Jakob Fugger war für halbe Sachen nicht zu haben. Als er vor 500 Jahren die Stiftungsurkunde für die Fuggerei unterzeichnete, verpflichtete er seine Nachkommen dazu, sie "auf ewig" zu sichern. Ein halbes Jahrtausend lang hat das schon gut funktioniert: Bis heute finden in der Sozialsiedlung bedürftige Augsburger eine bezahlbare Bleibe - allein seit 1947 waren es 1400. Davon abgesehen ist die Fuggerei mit rund 200.000 Besuchern jährlich eine der größten Touristenattraktionen Augsburgs. Dieses Jahr könnten es, so Corona das zulässt, noch mehr werden, denn das 500-jährige Bestehen soll angemessen gefeiert werden.
Bis zum eigentlichen Jubiläum bleibt noch Zeit: Die Stiftungsurkunde wurde am 23. August 1521 unterzeichnet, die meisten Veranstaltungen rund um das historische Ereignis werden damit in den Sommermonaten stattfinden. Die Fugger'sche Stiftungen mussten die Planung mehrfach umschmeißen. Ein angedachtes Bürgerfest wurde verworfen, weil nicht klar war, ob die Corona-Pandemie bis zum Sommer wieder größere Menschenansammlungen zulassen würde. Was von der Idee blieb, ist ein dreitägiges Familienfest in der Fuggerei Ende August. Davon abgesehen sind viele Veranstaltungen geplant, die auch unter Einhaltung der Abstandsregeln stattfinden können.
Die Fuggerei in Augsburg feiert Jubiläum
Am augenfälligsten wird ein Pavillon in Form eines lang gezogenen Fuggerhauses sein, der ab 23. August für fünf Wochen auf dem Rathausplatz stehen soll. Auf 140 Quadratmetern wird dort nicht nur Jakob Fuggers Vermächtnis thematisiert, sondern die gesamte Stiftungskultur der Stadt, die sich bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Aktuell gibt es über 150 aktive Stiftungen in Augsburg, viele davon sind gemeinnützig. Der Pavillon soll die Besucher einerseits informieren, sie andererseits aber auch dazu animieren, selbst Stifter zu werden. So können sich Gäste nach dem Baukastenprinzip ihre eigene Sozialsiedlung erschaffen und sich dabei die Frage beantworten, für wen sie eine solche Stiftung einrichten würden und wie.
Auch die Fugger-Familie denkt anlässlich des Jubiläumsjahrs über ein weiteres Engagement, quasi eine "Fuggerei der Zukunft", nach. Denn die Idee einer Sozialsiedlung für Bedürftige könnte sich auf andere Länder übertragen lassen. Über viele Monate hinweg haben sich Familie und Experten deshalb unter anderem die Frage gestellt, warum die Fuggerei bis heute Bestand hat und welche Voraussetzungen eine "Fuggerei 2.0" erfüllen müsste. Eine Antwort könnte die regionale Verwurzelung nicht nur der Fuggereibewohner sondern auch der Stiftungsleitung sein. Was sonst noch dazu gehört, auch das soll im Jubiläumsjahr mit Bürgern und internationalen Experten diskutiert werden - unter anderem live im Pavillon am Rathausplatz. „Die Fuggerei ist eine soziale Innovation und hat von Beginn an Maßstäbe gesetzt, die die Kraft haben, die Gesellschaft positiv zu verändern und individuell auf gesellschaftliche Herausforderungen unserer Zeit zu reagieren“, ist Alexander Graf Fugger-Babenhausen, Mitglied im Fugger'schen Familienseniorat, überzeugt.
Die Augsburger dürfen dieses Jahr also einiges von "ihrer Fuggerei" erwarten. Im April soll das Historische Museum in der Mittleren Gasse eröffnet werden, in dem die Geschichte der Sozialsiedlung von ihren Anfängen bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg erzählt wird. Ab Sommer soll es zudem eine App geben, die einen virtuellen Rundgang durch die Siedlung ermöglicht. Auch dies ist eine Reaktion auf die Pandemie, denn zuletzt waren in der Sozialsiedlung keine Führungen mit größeren Gruppen mehr möglich. Die Fuggerei jedoch lebt vor allem von den Touristen: Mit den Einnahmen aus Eintrittsgeldern - in normalen Jahren über 900.000 Euro - werden die 140 Wohnungen instand gehalten.
Ein Computerspiel zum Thema Stiftungen ist geplant
Auch die Stadt greift das Jubiläumsjahr als Thema auf. Eine Ausstellung im Maximilianmuseum (28. August bis 28. November) wird unter dem Motto "Stiften gehen! Wie man aus der Not eine Tugend macht" ebenfalls den Stiftungsgedanken in den Mittelpunkt stellen. Zu sehen sind dann Neuentdeckungen aus den eigenen Beständen, aber auch Leihgaben aus dem Jüdischen Museum der Schweiz oder der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Augsburgs neuer Kulturreferent Jürgen Enninger will auch jüngere Generationen für das Stiftungsthema begeistern und plant, ein Computerspiel entwickeln zu lassen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Fördertöpfe angezapft werden können.
Bischof Bertram Meier wird Ende August mit einem Festgottesdienst einen Predigtzyklus eröffnen, der zwei weitere Stiftungen in den Mittelpunkt stellt, die Jakob Fugger an jenem 23. August vor 500 Jahren für immer festschrieb: die Stiftungen St. Anna und St. Moritz. Den Abschluss der Jubiläumswochen soll im September schließlich eine Medizinhistorische Tagung bilden, die zeigt, welchen historisch gewachsenen Stellenwert Augsburg in der Medizin- und Hygienegeschichte hatte.
Fugger-Jubiläumsjahr soll Tourismus in Augsburg ankurbeln helfen
Touristisch gesehen könnte das Fugger-Jubiläumsjahr Augsburg nach einem Jahr der Corona-Flaute wieder etwas auf die Sprünge helfen, hofft Tourismus-Direktor Götz Beck. Die Regio Tourismus hat dem Stiftungsjahr in ihrem Marketing-Magazin deshalb mehrere Seiten gewidmet, auf denen sie etwaigen Touristen auch Attraktionen nahelegt, die unter freiem Himmel erlebt werden können. Ein Rundgang auf den Spuren der Fugger gehört dazu.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die Fuggerei sollte ein Modell für die Zukunft werden
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