In dem kleinen Laden "Paulikocht" am Mauerberg in der Augsburger Altstadt herrschte am Mittwoch so ein reger Betrieb, wie ihn sich Geschäftsführerin Anja Licht in der Vergangenheit wohl öfter gewünscht hätte. Ihre Nachricht auf Facebook und Instagram, die sie am Vormittag veröffentlicht hatte, sorgte für Aufsehen. "Mein Herz ist gebrochen", begann die Meldung. Und weiter: "Paulikocht schließt! Ende Mai ist nach sieben Jahren endgültig Schluss." Dabei galt das Projekt von Anja Licht, das 2019 zur Eröffnung ihres eigenen Geschäfts führte, als eine Art Vorzeige-Startup aus Augsburg.
Viel Zeit für Emotionen bleiben der 44-jährigen Augsburgerin am Mittwoch nicht. Die Ladentür geht ständig auf und zu, das Telefon klingelt, immer wieder geht der Server in die Knie, weil so viele Online-Bestellungen eingehen, berichtet Licht. "Wenn der Ausverkauf so weitergeht, ist bis Ende Mai gar nichts mehr da." Anja Licht, die seit ihrer Kindheit "Pauli" genannt wird, verkauft sowohl online als auch in ihrem Geschäft am Mauerberg spezielle Fertiggerichte von Currys bis Gulasch oder Kuchen aus dem Glas. Ihr sogenanntes "Mealprep", das aus natürlichen Zutaten besteht und keine Zusatzstoffe enthält, ist vor allem für Allergiker geeignet. Die Idee dazu wurde vor sieben Jahren geboren, als Licht merkte, wie gut ihre gesunden Rezepte auf Instagram ankamen. Sie begann mit zehn Followern, heute hat sie knapp 10.000.
"Paulikocht" am Augsburger Mauerberg: "Es ging richtig gut los"
Mit einer Crowdfunding-Kampagne mit knapp 600 Unterstützern brachte Anja Licht ihr Geschäftsmodell auf den Weg, verbuchte Erfolg mit ihrer eigenen Gewürzreihe "Gewürzgedöns", das auch in Supermärkten vertrieben wurde. Als sie einen bundesweiten Start-up-Wettbewerb gewann, betrieb sie zunächst ein Jahr lang einen kleinen Laden in München. Nachdem der subventionierte Mietvertrag ausgelaufen war, zog die Augsburgerin, die zuvor im öffentlichen Dienst gearbeitet hatte, im Mai 2019 mit ihrem Laden und dem Onlineshop zurück in ihre Heimatstadt. "Es ging auch richtig gut los am Mauerberg", sagt die Unternehmerin. Doch dann kam das, was sie "unvorhersehbare Stolpersteine" nennt: die Corona-Pandemie mit den Lockdowns und der Ukraine-Krieg mit all seinen wirtschaftlichen Folgen und Ängsten.
Die Menschen würden inzwischen überwiegend nur noch in Discountern einkaufen. "Dabei haben wir unsere Preise nicht erhöht. Solche Auswirkungen kann man nur durchhalten, wenn man einen finanziellen Rückhalt hat." Hinzu komme, dass ihr Laden in Augsburg durch mehrere Baustellen bis Ende des Jahres sozusagen von der Außenwelt abgeschnitten sei. Allein durch die Baustelle in der angrenzenden Jakobervorstadt und dem Wegfall der Parkplätze sei die Kundenfrequenz spürbar zurückgegangen. Sie habe jetzt die Reißleine ziehen müssen und Insolvenz angemeldet.
"Ich bin überzeugt, dass das Konzept zu einem anderen Zeitpunkt funktioniert hätte", sagt Anja Licht, die sich nun nach einer neuen Arbeit umsehen muss. Bis Ende Mai verkauft sie noch ihre Produkte am Mauerberg und tröstet die ein oder andere Kundschaft. "Es kommen Kunden herein, die Tränen in den Augen haben. Manche kamen täglich auf einen Espresso. In dem Stadtteil war ich einfach auch ein Anlaufpunkt."