Nichts ist normal in diesem Corona-Jahr in Augsburg - schon gar nicht, was die größeren Veranstaltungen angeht. Auf dem Plärrer steht kein Volksfest, aber immerhin gab es über mehrere Wochen einen Vergnügungspark. Die Herbstdult dauert nicht so lange wie sonst, es gibt weniger Stände in größerem Abstand zueinander - aber immerhin gibt es den traditionsreichen Augsburger Markt trotz der Pandemie. Ganz ähnlich ist es mit dem Christkindlesmarkt.
Auch er wird aller Voraussicht nach anders aussehen in diesem Jahr. Um größere Menschenmengen zu vermeiden, soll es keine Glühweinstände auf dem Rathausplatz geben, sondern über die Plätze in der Augsburger Innenstadt verteilt, unter anderem auf dem Elias-Holl-Platz und auf dem Königsplatz. Es wird anders werden. Aber immerhin: Auch der Christkindlesmarkt findet statt. Das ist ein gutes Zeichen.
Andernorts, vor allem in kleineren Städten und Gemeinden, werden die Weihnachtsmärkte inzwischen reihenweise abgesagt. Die Gründe dafür sind durchaus nachvollziehbar: Die Organisatoren, nicht selten sind es auch Vereine und private Initiativen, sehen sich nicht in der Lage, die von Freistaat vorgegebenen Hygieneregeln umzusetzen. Und wollen auch nicht das Risiko tragen, für mögliche Verstöße in der Verantwortung zu stehen. Schade ist es aber allemal, denn den Orten wird in der Vorweihnachtszeit etwas fehlen.
Dass es in Augsburg, nach jetzigem Stand, einen Markt geben wird, ist eine gute Entscheidung der Stadt. Es ist auch zu verantworten. Denn die Erfahrung hat gezeigt: Der Vergnügungspark auf dem Plärrer entwickelte sich nicht zum Infektionsherd, auch der "Sommer in der Stadt" mit Fahrgeschäften und einem Kulturbiergarten am Kö war kein Corona-Hotspot.
Corona in Augsburg: Man kann das Leben nicht ganz unterbinden
Es war auch richtig, im Sommer das Nachtleben, das sich vor allem auf den Straßen und Plätzen in der Innenstadt abspielte, nicht ganz zu unterbinden. Man kann Menschen nun einmal nicht monatelang unter Hausarrest stellen. Es ist zutiefst menschlich, erst recht bei Jüngeren, dass man das Leben auch spüren will. Ein Totalverbot hätte wohl eher zu mehr Trotz, Unverständnis und Wut geführt. Die Infektionszahlen sind, trotz vieler lauer Sommernächte, nicht in die Höhe geschnellt. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) hat ihren Kurs in Sachen Corona immer wieder so zusammengefasst: Sie wolle möglich machen, was möglich sei. Man kann es auch anders formulieren: Nicht in erster Linie nach Problemen suchen, sondern nach Lösungen.
Bedenken muss man auch: Gerade der Christkindlesmarkt ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nicht nur für die Händler, die dort ihre Stände aufbauen. Eine attraktive Innenstadt ist auch für den durch Corona heftig gebeutelten Einzelhandel wichtig, ebenso für die Gastronomie, die zu kämpfen hat. Die bitteren Nebenwirkungen von Corona sind hier noch gar nicht alle abzusehen. Es wird in nächster Zeit noch eine ganze Reihe von Firmen, Geschäften und Lokalen aufgeben müssen. Eine Innenstadt ohne Adventsstimmung - das würde nicht nur vielen Augsburgern und Besuchern fehlen, es wäre auch ein wirtschaftlicher Super-GAU, den es zu vermeiden gilt.
Wichtig ist, nicht nur auf die Infektionszahlen zu schauen
Natürlich ist jetzt noch nicht klar, wie sich die Situation in den nächsten Wochen entwickeln wird. Auch die Händler des Christkindlesmarktes werden in diesem Jahr mit einer gewissen Unsicherheit leben müssen. Die Stadt ist dabei gut beraten, nicht alleine auf die Infektionszahlen zu schauen, sondern die Lage genauer zu analysieren. Alleine das Überschreiten eines "Warnwerts" darf noch kein Anlass sein, sofort alles abzusagen.
Wichtig ist etwa, wie sich die Situation in den Kliniken entwickelt - und hier sieht es nach wie vor gut aus. Laut dem Register der Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin werden in Augsburg - Stand Freitag - derzeit nur zwei Covid-19-Patienten auf der Intensivstation behandelt und beamtet. 33 Intensivbetten waren frei. Es zeigt sich auch, dass die Krankheit bei jüngeren Menschen wohl überwiegend mild oder auch symptomfrei verläuft. Deshalb ist auch das Alter der Infizierten entscheidend.
Es wird noch eine Weile dauern, bis sich die Sehnsucht vieler Menschen nach echter Normalität erfüllt. Es gilt, vor allem Risikogruppen zu schützen. Die Pandemie darf das Leben in der Stadt aber nicht mehr ganz abwürgen, wie noch im Frühjahr. Es geht um einen ausgewogenen und vernünftigen Kurs, mit möglichst wenig Verboten, sondern Lösungen. Und mit Erklärungen, warum wie entschieden wird. Das ist keine neue Erkenntnis, aber in diesen Corona-Zeiten noch wichtiger als sonst.
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