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Augsburg: Bombendrohung im Rathaus wirbelt Hochzeiten durcheinander

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Bombendrohung im Rathaus wirbelt Hochzeiten durcheinander

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    Weil eine Bombendrohung eingegangen ist, hat die Polizei das Augsburger Rathaus abgesperrt.
    Weil eine Bombendrohung eingegangen ist, hat die Polizei das Augsburger Rathaus abgesperrt. Foto: Annette Zoepf

    Trotzdem lacht die Braut: „Dass Corona unsere Hochzeit durcheinandergebracht hat, ist klar. Aber mit einer Bombendrohung haben wir nicht gerechnet.“ Was war passiert? Bei der Stadt Augsburg ist in der Nacht auf Freitag eine Bombendrohung für das Rathaus eingegangen. Die Polizei lässt kurz nach neun Uhr morgens das Gebäude räumen, der Nahbereich wird für Passanten, Verkehr und Straßenbahn abgesperrt. Vor Ort sind vor allem Hochzeitspaare, die sich ihren Tag der Trauung anders vorgestellt haben, und ein paar Passanten.

    Per Mail: Bombendrohung im Rathaus

    Am Freitagvormittag werde im zweiten Stock des Rathauses eine Bombe hochgehen – damit hat nach Informationen unserer Redaktion ein Unbekannter gedroht. Die anonyme Mail wurde an die Bürgerinformation der Stadt geschickt. „Die Mail war sehr konkret“, berichtet Oberbürgermeisterin Eva Weber. Sie macht sich vor Ort ein Bild der Lage, spricht mit der Polizei, mit Hochzeitspaaren und dem Standesbeamten, die am Rathausplatz stehen. Freitag nämlich ist der Tag der Trauungen im Augsburger Rathaus. Doch statt der Hochzeitsgesellschaften betreten am Vormittag Polizeibeamte mit zwei Sprengstoffspürhunden das Gebäude.

    Rund 30 Beamte sind im Einsatz. „Wir gehen auf Nummer sicher. Wir wären schlecht beraten, so etwas auf die leichte Schulter zu nehmen“, sagt Polizeisprecher Michael Jakob. Die Situation wirkt skurril an diesem Freitagvormittag rund um den Augustusbrunnen. Neben dem großen Polizeiaufgebot erledigen Schausteller die letzten Handgriffe an ihren Fahrgeschäften. Denn ab Freitagnachmittag startet auf dem Rathausplatz ein Mini-Volksfest unter anderem mit dem Plärrer-Kettenkarussell. In dem ganzen Trubel warten die Brautpaare und ihre Angehörigen ratlos vor dem weiß-roten Absperrband der Polizei. Acht Trauungen sind an diesem Tag im Rathaus geplant.

    OB Eva Weber stellte Brautpaaren ihr Besprechungszimmer zur Verfügung

    Standesbeamter Robert Brümmer wirkt aufgeregt. So etwas habe er in seinem Beruf noch nicht erlebt. Oberbürgermeisterin Eva Weber stellt ihm und den Hochzeitspaaren kurzerhand ihr Beratungszimmer im benachbarten Verwaltungsgebäude zur Verfügung. Sie selbst will am Nachmittag um 14 Uhr ebenfalls ein Paar trauen.

    „Hoffentlich ist bis dahin alles vorbei“, meint Weber, die die wartenden Hochzeitsgesellschaften beruhigt und sich mit ihnen gemeinsam fotografieren lässt. Solche ungewöhnlichen Momente wollen schließlich festgehalten werden. Auch Hanna Schneider wird ihren Hochzeitstag allein wegen der Bombendrohung wohl nicht so schnell vergessen. Als sie erfährt, dass sie nicht im Rathaus heiraten kann, verliert sie die Fassung.

    Erst fließen Tränen, dann startet das Kettenkarussell unerwartet

    Bei der Braut in dem langen weißen Kleid fließen die Tränen. Aber nur kurz. Als die 28-Jährige wenig später mit ihrem Mann Alexander frischvermählt aus dem Verwaltungsgebäude kommt, ist der Kummer längst vergessen. Beide strahlen um die Wetter, mit Sekt stoßen sie mit Familie und Freunden an. „Klar war ich etwas enttäuscht, weil wir extra den Goldenen Saal gebucht hatten“, sagt Hanna Schneider. „Aber wir lassen uns unsere gute Laune nicht verderben.“ Nach rund eineinhalb Stunden gibt die Polizei Entwarnung. Im Rathaus wurde kein Sprengstoff gefunden.

    Wer hinter der anonymen Drohung steckt, ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Ob es einen Zusammenhang mit dem Vorfall von Donnerstagabend gibt? Rund 20 Aktivisten der „Fridays for Future“-Bewegung hatten an diesem Abend laut Polizei versucht, ohne Erlaubnis ins Augsburger Rathaus einzudringen. Sie wollten dort offenbar ein Protest-Plakat anbringen. Etliche Polizeikräfte rückten an. Laut Polizeisprecher Michael Jakob gibt es bislang keine Erkenntnisse, dass zwischen dem Vorfall und der Bombendrohung ein Zusammenhang besteht. „Das wären jetzt nur Spekulationen.“

    In weiteren Städten Bombendrohungen

    Zwischenzeitlich wurde nach Angaben der Polizei bekannt, dass neben der Stadtverwaltung Augsburg noch in weiteren Rathäusern entsprechende Drohschreiben eingingen. So kam es im Laufe des Vormittags auch in Mannheim, Essen und Leipzig zu vergleichbaren Polizeieinsätzen. Die Kripo Augsburg hat die Ermittlungen zum Verfasser des Schreibens sowie zu den Hintergründen der Tat übernommen und steht im Austausch mit den betroffenen Polizeidienststellen im Bundesgebiet.

    Bereits im März 2019 kam es am Augsburger Rathaus zu einem gleichgelagerten Einsatz, als ebenfalls per E-Mail eine Bombendrohung in der Stadtverwaltung einging. Auch in diesem Fall gingen nahezu zeitgleich Drohungen bei mehreren Stadtverwaltungen im Bundesgebiet ein. Inwieweit diese Serie im Zusammenhang mit der heutigen steht, kann laut Polizei aktuell nicht beantwortet werden.

    Das Brautpaar Hanna und Alexander Schneider jedenfalls erlebt am Freitag nicht seine letzte Überraschung.

    Hanna und Alexander Schneider dürfen nach der ungewöhnlichen Trauung im Kettenkarussell abheben.
    Hanna und Alexander Schneider dürfen nach der ungewöhnlichen Trauung im Kettenkarussell abheben. Foto: Annette Zoepf

    Die nächste folgt, als sie sich in das Kettenkarussell setzen. Der Fotograf soll das schöne Motiv festhalten. In diesem Moment erlaubt sich Karussellbetreiber Rudi Eberhard einen Scherz. Für alle unerwartet startet er das Karussell. Das Ehepaar hebt unter dem Gejohle und Geklatsche seiner Familie und Freunde in den Himmel ab. Danach nimmt sie ein Polizeibeamter spaßeshalber fest und legt ihnen Handschellen an. Es ist viel los an diesem Freitag auf dem Augsburger Rathausplatz.

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    Am Freitagmorgen ist das Augsburger Rathaus wegen einer Bombendrohung geräumt worden. Die Polizei riegelte den Rathausplatz ab und durchsuchte das Gebäude.
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