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Augsburg: Corona-Stress führt bei Schülern in Augsburg zu psychischen Problemen

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Corona-Stress führt bei Schülern in Augsburg zu psychischen Problemen

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    Schulstress und Leistungsdruck können zu depressiven Stimmungen führen.
    Schulstress und Leistungsdruck können zu depressiven Stimmungen führen. Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild)

    Auch ohne Corona ist die Schulzeit oft eine fordernde Zeit für junge Menschen. Die Pubertät bringt alles durcheinander, Grenzen werden ausgetestet und so manche Lebenskrise ist zu meistern. Schülerinnen und Schüler müssen während ihrer Schullaufbahn mit Leistungsdruck umgehen, sich mit Mitschülern und Lehrern auseinandersetzen. Die

    Allein im Schuljahr 2020/2021 beriet Mira Glückler 37 psychisch belastete junge Menschen: 13 hatten psychische Probleme, sechs Schülerinnen und Schüler hatten Schlafstörungen, sieben Personen waren aufgrund ihres Rückzugsverhaltens dort, drei Personen wegen Suchtverhaltens und eine Person aufgrund von Suizid-Äußerungen. Im ersten Halbjahr waren es dieses Schuljahr schon über 20 junge Menschen, die ihre Hilfe in Anspruch nahmen. Von den 23 Schülern waren zehn aus der Unterstufe, sieben aus der Mittelstufe und sechs aus der Oberstufe. Themen waren unter anderem Einsamkeit, depressive Stimmungen, Leistungsdruck. Wer das Gespräch mit der Diplom-Pädagogin sucht, will eine "dritte Meinung" hören – abseits von Eltern oder Lehrern, so Schülersprecherin Lara Akkaya. Wer die Sprechstunde besucht, hat das womöglich in vielen Fällen aber auch einem aufmerksamen Lehrer oder einer Lehrerin zu verdanken.

    Das Unterrichtsprogramm in den Schulen hat angezogen

    Beweggründe, warum Schülerinnen und Schüler einmal therapeutische Hilfe benötigen, gibt es viele. Leistungsdruck und Prüfungsangst gehören dazu. Schülersprecher Emil Winklharrer berichtet, wie Corona diese Ängste verschärft hat. "Anfang dieses Schuljahres gab es noch eine gewisse Schonphase, doch dann hat es ganz schön angezogen. Die Lehrer müssen ihr Programm durchziehen", sagt er. Zwei Schulaufgaben pro Woche waren in den vergangenen Monaten keine Seltenheit. "Riesige Lücken" hätten sich bei manchem Schüler nach den vergangenen zwei Jahren, in denen es immer wieder lange Homeschooling- und Wechselunterricht-Phasen gab, aufgetan.

    Diplom-Pädagogin Glückler weiß, dass viele Mädchen und Jungen durch die entstandenen Lücken zunehmend in Stress gerieten. Sie würden tagein und tagaus lernen. "Doch um diese Lücken wieder schließen zu können, ist eine gute Lern- und Pausenkultur wichtig", sagt sie. Dazu müssten die Schüler ausreichend schlafen, essen und trinken, bewusste Pausen einplanen, abends Feierabend machen, um noch Zeit für Entspannung zu finden. Das Gehirn brauche Pausen, um Gelerntes abzuspeichern, die Psyche brauche schöne Erlebnisse und Sozialkontakte, um gesund und zufrieden zu sein. Glückler: "Und wenn es dann auch noch gelingt, sich in den Pausen nicht nur mit dem Handy zu beschäftigen, sondern rauszugehen, Freunde zu treffen, gute Gespräche mit vertrauten Menschen zu führen oder etwas anderes mit allen Sinnen zu erleben, das einem gerade gut tut und Kraft und Freude schenkt – dann ist schon viel gewonnen."

    Lehrer sind nicht "auf dem Ego-Trip"

    Thomas Körner-Wilsdorf, Mitarbeiter im Direktorat des Holbein-Gymnasiums, betont, dass die Corona-Monate auch für die Lehrer nicht "lustig" gewesen wären. Nun müssten sie ihren Stoff durchbringen. Das sei dann kein "Ego-Trip der Lehrer", sie müssten schlicht den Lehrplan einhalten. "Lediglich die Abiturienten haben einen kleinen Corona-Nachlass erhalten", sagt er. Am Holbein-Gymnasium hätten sich Eltern und die Lehrerschaft schon seit 2008 auf die Beine gestellt, um Schülern eine Beratung bei psychischen Belastungen anbieten zu können. Zunächst wurde sie über Spenden finanziert, später beteiligte sich das Bildungsreferat daran, bis schließlich das Sozialreferat die Kosten übernahm.

    Jutta Fiener, sozialpolitische Sprecherin der Sozialfraktion, setzt sich für mehr psycho-soziale Unterstützung für junge Menschen ein. Die Stadtverwaltung solle zeitnah unter Einbezug von regionalen Akteuren ein Konzept erarbeiten, das niedrigschwellige Maßnahmen zur Prävention von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen aufzeige, forderte sie erst in einem Antrag. Kinder und Jugendliche sollten über psychische Erkrankungen und Suizidalität aufgeklärt und vorhandene Hilfsangebote vermittelt werden. "Bevor etwas passiert", so Fiener. Ein wichtiger Baustein sei dafür ein übersichtliches Internetportal für die Zielgruppe.

    Psychisch belastete Jugendliche gab es schon vor Corona immer mehr

    Dass für viele junge Menschen die Pandemie eine traumatische Situation darstelle, weiß auch Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU). "Daher ist es für uns als Jugendhilfe besonders wichtig zu erkennen, dass wir stabilisieren müssen. Das heißt, die vielen bestehenden Angebote müssen aufrechterhalten oder ausgebaut werden." Die Ausgangssituation habe sich bereits vor Corona so dargestellt. Die Zahl der psychisch belasteten Kinder und Jugendlichen habe vor allem an Realschulen und Gymnasien von Jahr zu Jahr zugenommen und so habe sich in Augsburg der Arbeitskreis "Suizidprävention" gegründet, teilt der Sozialreferent mit.

    Diplom-Pädagogin Mira Glückler (Mitte) im Gespräch mit den Schülersprechern Emil Winklharrer (links) und Lara Akkaya.
    Diplom-Pädagogin Mira Glückler (Mitte) im Gespräch mit den Schülersprechern Emil Winklharrer (links) und Lara Akkaya. Foto: Peter Fastl

    Das Pilotprojekt "Sozialpädagogische Beratung bei psychischen Belastungen an weiterführenden Schulen" am Holbein-Gymnasium bestehe seit September 2020 und laufe bis Ende 2022. Im Rahmen des Corona-Unterstützungsprogramms der Stadt Augsburg sei derzeit ein Konzept in Planung, das auf Grundlage dieses Projekts ein neues Angebot in Verbindung mit Erziehungsberatungsstellen, Schulpsychologen und Jugendsozialarbeit an Schulen für psychisch belastete Kinder und Jugendliche schaffen soll.

    Daneben gebe es zahlreiche weitere Unterstützungsansätze, führt Jugendamtsleiter Joachim Herz aus. So wurden unter anderem Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit ausgeweitet: Die Jugendsozialarbeit an Schulen wurde ausgebaut, in allen vier Erziehungsberatungsstellen wurde die aufsuchende Erziehungsberatung etabliert. Eine Umfrage mit Kindern und Jugendlichen zum Thema Corona wurde zudem entwickelt und wird in Kürze umgesetzt.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. In "Augsburg, meine Stadt" spricht eine Augsburgerin über ihre Long-Covid-Erkrankung – und über den mühsamen Weg zurück in ein normales Leben.

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