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Augsburg: Corona und Krieg: Wie weit ist Augsburg von der Normalität entfernt?

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Corona und Krieg: Wie weit ist Augsburg von der Normalität entfernt?

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    Im März kamen wieder mehr Menschen in die Augsburger Innenstadt. Der Einzelhandelsverband spricht von einem "leichten Positivtrend".
    Im März kamen wieder mehr Menschen in die Augsburger Innenstadt. Der Einzelhandelsverband spricht von einem "leichten Positivtrend". Foto: Silvio Wyszengrad

    Corona hat das Leben in Augsburg mehr als zwei Jahre lang ausgebremst. Nicht nur wegen der Pandemie sind Menschen verunsichert. Der Krieg in der Ukraine sorgt weltweit für Bestürzung. Weit über 2000 Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, haben in Augsburg eine vorübergehende Bleibe gefunden. Das erste Quartal ist vorüber, Zeit für eine kleine Zwischenbilanz. Wie läuft es? Wann ist wieder mit Normalität in Augsburg zu rechnen? Antworten geben Personen aus Wirtschaft, Handel und Kultur.

    Industrie:Jens Walter ist Regionalgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer. Er sagt: "Die Unternehmen im Wirtschaftsraum Augsburg hatten die Folgen der Corona-Krise zu Beginn des Jahres größtenteils unter Kontrolle." In der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage zeigten sich Industrie und Einzelhandel robust. "Alles in allem war die Wirtschaft verhalten positiv, jedes zweite Unternehmen bewertete die damalige Geschäftslage als gut", so Walter. Dies habe sich mit den immens steigenden Energiepreisen sowie dem Material- und Rohstoffmangel stark geändert – die Unsicherheit in der Wirtschaft sei groß.

    Hohe Energiepreise belasten Augsburger Unternehmen

    Die Sorgen in den Betrieben nehmen jedenfalls zu, sagt der IHK-Vertreter: "Die hohen Energiepreise belasten alle Unternehmen, besonders die energieintensiven Betriebe." Zudem verschärfe der Ukraine-Krieg die Sorgen um einen etwaigen Lieferengpass von Gas, der für viele Unternehmen fatal wäre.

    Staatstheater: Intendant Andre Bücker sagt, das Staatstheater sei noch weit von einem "Normalbetrieb" entfernt. Der Einfluss von Corona habe sich im ersten Quartal durch permanente Umplanungen von Terminen, Umbesetzungen und zahlreiche Vorstellungsausfälle äußerst negativ bemerkbar gemacht: "Positiv war, dass das Staatstheater wieder mehr Publikum einlassen durfte, sodass wir vielen Besuchern, die im Dezember enttäuscht wurden, nun wieder Karten anbieten konnten." Finanziell sei es eine Herausforderung. Der Theaterbetrieb sei immer noch durch Positiv-Tests beim künstlerischen Personal beeinträchtigt. Die Infizierungen führten zu sehr kurzfristigen Absagen von Proben und Vorstellungen, was wiederum massive Einnahmeverluste bedeute.

    Staatstheater gab Benefizkonzerte für die Ukraine

    Emotional belastend sei der Krieg in der Ukraine, sagt der Intendant: "Der Krieg betrifft viele unserer Ensemblemitglieder persönlich und stellt eine große emotionale Belastung dar." Deswegen habe man die Inszenierung "Moskau, Tscherjomuschki" vorläufig vom Spielplan genommen. Andererseits gebe es erfreuliche Momente. Zwei kurzfristig anberaumte Benefizkonzerte waren sehr erfolgreich. Allein das Konzert der Augsburger Philharmoniker ergab einen Spendenerlös von über 13.000 Euro.

    Fuggerei: Die älteste Sozialsiedlung, die im Vorjahr ihr 500-jähriges Bestehen feierte, lebt auch von auswärtigen Gästen, die Eintritt für einen Besuch bezahlen. Sprecherin Astrid Gabler sagt: "Der Tourismus ist im Winter mit den 2G-plus-Maßnahmen in Museen erneut nahezu zum Erliegen gekommen und erholt sich erst langsam seit Mitte März." Die strengen und teils wenig differenzierten Maßnahmen bei Kultureinrichtungen hätten den Besucherströmen im Winter und damit den Einnahmen der Fuggerei einen herben Rückschlag versetzt.

    Neben Zugangsbeschränkungen bremste auch die Maskenpflicht - etwa im Einzelhandel - das öffentliche Leben aus.
    Neben Zugangsbeschränkungen bremste auch die Maskenpflicht - etwa im Einzelhandel - das öffentliche Leben aus. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Krieg in der Ukraine wirke sich ebenfalls auf die Fuggerei aus, sagt die Sprecherin: "Diese Ereignisse sind schrecklich und potenzieren die aktuellen Herausforderungen um ein Vielfaches – bis hin zu den hohen Energiekosten, die vor allem Bedürftigen zusetzen."

    Der Augsburger Textilhandel verzeichnet starke Einbußen

    Handel: Die Stimmung bei Händlerinnen und Händlern sei anfangs schlecht gewesen, sagt Andreas Gärtner vom Einzelhandelsverband. Mit Einführung der 2G-Zugangsbeschränkungen sei ein massiver Umsatz- und Frequenzeinbruch einhergegangen. "Im Branchenschnitt verlor der stationäre Textilhandel im Dezember und Januar zwischen 20 und 40 Prozent seines Umsatzes im Vergleich zum Jahr 2019, dem Jahr vor Corona", so Gärtner.

    Positiv stimme die Entwicklung im März. "Hier ist trotz des Ukraine-Kriegs ein leichter Positivtrend auszumachen, der sich sicherlich im Verlauf des Frühjahres verfestigen wird", meint Gärtner. Eine deutliche Zunahme der Frequenzen und ein Wiederkehren der Kauflaune seien erst mit dem Abklingen der Infektionswelle und mit der Beendigung des Ukraine-Kriegs zu erwarten, so Gärtner.

    Die Welt ist in großer Unruhe. Am Freitag war in Augsburg ein Weltfriedensgebet. Der Krieg in der Ukraine bestürzt viele Menschen in Augsburg.
    Die Welt ist in großer Unruhe. Am Freitag war in Augsburg ein Weltfriedensgebet. Der Krieg in der Ukraine bestürzt viele Menschen in Augsburg. Foto: Silvio Wyszengrad

    Gewerkschaften: Die Sorgen von Beschäftigten wachsen ebenfalls. Dies sagt Angela Steinecker, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall: "Bis Ende Februar gab es Erfolg versprechende positive Meldungen aus der überwiegenden Anzahl der von uns betreuten Betriebe." Der Chipmangel führte aber in einigen Betrieben dazu, dass nicht alle Aufträge abgearbeitet werden konnten.

    Der Krieg wirke sich ebenfalls aus, so Angela Steinecker: "Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Verfügbarkeit von Vorprodukten teilweise verschlechtert. Alle Betriebe spürten die deutlich höheren Preise bei Vorprodukten und vor allem bei Energiekosten.

    Gestörte Lieferketten machen Augsburger Handwerk zu schaffen

    Handwerk: Die heimischen Betriebe kamen bislang vergleichsweise gut durch die Pandemie. Die Lage sei dennoch angespannt, sagt Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer: " Der Start in das Jahr 2022 verlief für das Handwerk bereits vor dem Ukraine-Krieg etwas holprig, der Aufschwung legte einmal mehr eine Pause ein." Die anhaltenden Corona-Beschränkungen führten in den konsumabhängigen Branchen wie Friseuren weiterhin zu teils drastischen Umsatzeinbußen. Bau- und Ausbauhandwerke hätten sich zunächst über volle Auftragsbücher gefreut. Gestörte Lieferketten führten nun allerdings zu Materialengpässen.

    Zwischenzeitlich werde die Skepsis größer, ergänzt Wagner: "Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und den noch immer sehr hohen Corona-Infektionszahlen haben sich die ursprünglich geäußerten Erwartungen des Handwerks auf eine baldige und kräftige Konjunkturerholung weitgehend in Luft aufgelöst." Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit sei es, die den Handwerksbetrieben zu schaffen mache.

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