Der Winter ist die Zeit der Pelikane im Augsburger Zoo. Die Nachbarn der Nashörner, die von ihrem Teich direkt ins geschützte Haus schwimmen können, sorgen sich dann um den Nachwuchs und die Brutpflege. Vor wenigen Tagen erst kam ein Baby bei den Rosapelikanen auf die Welt. "Kerngesund", sagt Kurator Thomas Lipp, der beim Gewicht des Jungen jedoch passen muss. Nach Auskunft des Stellvertreters von Direktorin Dr. Barbara Jantschke will man den Frieden der Tiere auch bei der Inventur nicht durch Wiegen und Vermessen über Gebühr stören. Mit dem jüngsten Nachwuchs stieg die Zahl der Pelikane übrigens auf 26 – zehn sind rosa, 16 haben einen krausen Kopf. Das ist aber noch nicht alles. Was tut sich im Zoo hinter den corona-bedingt verschlossenen Türen?
Viele Namen der Augsburger Zoobewohner klingen verlockend exotisch: Rothaubenturako, Purpurnaschvogel oder Weißohrbülbül sind in den Rubriken "Geburten" und "Neuzugänge" auf der Website der Einrichtung aufgeführt. Sie stammen aus Afrika, aus Südamerika und Asien. Mancher Vogel in natura leuchtend königsblau, andere grün mit rotem Kamm, wieder andere in gedeckt braun-weißem Federkleid, bereichern schon jetzt die Gehege zwischen Naherholungsgebiet Siebentischwald und Spickel. Nur bewundern kann sie im Moment niemand.
So läuft die "Partnervermittlung" im Augsburger Zoo
Laut Thomas Lipp wohnt mit einem Schwarzkopf Kiebitz aus Afrika auch eine echte Rarität auf dem Terrain. Denn die Spezies gebe es, so weit er wisse, in Deutschland nur im "Berliner Tierpark, in Walsrode zwischen Bremen und Hannover und bei uns". Europäische Kiebitze stehen mittlerweile auf der roten Liste stark gefährdeter Arten, weil Feuchtgebiete als ihr Lebensraum schwinden. Für solche Tiere trete der Zoo sogar als "Partnervermittler" auf.
Denn um für derart gefährdete Tiere den richtigen Lebensgefährten zu finden und gleichzeitig Inzucht zu vermeiden, stehen die Zoologen weltweit miteinander in Kontakt. Etwa habe der Augsburger Zoo eine Sumbawa-Drossel von den Kollegen aus dem britischen Chester bekommen. Über die passenden Partner geben laut Lipp Zuchtbücher Auskunft. Er selbst sei als Zuchtbuchführer seit fünf Jahren für die Magellan-Pinguine verantwortlich, die an der Südspitze Südamerikas und auf den Falkland Inseln leben. Von diesen Zugvögeln, die aus eher kühleren Gegenden kommen und deshalb "bestens geeignet sind" für die Haltung in deutschen Zoos, gibt es in Augsburg heute 18 Exemplare. Und natürlich haben alle 18 einen Namen, der zumindest den Pflegern geläufig ist. Die sind ohnehin findig, was die Zuordnung der Arten betrifft. Weil die Schwarzhalstaucher diabolisch rote Augen haben, nennen sie sie laut Lipp die "kleinen Teufelchen".
Ein gewichtiger Schritt für die Elefanten
Die schwülwarme Atmosphäre in den urwald- oder savannenähnlichen Gehegen der Tropenhalle mutet wegen der Schreie und Laute der Tiere nach "dunkel lockender Welt" Afrikas im Kleinen an. Ein Flattern über den Köpfen von Besuchern und Pflegern begleitet auch den Rundgang durch die begehbare Augsburger Freiflugvoliere, einem kleinen Paradies, in dem mittlerweile beispielsweise die Inka-Singschwalbe heimisch ist. Mit ihrem korallfarbenen Schnabel und den weißen Bartfedern ist sie nach Ansicht von Thomas Lipp die schönste unter den Seeschwalben. Auch für die Besucher dürfte es auf dem begehbaren Areal in gemäßigtem Klima nach Beendigung der Pandemie attraktiver sein, wenn sie die gefiederten Freunde hautnah erleben können, statt von den Vögeln durch eine Scheibe getrennt zu sein. Laut Lipp fand so im Augsburger Zoo eine Vogelschar aus aller Welt ein Zuhause - unterschieden wird zwischen 120 bis 125 Arten. Die Erweiterung der schönen neuen Vogelwelt ließen sich Stadt und Zoo Augsburg 1,3 Millionen Euro kosten.
Aber nicht alles im Zoo mutet so federleicht an. Berührungsängste mit seinen Artgenossen hat einer der inzwischen vier Dickhäuter. Die Tiere sind für die beliebte Augsburger Einrichtung ein gewichtiger Publikumsmagnet - nach Auskunft des Kurators fast gewichtiger als die Nashörner. Laut Lipp weigert sich die 51-jährige, etwas ängstliche Elefantin Burma beharrlich, das neue Elefantenhaus zu betreten.
Die inzwischen 65-jährige Targa - der Methusalem unter den Elefanten in Deutschland - hingegen nahm mit den beiden Neulingen Frosja und Louise schon näheren Kontakt auf. Allerdings gelang es auch ihr nicht, die jüngere Dame, wie von der Zoodirektion erhofft, zu einem Ausflug auf Neuland mitzureißen. Die momentane Winterstarre lud die Dickhäuter laut Lipp auch nicht gerade zu Experimenten ein.
Kurzarbeit ist für Pfleger des Augsburger Zoos unmöglich
Während der Münchner Zoo Hellabrunn von einem wahren Baby-Boom berichtete, war das Jahr 2020 in Augsburg den Zoo-Nachwuchs betreffend laut Lipp "ein durchschnittliches". Bei den Wasserbüffeln, sagt er, sei es "eventuell bald wieder soweit" mit Nachkommen, die Alpakas könnten folgen.
Sorgen um den Bestand müssen sich die Fachleute jedenfalls nicht machen. Jedoch sieht es mangels Besuchern derzeit finanziell nicht sehr gut aus. "Die November-Hilfen", sagt der Kurator, "haben wir erhalten". Und weil alle größeren Investitionen - wie etwa Werkstätten und neues Wirtschaftsgebäude mit Sozialräumen - zurückgestellt wurden, geht man derzeit davon aus, noch durchhalten zu können. Täglich fallen aber etwa 20.000 Euro an Futter- und Betriebskosten an. Und natürlich können die Pfleger nicht eben mal in Kurzarbeit gehen. Die aktuelle Lage bezeichnet der Kurator als "katastrophal". Das aktuelle Defizit belaufe sich auf einen siebenstelligen Betrag.
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