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Augsburg: Augsburger Stadtrat spricht Ächtung von rassistischen Wörtern aus

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Augsburger Stadtrat spricht Ächtung von rassistischen Wörtern aus

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    Die Kampagne "Wir alle sind Augsburg" der Stadtverwaltung soll das friedliche Zusammenleben in Augsburg fördern.
    Die Kampagne "Wir alle sind Augsburg" der Stadtverwaltung soll das friedliche Zusammenleben in Augsburg fördern. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Augsburger Stadtrat hat - nachdem der Integrationsbeirat einen entsprechenden Vorstoß unternommen hatte - jetzt den Gebrauch des Wortes "Neger" geächtet. Der Beschluss war vor allem als Symbol zu sehen und vom Integrationsbeirat gewünscht worden. Er beinhaltet, dass Stadtrat und Stadtverwaltung rassistischen Sprachgebrauch - und dabei speziell das "N-Wort", wie es in den Sitzungsunterlagen konsequent abgekürzt wurde - vermeiden und ächten. 

    Hintergrund war, dass ein AfD-Politiker im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern mehrmals in einer Rede das Wort "Neger" genutzt hatte - die Ordnungsrufe der Sitzungsleitung wurden später als rechtswidrig eingestuft. Der Stadtrat stimmte der Ächtung des Wortes mehrheitlich zu, allerdings nicht ohne Diskussionen. Von der AfD kamen in der ganzen Debatte schärfere Töne, als man sie bisher von der Stadtratsfraktion gewohnt war.

    Die Leiterin der städtischen Anti-Diskriminierungsstelle, Carmen Buschinger, sagte, der Beschluss sei ein "symbolischer Akt für viele Menschen, auch in Augsburg". Auch in vielen anderen deutschen Städten sei das Wort offiziell geächtet, etwa in München, Nürnberg, Köln oder Dortmund. Ganz wohl war mehreren Stadträten mit dem Beschlussvorschlag allerdings nicht - nicht, weil sie an dem Wort festhalten wollen, sondern weil sie die Fokussierung auf ein Wort hinterfragten. "Wir sind in der Sache nicht dagegen, aber es kann nicht an einem Wort stehen bleiben", sagte beispielsweise Lars Vollmar (Bürgerliche Mitte). Die Stadt arbeite an einem übergeordneten Konzept - den problematischen Sprachgebrauch könne man dort doch mit aufnehmen. 

    Ächtung des N-Wortes: Augsburger AfD-Stadtrat spricht von "Lächerlichkeiten"

    Auch Florian Freund (SPD) merkte an, man rede über ein einzelnes Wort. "Es gibt Dimensionen der Diskriminierung, die wir nicht wegbeschließen können und die viel indirekter kommen. Da müssen wir uns als Gesellschaft hinterfragen." Ein glühender Appell kam hingegen von den Grünen. "Wir müssen als Friedensstadt ein Zeichen setzen: Egal, welche Hautfarbe du hast, du bist willkommen", so Serdar Akin. Es gehe nicht nur um den Schutz von bestimmten Minderheiten, sondern um das Wesen der Demokratie. 

    AfD-Stadtrat Andreas Jurca sprach hingegen von "Lächerlichkeiten" und "Selbstverständlichkeiten", mit denen sich der Stadtrat befasse. "Ich könnte auch einen Antrag stellen, dass nicht ins Plenum uriniert werden darf", so Jurca. Es sei ganz klar, dass das Wort "Neger" im Schriftverkehr der Stadt nicht vorkommen dürfe. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) konterte sarkastisch, sie sei "beruhigt, dass es für die AfD selbstverständlich ist, dass niemand diskriminiert wird". Es gehe um ein klares Zeichen, das der Stadtrat aussenden solle. 

    Antidiskrimierungsstelle hat 105 Beratungen im ersten Jahr

    Buschinger gab im Stadtrat auch einen Bericht zur Tätigkeit der im Sommer 2022 eingerichteten städtischen Antidiskriminierungsstelle. Im ersten Jahr habe es 105 Beratungsanfragen gegeben. Etwa die Hälfte hatte Rassismus als Hintergrund. Häufig geht es dabei um Benachteiligung auf dem Wohnungsmarkt. Diskriminierung wegen des Geschlechts, einer Behinderung, der Religion oder sexueller Identität sind weitere Punkte. Für ein Jahr seien das relativ viele Anfragen im Städtevergleich. Womöglich liege das aber auch daran, dass das Angebot neu sei. Eine Steigerung von Anfragen seit dem 7. Oktober seitens Juden oder Muslimen habe man bisher nicht verzeichnet. 

    Weber kündigte im Stadtrat auch an, Diskriminierung unter spezieller Berücksichtigung von Antisemitismus stärker zu bekämpfen. Die Stadt verfolgt schon seit Jahren Programme fürs friedliche Zusammenleben. Nun soll unter anderem noch eine Regelung erarbeitet werden, die Empfänger städtischer Zuschüsse auf ein diskriminierungsfreies und demokratisches Handeln verpflichtet. Zudem mache man sich die "Arbeitsdefinition

    Peter Grab beklagt unentschlossenes Vorgehen der Stadt beim Thema Antisemitismus

    SPD und WSA-Stadtrat Peter Grab hatten zuvor einen Aktionsplan Antisemitismus beantragt. Speziell Grab ging das Handeln der Stadt nicht weit genug - er kritisierte Weber scharf dafür, die Israel-Fahne am Rathausplatz abgehängt zu haben. Der Angriff auf Israel sei eine solche Ungeheuerlichkeit gewesen, dass es fehl am Platze sei, "Kompromisse zu suchen und irgendwelche gesellschaftlichen Schichten zu berücksichtigen". Eine Verwässerung von Antisemitismus mit anderen Themen sei falsch. 

    Weber wiederholte, dass der Grund fürs Abnehmen der Fahne nicht deren wiederholte Beschädigung gewesen sei, sondern dass die Stadtspitze zusammen mit der Israelitischen Kultusgemeinde zum Ergebnis gekommen sei, dass man gezielt Antisemitismus die Stirn bieten müsse und die Flagge nicht die richtige Form dafür sei. Dies geschehe durch Handeln, nicht durch Symbole. Allerdings hatte die Stadt, nachdem das Entfernen der Israel-Fahne auch im Ältestenrat des Stadtrats teils kritisch gesehen wurde, kurz darauf ein großes Banner am Verwaltungsgebäude angebracht. 

    AfD-Rat Jurca sagte, man trage das Vorgehen der Stadt gegen Antisemitismus mit. "Es gibt Antisemitismus, aber das ist importierter Antisemitismus. Die Bundesregierung muss mehr abschieben, dann gibt es weniger Antisemitismus und die Juden leben sicherer in Deutschland", so Jurca. Weber hielt dem entgegen, dass ihr in einem Gespräch mit dem Landeskriminalamt widergespiegelt wurde, dass der "alte deutsche Antisemitismus" eine erhebliche Rolle spiele. Die Wortmeldung der AfD sei im Übrigen ein gutes Beispiel dafür, dass man Antisemitismus und Feindlichkeit gegenüber anderen Menschengruppen zusammen betrachten müsse. 

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