Diese Augsburger Kneipe ist ein Original und ihr Ruf eilt ihr voraus. Selbst diejenigen, die noch nie dort waren, wissen, wo sie sich befindet. Die Rede ist von der Kneipe „Zur Brez’n“. Volltrunkene haben dort früher genauso verkehrt wie Menschen aus dem Rotlichtmilieu. Besucher gerieten im Streit aneinander, dass nur noch die Polizei schlichten konnte. Ein bekannter Augsburger, der auch mit dem FC Augsburg zu tun hat, hat die Kneipe nun übernommen und hat mit ihr viel vor.
Das Lokal liegt nur einen Steinwurf vom Königsplatz entfernt – in dem Gässchen Barthshof, parallel zur Zeuggasse. Hier scheint die Zeit ein wenig stehen geblieben zu sein. Ein Tischkicker steht direkt neben dem Eingang, zwei Spielautomaten hängen an der Wand. An die Decke sind leere Champagnerkartons geheftet. Beim Eintreten fällt der Blick aber unweigerlich zunächst auf die lange Bar, an der zahlreiche Besucher Platz finden. In der Vergangenheit sei die Kneipe teilweise von Drogensüchtigen und Alkoholkranken für sich in Anspruch genommen worden, erzählt Christian Korte. Deshalb habe sie längst ihren Ruf weg – aber das sei lange vorbei.
Augsburger Kneipe: So wurde die "Brez'n" zur Herzensangelegenheit
Seit drei Jahren besucht Christian Korte die Kneipe regelmäßig, für ihn ist sie zu einer Herzensangelegenheit geworden. Als die Pächterin ihn im Februar fragte, ob er sie übernehmen wolle, dachte er nicht lange darüber nach. „Ich wollte schon immer eine Kneipe haben“, sagt der 53-Jährige, den alle nur Chris nennen. Der Augsburger sei von jeher ein Nachtschwärmer gewesen – ein Gastronom war er aber bislang nicht.
Christian Korte war 33 Jahre bei der Augsburger Firma UPM beschäftigt. „20 Jahre davon habe ich als Betriebsrat viele verschiedene Ämter wahrgenommen“, erzählt Korte. Die Arbeit bei dem Papierkonzern habe ihm immer gefallen, aber im vergangenen Jahr wollte er sich eine neue Herausforderung suchen und hing seinen Job an den Nagel. Für ihn war die Zeit gekommen, etwas anderes neben seinem Engagement beim FC Augsburg auszuprobieren. Dort ist er seit über 15 Jahren aktiv. „Ich habe 2001 Walther Seinsch kennengelernt. Wir haben uns angefreundet und viel Zeit zusammen verbracht“, erzählt er. Der ehemalige FCA-Präsident habe ihn schnell in die Geschehnisse rund um den Verein involviert, so Korte. „Als der Profifußball-Spielbetrieb ausgegliedert wurde, war ich von 2006 bis 2016 im Aufsichtsrat.“
In dieser Zeit wurde unter seiner Regie die Frauenabteilung gegründet. Korte kümmerte sich um Finanzierung und Sponsoring, war Ansprechpartner für jedermann. Nun ist er im Ehrenrat tätig und hat allein durch seine Vereinsarbeit viele Kontakte gesammelt. „Ich bin ein Netzwerker“, sagt Christian Korte von sich selber.
"Brez'n" in Augsburg: Der neue Chef will alle zusammenbringen
In seiner Brez’n will er bald alle zusammenbringen. Von der FCA-Führungsriege bis zum Fan, vom Geschäftsmann bis zum Hartz-IV-Empfänger, so Korte. „Ich liebe das Reisen und bin ein alter Englandfahrer. Im Pub treffen sich dort Menschen jeglicher Couleur. So soll das in der Brez’n auch werden.“ Bereits in den vergangenen Jahren habe sich das Publikum in der Eckkneipe verändert. „Es kommen vermehrt junge Leute“, sagt Korte, der dort seit Jahren auflegt. „Bei meinen 80er- und 90er-Abenden drehen alle durch“, sagt der neue Wirt.
Er würde gerne sofort in seinem Lokal loslegen – kann aber nicht. Eine Woche, bevor aufgrund des Coronavirus Restaurants, Bars und Kneipen schließen mussten, unterschrieb er seinen Vertrag. Jetzt dürfen kommende Woche Biergärten und eine Woche später Restaurants wieder öffnen. Wann Bars und Kneipen wieder aufmachen dürfen, ist allerdings noch nicht bekannt. „Ich rechne nicht vor Oktober damit“, sagt Christian Korte. Bis dahin will er die Zeit nutzen und den Betrieb vorbereiten. „Den Charme der Brez’n will ich nicht verändern. Der Barbereich bleibt so, vielleicht kommen einmal andere Bilder hin“, sagt er.
FCA-Fans, wie unter anderem auch die Ultras, besuchen die Kneipe gerne. „Mitglieder der Ultras werden dort eine Wand neu streichen.“ Korte will eine kleine Bühne in der Kneipe einrichten. „Es soll regelmäßig Livemusik geben. Nachwuchskünstler sollen hier eine Chance erhalten“, sagt er. Es soll Mottotage und DJ-Musik geben. „Irgendwann will ich auch einmal Fußball zeigen, aber das kostet ganz schön was. Deshalb werde ich damit erst einmal abwarten.“
Christian Korte ist voller Aufbruchsstimmung. Er freut sich auf den Tag, an dem er seine Gäste in der Brez’n begrüßen darf, auch wenn es noch dauern sollte .
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