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Augsburg: Corona, Energiekrise, Preisexplosion: Kommt auf Augsburg ein "Wutwinter" zu?

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Corona, Energiekrise, Preisexplosion: Kommt auf Augsburg ein "Wutwinter" zu?

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    Im vergangenen Winter wurde Augsburg Schauplatz großer Demonstrationen. Ging es damals vor allem um Corona-Maßnahmen, könnten sich kommende Kundgebungen vor allem gegen hohe Energiepreise richten.
    Im vergangenen Winter wurde Augsburg Schauplatz großer Demonstrationen. Ging es damals vor allem um Corona-Maßnahmen, könnten sich kommende Kundgebungen vor allem gegen hohe Energiepreise richten. Foto: Klaus R. Krieger (Archiv)

    Montagabend, 18 Uhr. Deutschlandweit sind große Demonstrationen angekündigt, auf dem Augsburger Königsplatz steht ein halbes Dutzend Menschen. Sie haben ein Banner und einen Klapptisch aufgebaut. "Weg mit der Gasumlage" ist das Thema der Kundgebung, die aus dem linken Spektrum kommt. Die Redner wettern gegen den Ukrainekrieg, schimpfen wegen "horrender" Benzin- und Energiepreise. Die Entlastungspakete der Bundesregierung seien "nur eine Dämpfung gegen den Wutherbst", ruft ein Mann am Mikrofon. "Es braucht jetzt aktiven Volkswiderstand, eine Massenbewegung." Davon ist man an diesem Montagabend noch weit entfernt, die Aufmerksamkeit ringsherum hält sich in Grenzen. Doch vieles deutet darauf hin, dass sich dies ändern wird.

    Schon vor Beginn der Energiekrise nahm die Zahl der Demonstrationen in Augsburg deutlich zu – vor allem seit Beginn der Pandemie. Während die Polizei in der Stadt zwischen 2016 und 2019 etwa 200 bis 350 Versammlungen jährlich betreute, stieg die Zahl 2020 auf gut 650 an. 2021 waren es etwa 500. Die Zahl bewegt sich nach Angaben eines Sprechers auch in diesem Jahr auf hohem Niveau. Diese Einschätzung deckt sich mit den Erfahrungen der Stadt. "Die Motivation vieler Menschen, ihre grundrechtlich geschützte Meinungskundgabe in Form von Versammlungen zu äußern, hat in ganz erheblichem Umfang zugenommen", sagte Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) bereits im Frühsommer. Grundsätzlich sei eine "erhöhte Polarisierung in unserer Gesellschaft" zu beobachten.

    Augsburger Corona-Demonstrationen thematisieren auch Energiethemen

    Lange waren die Themen der Demos in Augsburg ziemlich diffus, von Gesundheit und Corona über Friedenspolitik und Klimaschutz bis hin zu Religion und Weltanschauung. Inzwischen zeichnen sich aber teilweise inhaltliche Überschneidungen ab. So thematisierte etwa das "Bürgerforum Schwaben", das sogenannte "mehrere tausend Menschen auf die Straße brachte, zuletzt immer häufiger gestiegene Energiepreise. "Corona war der Beginn, mit Energie geht es weiter und mit dem Klima bleibt man dran", heißt es im sozialen Netzwerk Telegram. Kurz zuvor hieß es in einem Beitrag: "Wie leer muss der Geldbeutel des einzelnen Bürgers noch werden, dass man endlich aufsteht, sich erhebt und etwas dagegen tut?" Das Bürgerforum betont öffentlich immer wieder, für friedlichen Protest einzustehen.

    In Leipzig nahmen am Montag gut 2000 Menschen an einer Linken-Demo unter dem Motto "Heißer Herbst gegen soziale Kälte" teil, eine Parallel-Kundgebung rechter Gruppierungen hatte rund 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Kommt es auch in Augsburg zu stärkeren Protesten? Frederik Hintermayr, für die Linke im Stadtrat und beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Schwaben tätig, geht davon aus. "Augsburg ist die ärmste Stadt Bayerns – da würde es nicht überraschen, wenn die Menschen hier noch mal mehr für ein bezahlbares Leben auf die Straßen gehen", sagt Hintermayr. Es gebe bereits Überlegungen, Demonstrationen und Aktionstage zu organisieren. Dabei sei besonders wichtig, sich abzugrenzen. "Das Mobilisierungpotenzial ist sehr groß, weil ja alle Menschen unter den gestiegenen Preisen leiden. Die Gefahr, dass Rechtsextreme und Verschwörungsgläubige die Situation für sich nutzen wollen, ist sehr groß."

    Polizei: Bislang keine Radikalisierung von Protestbewegungen feststellbar

    Für den Rahmen der Kundgebungen ist als Versammlungsbehörde die Stadt Augsburg zuständig. Auch dort blickt man aufmerksam auf die Entwicklungen. Andreas Bleymaier, Leiter der Ordnungsbehörde, erklärt, man verfolge fortlaufend das politische und gesellschaftliche Geschehen. "Insbesondere versammlungsrelevante Themen wie die Corona-Pandemie, die Entwicklung zur Energieversorgung sowie die aktuellen Preisentwicklungen stehen hierbei im Fokus und werden im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Versammlungen gewürdigt", so Bleymaier. Aktuell lägen jedoch keine konkreten Hinweise zu einem erhöhten Versammlungsaufkommen in den kommenden Wochen oder Monaten vor. "Sollte sich ein solches Demonstrationsgeschehen abzeichnen, wird die Stadt in Zusammenarbeit mit den beteiligten Behörden frühzeitig präventiv tätig.“

    Mit "beteiligten Behörden" ist vor allem die Polizei gemeint. "Wie sich das Demonstrationsgeschehen in Augsburg entwickelt, hängt von mehreren Faktoren ab und ist aus polizeilicher Sicht schwer einschätzbar", erklärt ein Sprecher auf Nachfrage. Aktuell sei ein Rückgang der Versammlungen aber "schwer vorstellbar". Bei regionalen Protestbewegungen sei bislang keine Radikalisierung festzustellen. "Sollte eine Demonstration Potenzial für Spannungen haben, ist die Polizei mit einem entsprechend hohen Kräfteansatz vor Ort vertreten."

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