Das war das ruhigste Wochenende seit langer Zeit, sagt Claudia Lembert. Sie und ihre Nachbarn seien richtig glücklich. Die Anwohner am Gablinger Weg haben lange Zeit unter den Treffen von Autoliebhabern an der Aral-Tankstelle gelitten, wo zuletzt um die 600 junge Menschen die Nacht hindurch feierten. Laute Musik, aufheulende Motoren, Fehlzündungen: Der Lärm ging teilweise bis halb fünf Uhr morgens. Die Anwohner konnten ihre Grundstücke nicht verlassen, da Besucher Einfahrten und Straße zugeparkt hatten. Vergangenes Wochenende war jedoch Schluss mit dem Spektakel.
Wie berichtet, haben Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma die Situation an der Tankstelle nahe der B17 geregelt. Auf das Gelände durfte nur fahren, wer dort tankte oder einkaufte. Anwohnerin Lembert sagt, dass die Security an der Tankstelle schon vergangenes Jahr das Geschehen eindämmte. "Aber nach wenigen Wochen ging es wieder weiter. Ich bin gespannt, wie lange jetzt die Vorkehrungen erhalten bleiben." Sie sei aber optimistisch.
Treffen der Auto-Szene: Tankstellen-Pächter entschuldigt sich
Tankstellen-Pächter Werner Hager verspricht, Szenen wie vor gut einer Woche werde es an seiner Tankstelle nicht mehr geben. "Wir hatten auch in den vergangenen Wochen Security auf dem Platz, die für Ruhe gesorgt haben", sagt er. An besagtem Wochenende, als die Szene völlig außer Kontrolle geriet, habe man die Lage falsch eingeschätzt. "Der Wetterbericht hat Regen angesagt und wir konnten uns nicht vorstellen, dass die Tuner in größerer Zahl kommen würden", erinnert er sich.
Deshalb war an diesem Wochenende auch keine Security vor Ort. Doch das Wetter wurde überraschend gut und die Szene stürmte die Tankstelle. "Ich muss mich dafür bei unseren Nachbarn entschuldigen", so der Tankstellenpächter.
Aral-Tankstelle: Es soll den ganzen Sommer einen Sicherheitsdienst geben
Für den weiteren Sommer würden die Sicherheitskräfte an den Wochenenden auf dem Gelände eingesetzt. Die Kosten teilt sich die Tankstelle mit der McDonald's Filiale auf dem Gelände, die von dem Problem ebenfalls stark betroffen ist. "Die Szene muss verstehen, dass Raudis hier nicht erwünscht sind", bekräftigt Hager.
Aus diesem Grund fuhr der Sicherheitsdienst am Wochenende eine harte Linie und notierte unter anderem die Nummernschilder aller Autos, die auf das Gelände fuhren. Das sorgte für einigen Unmut bei Kunden, die den Sinn der Aktion hinterfragten. "Was geschieht mit meinen Daten, wer verarbeitet sie und wie lange werden sie gespeichert?", wollte ein Autofahrer wissen, der eigentlich nur etwas im Tankstellen-Shop einkaufen wollte.
Die Daten seien bereits wieder vernichtet worden, sagt dazu Werner Hager. Da man nicht wusste, wie die Szene auf das Aufenthaltsverbot reagieren würde, habe man die Nummernschilder vorsorglich notiert, um Störer leichter identifizieren zu können. "Aber es hat sich herausgestellt, dass alles ruhig geblieben ist. Wir brauchten die Daten nicht mehr", erklärt er. Er gehe davon aus, das an den kommenden Wochenenden wieder der gewohnte Security-Einsatz ausreichen wird.
Die Polizei, die am Wochenende ebenfalls mit vielen Beamten an den Tankstellen unterwegs war, teilte auf Anfrage mit, dass sie die Szene weiterhin im Blick behalten wolle. "Die an der Aral-Tankstelle am Gablinger Weg entstandenen Sicherheitsstörungen werden von der Stadt Augsburg und der Polizei nicht geduldet. Man wird weiterhin unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten abgestimmt gegen derartige Auswüchse – unabhängig von der Örtlichkeit – vorgehen", heißt es von der Pressestelle.
Kontrollen an "Party-Tanke": Tuningszene ist wenig begeistert
Die neue Kontrolle an der Aral-Tankstelle, die über die Grenzen Nordschwabens hinaus einen Ruf als Party-Tanke hat, stößt bei den jungen Frauen und Männern aus der Tuningszene auf wenig Begeisterung. "Meine Freunde und ich haben kein Verständnis für die Sperrung der Tankstelle, wenn man sieht, was in der Maxstraße abgeht", sagt ein 20-jähriger Autofan, der namentlich nicht genannt werden will. "Dort sind sechsmal so viele Menschen unterwegs." Fast jeden Abend haben er und seine Clique sich am Gablinger Weg getroffen. Nun brauchen sie ein Alternativprogramm.
"Wir fahren jetzt an einen See und grillen", sagt er und verspricht: "Aber sobald die Tankstelle wieder für uns anfahrbar ist, sind wir wieder da." Genau dieses Phänomen trat im vergangenen Jahr auf, als der Pächter der Aral vorübergehend Security einsetzte, um die Situation in den Griff zu bekommen. Ein Insider der Tuningszene erzählt.
"Schon im letzten Sommer wanderte die Szene vorübergehend nach Nürnberg und dem Umland ab. Dort gibt es bestimmte Parkhäuser und Parkplätze, wo sich die Autofahrer treffen." Das passiere jetzt auch wieder. In Augsburg selbst habe man keine Ausweichmöglichkeiten, wenn die Polizei die Treffen verhindere, in Nürnberg hingegen schon, erklärt er. Sobald aber niemand mehr was gegen die Treffen an der Tankstelle am Gablinger Weg unternehme, würden die Autoliebhaber wieder Augsburg anpeilen, weiß er aus Erfahrung. Der Mann, der anonym bleiben will, hat die Reaktionen angesichts der gesperrten Tankstelle am Wochenende mitbekommen. "Die Leute waren sauer. Viele kamen von weit her, sogar bis aus Österreich, und mussten wieder fahren."
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Lesen Sie dazu den Kommentar: Augsburgs Auto-Szene sollte Chaoten die Rote Karte zeigen
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