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Augsburg: Augsburger Labore sind Corona jeden Tag auf der Spur

Medizinische Labore spielen für die Test-Infrastruktur in Bayern eine zentrale Rolle. Täglich werden dort zehntausende PCR-Tests untersucht – wie hier im Augsburger Labor Synlab.
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Augsburger Labore sind Corona jeden Tag auf der Spur

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    Armin Schwarzbach hat die Treppe nach oben genommen. Der 58-Jährige, weißes Hemd, blaue Jeans, marschiert forsch den gefließt-kahlen Gang entlang, hin zum Herzen seines Unternehmens im Augsburger Norden. Nur einmal, kurz vor dem Ziel, macht

    "Wir brauchen jeden Quadratmeter, ganz einfach"

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    In den meisten deutschen Städten wäre "ArminLabs", 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ein durchschnittliches Labor. In Augsburg ist es eines der kleineren. Die Ballung dort ist außergewöhnlich, laut Schwarzbach gibt es in Europa "keinen vergleichbaren Einzel-Standort". Frei von Ironie bezeichnet er

    Was sie damals gründeten, ist nach mehreren Zusammenschlüssen in milliardenschweren Branchen-Riesen aufgegangen: Schottdorfs Unternehmen heißt heute Labor Augsburg MVZ und ist Tochtergesellschaft der Sonic-Laborgruppe, Dirrs einstiges Labor gehört zur Synlab-Gruppe. Die beiden Labore liegen in Augsburg nur wenige hundert Meter auseinander.

    "Die ersten Tests aus China waren schlicht Schrott"

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    Angefangen beim einfachen Blutbefund, gehen über zwei Drittel aller klinischen Diagnosen auf Labortests zurück. Diese Bandbreite erlaubt jedem Augsburger Labor, mindestens eine Nische zu besetzen. Vor rund zwei Jahren hatten viele von ihnen aber ein gemeinsames Thema vor der Brust: Corona. "Wir haben alles mitgemacht", sagt Schwarzbach, einst selbst bei Synlab und eigentlich auf zeckenübertragene Erkrankungen spezialisiert. Losgegangen sei es im März 2020 mit ersten Fingerblut-Schnelltestungen – und einigem Ärger, "die ersten Tests aus China waren schlicht Schrott." Es folgten, unter anderem: Corona-Tests mit venösem Blut, der bis heute gebräuchliche PCR-Test, zuletzt auch Spuck- und Pooltests. Seit Dezember wertet ArminLabs Lolli-Pool-Tests für städtische Kitas und Schulen in Augsburg aus, hinzu kommen Proben von Teststationen aus ganz Süddeutschland. Über 2000 PCR-Tests werden so täglich ausgewertet.

    Nach Auskunft des bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) kommen von bundesweit gut 200 Laboren, die Corona-Untersuchungszahlen melden, vier aus Augsburg: neben den privaten Dienstleistern Synlab, Sonic und ArminLabs auch das Uniklinikum. Rund 1000 untersuchte Proben pro Tag sind es dort, wie Reinhard Hoffmann, Direktor des Instituts für Labormedizin und Mikrobiologie an der Uniklinik erklärt. Sie stammen vorwiegend von Patientinnen und Patienten sowie vom Personal. "In Augsburg konnten zu Beginn der Pandemie sehr schnell sehr viele Corona-Tests gemacht werden, weil durch die verschiedenen Labore schon Kapazitäten da waren", sagt Hoffmann. Dies sei damals ein großer Vorteil gewesen, gerade für den Aufbau der gesamten Test-Infrastruktur in Bayern und Deutschland. "Durch diesen Status quo zeigen sich hier aber auch in besonderem Maß die Probleme, die mit den Tests einhergehen."

    Was damit gemeint ist, weiß Bodo Eing. Er ist ärztlicher Leiter bei Synlab, in dessen Augsburger Labor rund 200 Personen beschäftigt sind. Eine der größeren Abteilungen dort widmet sich der Auswertung von Corona-PCR-Tests und ist so regelmäßig mit Herausforderungen konfrontiert, die bis vor zwei Jahren undenkbar gewesen wären. "Wir mussten uns anstrengen, an selbstverständliche Dinge wie Reagenzröhrchen oder Desinfektionsmittel zu kommen", sagt Eing. Er steht im Gang der Corona-Abteilung, neben ihm ein Wagen mit Dutzenden aufgereihten Proben. Von der Decke röhrt eine Entlüftungsanlage in die verschiedenen Zimmer. Dort werden die PCR-Proben nacheinander entnommen, per Pipette mit verschiedenen Substanzen versetzt und schließlich auf Bestandteile des Virus untersucht. Alle paar Minuten transportieren Mitarbeiterinnen Kassetten mit den Proben von Raum zu Raum, hochkonzentriert, als hielten sie ein randvolles Tablett in der Hand.

    "Es wird immer schwieriger, die Geschwindigkeit des Virus mitzugehen"

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    Derzeit stellen sich rund 20 Prozent der Tests als positiv heraus – "ein sehr hoher Wert", betont Eing. Grund sei die Omikron-Variante, die mit ihrem extremen Ansteckungspotenzial die Kapazitäten in Laboren auszureizen droht. Wobei mit "Kapazitäten" vor allem eines gemeint ist: qualifiziertes Personal. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien derzeit sehr belastet, betont Eing. "Noch können wir die Tests innerhalb von 24 Stunden auswerten, aber es wird immer schwieriger, die Geschwindigkeit des Virus mitzugehen." Die Abläufe komplett zu automatisieren – nur zwei hochkomplexe Arbeitsschritte werden hier von Maschinen erledigt –, sei dabei keine Option. "Der Mensch ist trotz einer möglicherweise etwas höheren Fehlerrate das Wichtigste. Allein schon, weil er sehr flexibel ist und damit zügig auf neue Umstände reagieren kann."

    Gerade diese Qualität, Flexibilität, wurde den Laboren in den vergangenen zwei Jahren etliche Male abverlangt. Kurzfristige Änderungen im Infektionsgeschehen sowie im politischen Umgang damit machten sich dort unmittelbar bemerkbar, während das Kerngeschäft weiterzulaufen hatte. Die Belastung ist groß, doch wirklich beklagen will sich in der Branche auch niemand – nicht nur, weil das Geschäft ein lukratives ist (pro Corona-Test bekommen die Labore derzeit rund 30 Euro, wovon meist etwa zehn Prozent als Gewinn übrig bleiben). Labor-Arzt Eing spricht auch darüber hinaus von einem "Schub" für die Branche. "Es hat sich vieles bewegt, gerade im Bereich der Digitalisierung und in Abstimmung mit den Behörden. Vor Corona haben wir jeden Tag hunderte Faxe verschickt, jetzt quasi keines mehr." Das sei überfällig gewesen – auch mit Blick nach vorne. "Wir müssen als Gesellschaft flexibler im Umgang mit Pandemien werden. Denn fest steht: Die nächste kommt."

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