Der Wohnraum in der Region Augsburg ist knapp. Und teuer. Wer eine nicht allzu hohe Miete bezahlt, kann sich glücklich schätzen. Schlimm, wenn er dann mit illegalen Tricks rücksichtslos aus seinen vier Wänden gedrängt wird. Ein Betrugsprozess vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Beate Christ zeigt, mit welch unsauberen Methoden vereinzelte Immobilienbesitzer arbeiten, um höhere Mieten abzusahnen.
Der Hintergrund: Mietverhältnisse mit unbefristeten Laufzeiten können nur dann gekündigt werden, wenn die Mieter entweder lange Zeit ihre Miete nicht bezahlen oder der Besitzer Eigenbedarf anmeldet. Also, wenn er selbst oder ein naher Angehöriger in die Wohnung ziehen will.
In dem Prozess geht es um drei Wohnungen in Augsburg-Bärenkeller, Lauingen und Königsbrunn, die der 54-jährige Geschäftsführer einer Beratungsfirma ab 2017 aufgekauft hatte. Mieter lebten darin teils seit Jahrzehnten zu relativ geringen Mieten. Weil die Mieter es ablehnten, höhere Mieten zu bezahlen, täuschte der Besitzer, so die Anklage, Eigenbedarf vor. Das funktionierte so: Er lockte eine überschuldete Familie aus Landsberg (Vater, Mutter und Sohn) mit der Aussicht auf ein finanzielles Plus und band das Trio quasi als Strohleute in sein unlauteres Geschäftsmodell ein.
Prozess am Augsburger Amtsgericht: Illegale Tricks für höhere Miete
Die Wohnung im Bärenkeller, die er selbst für 116.000 Euro erstanden hatte, verkaufte er mit erheblichem Gewinn an die Landsberger Familie für 270.000 Euro weiter. Der Mieter, der seit 1991 darin lebte, zahlte bis dahin eine Monatsmiete von 364 Euro inklusive Nebenkosten. Die neuen Besitzer – das Ehepaar aus Landsberg – spiegelten dem Mieter nun vor, der Sohn wolle in die Wohnung ziehen. Der Mieter musste daraufhin im März 2019 ausziehen. Tatsächlich zog aber nicht der Sohn, sondern ein anderer Mieter in die Bärenkeller Wohnung ein. Der zahlte immerhin 795 Euro im Monat – also mehr als das Doppelte des Vormieters.
Die gleiche Masche in Lauingen. In diesem Fall verkaufte der Berater die Wohnung an den Sohn der Familie – wiederum mit Gewinn. Der Sohn täuschte Eigenbedarf vor, sodass der langjährige Mieter auszog. Tatsächlich vermietete der Sohn die Wohnung weiter und kassierte fortan mit einer Monatsmiete von 786 Euro ebenso mehr als das Doppelte der Miete des geprellten Vormieters. In Königsbrunn das gleiche Spiel. Der Berater kündigte einer Frau eine Wohnung, für die sie 390 Euro zahlte. Sein Sohn werde einziehen, log der Berater. Die Frau zog aus, ein neuer Mieter ein und blätterte einen Mietzins von nunmehr 805 Euro auf den Tisch.
Der Prozess vor dem Schöffengericht geht relativ rasch über die Bühne. Der mutmaßliche Drahtzieher, der Berater (Verteidiger: Michael Weiss), ist kurz vorher schwer erkrankt und fehlt. Sein Verfahren wird abgetrennt. Die drei anderen Angeklagten – Vater, Mutter und Sohn – legen über ihre Anwälte Luigi Carta, Stefan Pfalzgraf und Frank Thaler Geständnisse ab, nachdem es zu einer Verständigung hinter verschlossenen Türen mit Gericht und Staatsanwalt Stefan Grunow gekommen war.
Verurteilte Immobilienbesitzer drängten Mieter aus ihren Wohnungen
In ihren Plädoyers sind sich Staatsanwalt und Verteidiger einig, dass die Familie in ihrer prekären finanziellen Lage den Machenschaften des Beraters, der die Fäden stets in der Hand hielt, naiv vertraut haben. Aufgrund von Krediten haben die Eltern nun 300.000 Euro Schulden, der Sohn 200.000 Euro, allein die Zinsen dafür übersteigen die Mieteinnahmen.
Das Schöffengericht verurteilt die Angeklagten allesamt wegen Betrugs zu Bewährungsstrafen von zehn Monaten für den Ehemann, sechs Monaten für seine Frau und zwölf Monaten für den Sohn, der in zwei der angeklagten Fälle involviert war. Die Angeklagten hätten den Mietern nicht nur finanziellen Schaden zugefügt, sie hätten ihnen auch ihre Bleibe, ihr Zuhause genommen, weist Richterin Christ auch auf die emotionale Seite des Falles hin.
Alle drei müssen neben Geldauflagen Wertersatz von jeweils über 5000 Euro leisten. Der mutmaßliche Drahtzieher hat bereits bei einem Täter-Opfer-Ausgleich selbst 15.000 Euro Schadensersatz an den ehemaligen Mieter im Bärenkeller bezahlt, sowie 9000 Euro an den Geschädigten in Lauingen. Der Wertersatz, also der Schaden, den die ehemaligen Mieter ersetzt bekommen, wird mit der Differenz von alter und neuer Miete – also dem Gewinn - für einen Zeitraum von 42 Monaten berechnet. Im Fall Bärenkeller beträgt der Schaden 20.500 Euro, im Lauinger Fall 14.200 Euro. Wertersatz und Täter-Opfer-Ausgleich werden miteinander aufgerechnet. Der Fall Königsbrunn betrifft nur den angeklagten Berater, der sich in einem neuen Prozess verantworten muss.