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Augsburg: Debatte: Die Stadt muss beim Klimaschutz Farbe bekennen

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Debatte: Die Stadt muss beim Klimaschutz Farbe bekennen

Stefan Krog
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    Wann zeigen die Verhandlungen zwischen Radbegehrens-Aktivisten und der Stadt Ergebnisse?
    Wann zeigen die Verhandlungen zwischen Radbegehrens-Aktivisten und der Stadt Ergebnisse? Foto: Annette Zoepf (Archiv)

    14 Bürgerbegehren gab es in Augsburg seit der Einführung dieses Instruments vor 25 Jahren. Nicht alle waren erfolgreich, aber dreimal (Walter-Garage 1996, Königsplatz 2007, Energiefusion 2015) machten die Bürger deutlich, dass sie sich die Dinge anders wünschen, als Stadtregierung und Stadtrat das vorhatten.

    Das Fahrrad-Begehren als jüngstes Bürgerbegehren hätte wohl nicht die schlechtesten Chancen, zu einer erfolgreichen Bürgerabstimmung zu führen. Ein Blick in die jährlichen Bürgerumfragen der Stadt lässt erahnen, dass Unzufriedenheit mit der Situation für Radler in der breiteren Bevölkerung vorhanden ist. Die Zahl der Radwege wird als zu gering eingestuft, die vorhandenen Wege werden als zu schmal bewertet und als "fahrradfreundliche Stadt" wird Augsburg eher nicht gesehen.

    Es tut sich etwas in Sachen Radverkehr in Augsburg

    Ganz so untätig, wie es die Initiatoren darstellen, ist die Stadt beim Thema Radverkehr zuletzt nicht gewesen. Die für kommendes Jahr geplanten Versuchsradwege in der Herman-, Frölich- und Neuburger Straße sind ein großer Schritt, auch wenn in der Hermanstraße noch Fragen zur Auswirkung auf die Tram offen sind. Es sind aber Schritte, die schon vor Jahren nötig gewesen wären, um "Fahrradstadt" zu werden. Mit ihrem, gemessen an den selbst von ihr geweckten Erwartungen, zu zögerlichen Agieren hat die Stadt das Bürgerbegehren selbst heraufbeschworen.

    Und dennoch reichen die Aktivisten ihre Unterschriften nicht ein, um einen Bürgerentscheid anzustreben. Stattdessen verhandeln sie mit der Stadt. In dieser Form gab es das in Augsburg noch nie. Bemerkenswert an den Verhandlungen ist einerseits, dass es sie gibt, und andererseits, dass sie so schleppend verlaufen. Schon im Sommer war klar, dass die Unterschriftenzahl für ein Bürgerbegehren geknackt ist. Vermutlich spielen beide Seiten auf Zeit. Die Radbegehrens-Initiatoren, weil sie für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen einen Bürgerentscheid im Winter, wenn das Rad bei vielen im Keller steht, vermeiden wollen (von Corona ganz abgesehen). Und die CSU-geführte Stadtregierung scheint sich mit einigen Forderungen schwerzutun - sie hätten faktisch viel mehr Tempo-30-Regelungen auf innerstädtischen Straßen zur Folge und an Kreuzungen Einschränkungen für Autos, wenn dort Radler Aufstellflächen bekommen.

    Es soll nicht nur mehr Radwege in Augsburg geben

    Formal haben die Initiatoren Verhandlungen im Kleingedruckten der Unterschriftenlisten offengehalten, indem sie sich das Zurückziehen des Begehrens vorbehalten haben. Aber kaum ein Unterzeichner wird sich diese Randbestimmungen genau durchgelesen haben, sondern auf die Forderungen (mehr Radwege, sicherere Kreuzungen, mehr Abstellplätze) geschaut haben. Insofern ist die Frage nach dem Mandat, mit dem die Aktivisten in die Verhandlungen gestartet sind, naheliegend.

    Ihre Begründung, dass man bei den Forderungen aus rechtlichen Gründen nicht allzu konkret werden durfte und in den Verhandlungen nun verbindlich über ganz bestimmte Straßen und Kreuzungen spreche, kann man nur mit Bauchgrimmen zustimmen. Doch der über einen Bürgerentscheid durchgesetzte Anspruch zum Beispiel auf "ein lückenloses Netz aus Rad-Vorrangrouten" zwischen allen Stadtteilen und wichtigen Orten brächte wenig, wenn nicht klar ist, wie dieses Netz aussehen soll. Die Verhandlungen sind ein pragmatischer Ansatz, auch wenn sie nicht der reinen Lehre entsprechen. Großer Widerspruch von den Unterzeichnern hat sich bisher keiner geregt - auf den Prüfstand kommt das Agieren der Initiatoren letztlich, wenn Ergebnisse vorliegen oder die Verhandlungen abgebrochen werden. Mit einem aus Sicht der Unterzeichner unzureichenden Kompromiss brauchen die Initiatoren nicht aus den Verhandlungen herauszukommen - ansonsten würden sich ADFC, Forum Augsburg lebenswert und die Fridays-for-Future-Bewegung auf Jahre unglaubwürdig machen.

    Ob es in Sachen Klimacamp eine Einigung gibt, ist offen

    Und die Stadt wird im Zuge der Verhandlungen Farbe bekennen müssen, wie wichtig ihr Klimaschutz ist und wie sie ihn umsetzen will. Neben dem Fahrradbegehren ist die zweite Baustelle bei diesem Thema das Klimacamp. Inzwischen, so ist zu vernehmen, gibt es im Rathaus Überlegungen, doch noch einmal den inhaltlichen Dialog mit den Klimaaktivisten zu suchen, nachdem man in den vergangenen Monaten über die rechtliche Zulässigkeit des Klimacamps als Demo stritt und weiter streitet. Die Aktivisten halten der Stadt vor, zu wenig für den Klimaschutz zu tun - was sie fordern, wäre ein massiver Umbruch bei Verkehr und Energieversorgung.

    Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) betont auch die Wichtigkeit von Klimaschutz, will aber weniger mit Verboten und Einschränkungen arbeiten, Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) hat für kommendes Jahr einen konkreten Einsparplan angekündigt. Ob und wo sich beide Seiten treffen, scheint noch offen. Immerhin ist ein Dialog besser als eisiges Schweigen - sofern er ernst gemeint ist und nicht nur dazu dient, nach außen Dialogbereitschaft zu demonstrieren. Das gilt fürs Radbegehren wie fürs Klimacamp.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über die Bewegung "Fridays for Future" an:

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