrat Raphael Brandmiller sind treibende Kräfte hinter dem jetzigen Startschuss. "Wir gehen jetzt in die Fortführung des bisherigen Prozesses", so Grünen-Fraktionschefin Verena von Mutius-Bartholy im Bauausschuss des Stadtrats. Es gebe in dem Eck städtebauliche Defizite, vor allem die trennende Wirkung der Karlstraße. Was man nun schaffen könne, sei eine Verzahnung der Kultur- und Bildungseinrichtungen, etwa Theater mit Bücherei und Leopold-Mozart-Zentrum. Brandmiller erklärte, die Theatersanierung sei nur dann zu rechtfertigen, wenn sie auch als eine Initialzündung für die Stadtentwicklung verstanden werde und nicht nur als Projekt für eine kleine Zielgruppe.
In der CSU ist die Euphorie wohl nicht ganz so groß. Fraktionschef Leo Dietz erklärte hinterher via Pressemitteilung, dass "das Theaterviertel der Kristallisationspunkt für Kultur in der Stadt werden" solle. In der Sitzung selbst sagte Stadtrat Peter Uhl aber, dass "Theaterviertel" für ihn ein Kunstbegriff sei und es ein solches Viertel nicht gebe, man aber bei den Planungen mitgehen könne. Aus der Sozialfraktion wurde das spöttisch kommentiert. "Das mit dem Theaterviertel sollten Sie vielleicht auch Ihrer Oberbürgermeisterin sagen. Sie hat den Begriff in der Vergangenheit intensiv genutzt", so Fraktionschef Florian Freund zu Uhl mit Blick auf die Situation vor einem Jahr, als die Stadt die sich abzeichnende Kostensteigerung bekannt geben musste. Im Übrigen würde man sich wünschen, dass die Stadt in Stadtteilen ein ähnliches Engagement zeige wie jetzt bei der Quartiersentwicklung rund ums Theater, so Freund. Letztlich wurde die Quartiersentwicklung gegen die Stimme der AfD einstimmig beschlossen.
Unterschiedliche Ansichten über das geplante Theaterviertelfest
Ein weiterer Baustein der Quartiersentwicklung soll zudem ein "Theaterviertelfest" sein. Wie berichtet knallte es im Frühjahr zwischen den Koalitionspartnern CSU und Grünen, weil die Grünen die Sommernächte in die Straßen rund ums Theater erweitern wollten und dafür auch die Grottenau gesperrt haben wollten. Die CSU war - auch weil das sehr teuer und verkehrlich schwierig geworden wäre - skeptisch. Damals einigte man sich darauf, dass es im Herbst ein "Theaterviertelfest" geben solle und die Stadttochter "Augsburg Marketing" (sie ist vor allem für Innenstadtaktionen wie die Sommernächte verantwortlich) ein Konzept erstellen solle. Inzwischen ist klar: Das Fest wird auf Mai verschoben, weil es noch viele Unklarheiten gibt.
Unter anderem ist noch unklar, wer das Fest veranstaltet. "Augsburg Marketing" sieht sich wohl nicht in dieser Rolle, das Theater als inzwischen staatliche Einrichtung dürfte ausscheiden, im Viertel selbst hebt - die Gastronomie eingeschlossen - auch niemand den Finger. Brandmiller sieht die Stadt in der Pflicht. "Wir wollen das Theater als Stadtentwicklungsmotor nutzen. Das ist der Unterschied zu jedem anderen Stadtteil", so Brandmiller. Die CSU könne sich ja fragen, mit welchen Argumenten sie die nächste Kostensteigerung rechtfertigen werde, wenn sie nicht den Mehrwert des Theaters für die Stadtgesellschaft und die Innenstadt in den Vordergrund stelle. In der Debatte im Wirtschaftsausschuss ging daraufhin Peter Schwab (CSU) der Hut hoch: "Jemand will Schnitzel mit Pommes essen, aber er will es nicht kochen, nicht zahlen und nicht dafür einkaufen", so Schwab in Richtung der Gastronomen im Viertel. "Ein Stadtteilfest ist ein Stadtteilfest, wenn die Initiative dafür aus dem Viertel kommt", bekräftigte auch sein Fraktionskollege Matthias Fink. "Es kann nicht sein, dass man bei Augsburg Marketing ein Stadtteilfest bestellt."
Im nächsten Schritt soll es weitere Gespräche geben, was Inhalte, Festzone und Veranstalter betrifft, sodass bis Herbst mehr Klarheit herrscht. Laut Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle (CSU) soll auch geklärt werden, was das kostet. Eine Miteinbeziehung der Grottenau sei, anders als bei den Sommernächten, als die Innenstadt eine Festzone war und das Rote Tor wegen der Freilichtbühne abends gesperrt war, im Mai nicht per se unmöglich.