Hat das Münchner Architekturbüro Achatz der Stadt Augsburg gedroht, seine Arbeit an der Theaterbaustelle einzustellen oder nicht? Nach zahlreichen Debatten um das Wann und Warum der Kündigung konzentriert sich nun alles auf diese Frage. Denn diese angebliche Drohung ist es offenbar, die Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) und Baureferent Steffen Kercher (parteilos) Mitte August dazu bewog, dem Planer nach rund zehn Jahren die Zusammenarbeit aufzukündigen. Seitens der Stadtspitze fällt in diesem Zusammenhang auch das Wort „Leistungsverweigerung“. Das Architekturbüro hält dagegen: Man habe dem Baureferat noch am 8. August - und damit eine Woche vor Erhalt der Kündigung - schriftlich versichert, dass man „selbstverständlich seinen vertraglichen Verpflichtungen nachkommt“. Auch in anderen Punkten könne man die Aussagen der Stadt widerlegen.
Weber und Kercher hatten vergangenen Donnerstag den Stadtrat zunächst in nichtöffentlicher und dann in öffentlicher Sitzung über den aktuellen Stand informiert. Im Mittelpunkt stand dabei die Kündigung des Münchner Architekturbüros Achatz, die Kercher Mitte August ausgesprochen hatte, nachdem er sich mit mehreren Anwälten beraten hatte, und von der die meisten Stadträte erst durch die Berichterstattung unserer Redaktion erfuhren. Weber sprach im öffentlichen Teil der Sitzung von einer „wesentlichen Vertragspflichtverletzung“, sollte ein Architekt damit drohen, seine Leistung einzustellen. Ein Auftraggeber müsse in diesem Fall reagieren, „um handlungsfähig zu bleiben und um Schaden abzuwenden“.
Ein Schaden, der laut Auskunft eines Anwalts des Münchner Atelier Achatz nie entstanden sei, da die Architekten „immer betont hatten, ihre Leistungen zu erbringen und vor allem diese nie eingestellt hatten“. Man habe lediglich betont, dass man nicht weiterarbeiten könne, sollte der neue Elektroplaner seine Pläne nicht weitergeben. Auch auf ein „unerwartet konfrontatives Schreiben“ eines Anwalts der Stadt, in dem die Architekten Anfang August aufgefordert worden seien, binnen vier Tagen zu erklären, dass die Arbeit fortgesetzt wird, habe man geantwortet und betont, dass man „selbstverständlich seinen vertraglichen Pflichten nachkommt“. Den „besonderen Grund“, den die Stadt für eine außerordentliche, also fristlose Kündigung sieht, könne das Architekturbüro selbst damit nicht erkennen. Es habe sie auch nicht anerkannt, sondern „lediglich zur Kenntnis genommen“, so Walter Achatz im Gespräch mit unserer Redaktion.
Streit um Theatersanierung in Augsburg: Hintergrund war eine Honorarfrage
Beim erwähnten „unerwartet konfrontativen Schreiben“ handelte es sich offenbar um die Abmahnung, die Kercher den Architekten zukommen ließ. Hintergrund war, zumindest hier sind sich beide Seiten einig, eine Honorarfrage: Da die Architekten aufgrund der Insolvenz eines Elektroplaners für diesen Bereich neue Pläne erstellen mussten, die dem Vernehmen nach in größerem Rahmen von der Vorgabe des alten Planers abwichen, habe man Ende vergangenen Jahres einen höheren fünfstelligen Honorarvorschlag abgegeben. Die Stadt Augsburg ist der Ansicht, dass für diese Zusatzleistung kein weiterer Anspruch auf Bezahlung besteht. OB Eva Weber war am Donnerstag im Stadtrat auch auf dieses Thema eingegangen.
„Ein Architekt schuldet Erfolg, und das heißt in diesem Fall, dass der Vorhang wieder fällt und wir ein funktionierendes Theater haben. Honoriert wird nach Erfolg, wenn also die Baustelle Fortschritt macht, und eben nicht nach Zeitablauf fürs reine Dasein“, so die OB. In einer Pressekonferenz am Vormittag äußerte sie sich noch deutlicher: Man habe mit „honorargetriebenen Augen“ auf das Projekt geschaut, sagte sie im Hinblick auf das Münchner Planungsbüro, ohne dessen Namen zu nennen. Achatz will dies so nicht stehen lassen: „Sollte dieser Vorwurf uns gegolten haben, finden wir es interessant, dass die OB uns nach 40 Jahren in diesem Beruf und mehr als zehn Jahren, die wir mit Herzblut diesem Projekt gewidmet haben, Geldgier als Bewegungsgrund zutraut.“
Strittiges Honorar: War die Vorgehensweise mit der Stadt Augsburg abgesprochen?
Achatz, der unter anderem die Kammerspiele, das Gärtnerplatz-, das Cuvilliéstheater (alle München) und das Staatstheater Darmstadt saniert bzw. neu gebaut hat, ist über diese Vorwürfe nach eigener Aussage auch deshalb überrascht, weil die Vorgehensweise für die nun strittige Honorarsumme mit der Stadt abgesprochen gewesen sei. Als der bisherige Elektroplaner insolvent ging, forderte die Stadt offenbar, dass Achatz seine Pläne zunächst auf dessen veralteter Planung aufbauen solle, um keine Zeit zu verlieren. Sein Büro habe damals davor gewarnt, dass dies zu Doppelarbeit samt entsprechender Zusatzhonorare führen könne. Das städtische Projektteam, das die Theatersanierung betreut, habe diesem Vorgehen zugestimmt und Achatz gebeten, ein entsprechendes Honorarangebot zu unterbreiten. Dieses lag der Stadt offenbar seit mehreren Monaten vor.
Im Normalfall wird, heißt es anderweitig aus Architektenkreisen, dann über ein solches Angebot verhandelt, meist träfen sich Architekten und Bauherren „irgendwo in der Mitte“. Im Fall der Augsburger Theatersanierung kam es stattdessen zur Kündigung seitens der Stadt.
Wie es weitergeht, werden die Anwälte von Stadt und Architekturbüro klären. Die Stadt will laut Kercher jedenfalls nicht von der außerordentlichen Kündigung abweichen. Man sei zudem in Verhandlungen, wie man in Bauteil I, also der Sanierung des Großen Hauses, weitermachen werde, wo Achatz noch mit an Bord ist. Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, dass die Stadt Achatz gerne auch von diesem Auftrag entbinden würde.
So wie die Sachlage hier geschildert wird, geben Baureferent und Oberbürgermeisterin kein gutes Bild ab. Ich kann nicht erkennen, dass fachlich gerechtfertigte Erwägungen zu der Entscheidung geführt hätten. Vielmehr hört es sich sehr nach persönlichen Animositäten an und dem Versuch einen Grund zu finden mit dem Architekturbüro nicht mehr zusammenarbeiten zu müssen. Es muss den Handelnden doch klar sein, dass der Wechsel mit den entsprechenden Verzögerungen nicht billiger zu haben sein wird als die strittige Honorarforderung. Und dem neuen Architekturbüro ist man dann sowieso völlig ausgeliefert - egal was dieses dann ggf. nicht so macht, wie man das gerne hätte.
Nichts genaues weiß man nicht. Da fällt es einem Journalisten auch ganz schön, schwer zu kommentieren. Wäre vielleicht besser abzuwarten, bis sich der Pulverdampf des Schlachtfeldes verzogen hat und die Gründe etwas genauer auf dem Tisch liegen.
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