Der politische Ärger, den die geplante Vergrößerung der städtischen Kommunikationsabteilung ausgelöst hat, war absehbar. Neun Stellen in der aktuellen Situation, in der die Stadt sich aus finanziellen Gründen größtmögliche Zurückhaltung auferlegt hat, passen nicht in die Landschaft. Selbst die Grünen als kleiner Koalitionspartner ahnten die öffentliche Wirkung und stimmten nur unter der Voraussetzung zu, dass die Stellenneuschaffungen auf zwei Jahre gestreckt werden.
Dass die Opposition eine Vergrößerung der Kommunikationsabteilung von 26 auf 35 Köpfe kritisch sehen würde, war klar. Denn es geht bei diesem Thema darum, wie sich eine Stadt und - das ist der Knackpunkt - die Stadtregierung darstellen können. Schwarz-grüne Öffentlichkeitsarbeit auf Kosten der Steuerzahler wolle man nicht mittragen, so der Vorwurf von Sozialfraktion und Bürgerlicher Mitte.
Streit über Kommunikation der Stadt Augsburg ist nichts Neues
Die Stadtregierung und ihre Kommunikation haben schon immer zu politischen Auseinandersetzungen geführt. Als der frühere Oberbürgermeister Paul Wengert (SPD) das Blatt "Augsburg direkt" aus der Taufe hob, witterte die CSU eine OB-Werbebeilage, die sie nach gewonnener Wahl dann aber selbst fortführte. Und erinnert sei auch an die politischen Diskussionen darüber, dass die PR-Agentur, die den früheren Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) im Wahlkampf betreute, später im Auftrag der Stadt die Kommunikationsstrategie zum Königsplatz-Umbau steuerte.
Die Kommunikation in jeder Großstadt und jedem Landkreis bewegt sich in einer Grauzone: Jede Pressemitteilung mit Wappen der Stadt Augsburg ist ein Schriftstück der Verwaltung. Das geht vom Wertstoffhof, der vorübergehend geschlossen hat, bis hin zu Äußerungen des Stadtoberhauptes, die das eigene Handeln oder auch politische Positionierungen erklären. Die Grenzen zwischen Verwaltung und Politik sind fließend, die Oberbürgermeisterin ist gewähltes Stadtoberhaupt und oberste Dienstherrin der Verwaltung - und entsprechend sind sie es auch in der Kommunikation. Das war schon immer so.
Was neu ist: Die Stadt kommuniziert mehr, und das seit einigen Jahren: mehr Broschüren, mehr Veranstaltungen, mehr Begleitung von Großprojekten. Vieles ist unspektakuläre Arbeit für Texter und Grafiker, von der Broschüre für den Botanischen Garten über die Fairness-Kampagne im Verkehr bis hin zu Corona-Plakaten. Die Kommunikationsabteilung hat den Job einer innerstädtischen PR-Agentur, die von der Baustelle bis zur Kanu-WM vieles an die Öffentlichkeit bringen muss. Das gehört heute zu einer modernen Verwaltung dazu. Wer sagt, dass die Kommunikationsabteilung nur dazu dient, die Oberbürgermeisterin und ihre Referenten gut dastehen zu lassen, ist unfair. Wer sagt, dass es damit gar nichts zu tun hat, ist naiv.
In strategischer Hinsicht hat sich Kommunikation der Stadt Augsburg gewandelt
Denn in strategischer Hinsicht bekam die Kommunikation in der vergangenen Periode eine neue Qualität. Es war wohl kein Zufall, dass Gribl seinen ehemaligen Wahlkampfmanager zum obersten Kommunikator berief. Kommunikation ist Politik ist Kommunikation, ist seitdem das Motto. Als der Wohnungsmangel vor einigen Jahren immer drängender wurde, zimmerte man eine "Wohnungsbauoffensive" zusammen. Sie enthielt in einigen Teilen Altbekanntes, hatte aber eine knackige Überschrift, die in Politik und Öffentlichkeit Handlungswillen demonstrierte. Ein anderes Beispiel sind die von der Kommunikationsabteilung mitorganisierten Stadtteilgespräche, die in der Tat gut bei den Bürgern angekommen sind. Dass die Premiere - freilich unter Einhaltung einer einjährigen Schamfrist - vor einer Kommunalwahl stattfand, war wohl aber auch kein Zufall. Auch Eva Weber (CSU) weiß um die Wichtigkeit von Kommunikation, wobei man angesichts der alles überlagernden Corona-Pandemie mit ihren eigenen Anforderungen noch nicht so genau um ihre Handschrift weiß.
Doch die entscheidendste Veränderung in der Kommunikation hat, unabhängig von Personen, das Internet mit sich gebracht. Die Stadt kann jetzt direkt, ohne den Umweg über unabhängige Medien nehmen zu müssen, mit Bürgern in Kontakt treten und muss andersherum in der Lage sein, auf einen so genannten Shitstorm in den sozialen Netzwerken zu reagieren. Die Begründungen der Stadt, dass man die Social-Media-Aktivitäten ausbauen müsse, gerade um junge Bürger zu erreichen, sind richtig, wobei dafür ja schon Personal aufgebaut wurde. Und zweifellos sorgt Corona für Mehrarbeit, aber die Krise wird irgendwann vorbei sein.
Lokale Medien stehen durch steuerfinanzierte Stadt-PR vor Problemen
Dieser Kommentar ist nicht frei von eigenen Betroffenheiten. Tageszeitungen, die Augsburger Allgemeineist da keine Ausnahme, sind im gedruckten Bereich mit Rückgängen bei der Auflage konfrontiert und müssen im Digitalen wachsen, um ihre wirtschaftliche Basis zu halten, aber auch um ihren Auftrag in der Demokratie zu erfüllen. Im Internet, das sind die neuen Gegebenheiten, stehen steuerfinanzierte Stadt-PR und Journalismus nur einen Klick voneinander entfernt. Die meisten Leser wissen das zu unterscheiden, doch natürlich tauchen in einem städtischen PR-Text, der sich als Journalismus verkleidet hat, andere Interessengruppen wie Anwohner und Opposition nicht auf. Von unangenehmen Themen wie den Problemen im Gesundheitsamt bei der Kontaktnachverfolgung, die durch unsere Redaktion öffentlich gemacht wurden, braucht man gar nicht erst zu reden.
Dass die Stadt just in der Woche, in der sie die Stellenmehrungen beschließen hat lassen, probeweise damit begonnen hat, nach Sitzungen von Stadtratsausschüssen Pressemitteilungen mit einer Zusammenfassung der behandelten Themen - logischerweise aus Sicht des jeweiligen Referenten - zu versenden, ist kaum nachzuvollziehen. Bisher waren die anwesenden Journalisten ganz gut in der Lage, die Tagesordnungspunkte zu verstehen, ohne dass die Pressestelle dabei Nachhilfe leisten musste. Gleichzeitig neue Stellen in diesem Ausmaß zu schaffen, das hinterlässt Fragezeichen.
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