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Augsburg: Das bayerische Genderverbot sorgt für Kontroversen an Augsburgs Schulen

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Das bayerische Genderverbot sorgt für Kontroversen an Augsburgs Schulen

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    Die sprachlichen Regelungen werden von den Schulen übernommen - Texte auf der Homepage geändert und Elternbriefe angepasst.
    Die sprachlichen Regelungen werden von den Schulen übernommen - Texte auf der Homepage geändert und Elternbriefe angepasst. Foto: Uli Deck, dpa

    Das Genderverbot der bayerischen Staatsregierung wird in Augsburg teils kritisch bewertet. Die Staatsregierung hat jüngst die gendersensible Sprache im Schriftverkehr von Schulen, Hochschulen und Behörden untersagt. Zwar werde das Maria-Theresia-Gymnasium allen Empfehlungen und verbindlichen Regelungen nachkommen. Schulleiterin Katja Bergmann betont aber, dass die Schulen mit "anderen Baustellen" zu kämpfen hätten. Die deutsche Sprache müsse an anderer Stelle geschützt werden. Die Stadt verweist auf ihre kommunale Selbstbestimmung und bleibt bei ihrer eigenen Regelung.

    Per Änderung der Allgemeinen Geschäftsordnung des Freistaats Bayern sind künftig in der dienstlichen Kommunikation Gendersternchen (Schüler*innen), Binnenmajuskel (LehrerInnen), Doppelpunkt (Mitarbeiter:innen) und Gendergap (Bürger_innen) unzulässig. Diese Schreibungen wurden schon bisher nicht in der Stadtverwaltung verwendet, weil sie nicht den amtlichen Regelungen der Rechtschreibung und Grammatik entsprechen. Das hat die Stadt bereits im Februar 2019 in einer internen Anweisung geregelt. Im Leitfaden für die Verwendung geschlechtersensibler Sprache in der Stadtverwaltung ist aber auch geregelt, dass auf die sprachliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen dienstlichen Schreiben zu achten ist. So sind bei Personenbezeichnungen vorzugsweise beide Begriffe, also etwa Kolleginnen und Kollegen, nebeneinander zu verwenden oder durch eine geeignete neutrale Bezeichnung zu ersetzen, etwa Teamleitung statt Teamleiter. "Diese Regelung wurde 2021 überarbeitet und an die Erfordernisse von non-binären Menschen angepasst", so die Gleichstellungsstelle der Stadt auf Anfrage. Oberbürgermeisterin Eva Weber habe sich für eine Duden-konforme Schreibweise entschieden. Ausnahmen wären möglich, insbesondere wenn queere Zielgruppen angesprochen beziehungsweise einbezogen werden sollen. 

    Die Stadt Augsburg hat an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Flyer herausgegeben: Es ist eine Arbeitshilfe für die Verwendung geschlechtersensibler Sprache.
    Die Stadt Augsburg hat an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Flyer herausgegeben: Es ist eine Arbeitshilfe für die Verwendung geschlechtersensibler Sprache. Foto: Bernd Hohlen

    Die Stadt verweist auf den offenen Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder von Anfang Dezember, den die Landesarbeitsgemeinschaft der Bayerischen Gleichstellungsbeauftragten, der auch die Augsburger Gleichstellungsstelle angehört, unterzeichnet hat. Darin wird deutlich gemacht, dass das Verbot inklusiver Sprache dem im Grundgesetz verankerten Diskriminierungsverbot sowie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz widerspreche. Ein Verbot sei ein Rückschritt, da die deutsche Sprache lebendig sei und ein Spiegelbild der sich verändernden demokratischen Gesellschaft, die inkludiere statt ausgrenzen würde. 

    "Rückschritt" und "populistisch": Augsburger Lehrkräft kritisieren Genderverbot

    Am Maria-Theresia-Gymnasium werden alle Regelungen umgesetzt, so Schulleiterin Katja Bergmann. Schritt für Schritt würden Texte auf der Homepage verändert, Elternbriefe angepasst und die Texte im neuen Jahresbericht entsprechend formuliert. Ab April müssten die Lehrkräfte die Regelungen umsetzen und "Falschschreibungen" der Schülerinnen und Schüler anmerken, auch wenn diese nicht in die Note einfließen. "Ich persönlich kann das Genderverbot in der Sprache nicht ernst nehmen - werde aber selbstverständlich für die Umsetzung der Vorgaben sorgen - und so geht es vielen Lehrkräften", sagt Bergmann. Ihrer Meinung nach sollte die deutsche Sprache an anderer Stelle geschützt werden, etwa bei der Radikalisierung von Sprache, Verrohung oder der syntaktischen Reduktion durch Social-Media-Kommunikation. Ihres Erachtens brauche es kein "Innen" mehr für die Emanzipation von Frauen oder jungen Mädchen, aber transidentitäre Menschen, also Personen, die sich nicht mit dem bei ihrer Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren könnten, blieben nun vollkommen außen vor. "Das empfinde ich als Rückschritt. Politische Vielfalts- und Toleranzdebatten sind dann nur schöner Schein." 

    Lehrer Thomas Körner-Wilsdorf, der sich beim Bildungsbündnis Augsburg engagiert, findet das Verbot "populistisch". Sprache werde als "Herrschaftsinstrument" missbraucht. Aus seiner täglichen Arbeit kenne er Schülerinnen und Schüler, die Vornamen und Kleidung wechselten, weil sie mit sich und ihrem sozialen und biologischen Geschlecht noch nicht im Reinen wären. Er wolle auch ihnen höflich und rücksichtsvoll sprachlich entgegentreten. "Es gibt nicht nur männlich und weiblich. Das ist ein beschränktes Weltbild." Mit einer offenen und lebendigen Demokratie habe das Genderverbot wenig zu tun.

    Der Deutsche Lehrerverband begrüßt das Genderverbot

    Der Deutsche Lehrerverband, dessen Präsident der Leiter des Neusässer Gymnasiums, Stefan Düll, ist, begrüßte das Genderverbot hingegen. Düll sagt, im amtlichen Sprachgebrauch gehe es immer auch darum, deutlich zu machen, dass alle Menschen gemeint seien und nicht nur einzelne Gruppen. "Es geht um respektvolle Formulierungen, die damit auch gendersensibel sind, ohne es als solche zu markieren. Auch das Sternchen kann schließlich ausgrenzend verstanden werden", so Düll. Schüler und Schülerinnen könnten sich auch weiterhin ausdrücken, wie sie wollen, bekämen Verstöße gegen Sprachrichtigkeit und Grundsätze der Stilistik aber angestrichen. 

    Die Technische Hochschule Augsburg warte noch auf offizielle Informationen zur Umsetzung des Genderverbots. Solange diese der Hochschule nicht vorliege, werde es auch nicht kommentiert, heißt es aus der Kommunikationsabteilung. Zahlreiche Vertreter und Gruppierungen von Hochschulen und Universitäten hatten sich dem offenen Brief an Ministerpräsident Söder angeschlossen und darin gefordert, dass Schulen, Hochschulen und Verwaltungen die Freiheit überlassen werde, wie sie in ihrer Sprache Gleichbehandlung ausdrücken wollen.

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