Der Aus- oder Neubau der Bahnstrecke Augsburg–Ulm, im Umland und dem Stadtteil Bärenkeller ohnehin umstritten, wird nun nochmal komplexer: Wie eine vertiefte Untersuchung der Deutschen Bahn (DB) ergeben hat, müssen auch die Bahnhöfe in Augsburg und Ulm/Neu-Ulm angepasst oder umgebaut werden. Speziell die Bahnanlagen im Augsburger Stadtgebiet wären mehr Zügen nicht gewachsen. Die Kosten allein für die Zusatzmaßnahmen werden in die Millionen gehen, die der Bund tragen müsste.
Wie die Bahn jetzt bekannt gab, müssen zu ohnehin schon geplanten Maßnahmen – im Zentrum stehen ein digitales Stellwerk sowie ein Überholgleis – vermutlich zusätzliche Gleise zwischen Augsburg-Oberhausen und Gersthofen gebaut werden. Auch ein Brückenbauwerk im Bereich der Hirblinger Straße, wo die Ulmer Strecke vom Hauptstrang abzweigt, muss erneuert werden, sodass es zwei statt eines Gleises trägt. Laut Bahn wird aber auch das voraussichtlich nicht reichen, um speziell mit der steigenden Masse an Güterzügen zurechtzukommen. Hier müsse man womöglich auch außerhalb von Augsburg ansetzen.
Hauptbahnhof-Umbau nötig: Mehr Züge werden durch Augsburg fahren
Die Bahn hatte die Leistungsfähigkeit des Augsburger Knotens, dazu zählen neben dem Hauptbahnhof auch Gleisanlagen mit Stadtteilbahnhöfen, 2020 unter die Lupe genommen, wie viel mehr Zugverkehr sie vertragen. Allerdings ergaben sich seitdem laut Bahn einige Änderungen im künftigen Fahrplankonzept, sodass noch mal eine Detailuntersuchung gemacht wurde. Der genaue Blick offenbart mehrere Engstellen, wo es künftig haken würde. Hintergrund: Mit Fertigstellung der Strecke Augsburg–Ulm sollen mehr Fernverkehrszüge fahren, zudem ist in der Region mehr Nahverkehr speziell nach Dinkelscherben mit einem Viertelstundentakt geplant. Und prognostiziert sind für die Zukunft auch mehr Güterzüge, die durch Augsburg fahren werden. In Bälde soll es eine Prognose zu den Zugzahlen fürs Jahr 2040 geben, die auch der Bund zur Grundlage für sein Finanzierungsprogramm macht.
Die Bahn würde dann mit den Ausbaumaßnahmen reagieren, um die Kapazitäten im Knoten schrittweise zu erhöhen. Bis die Neubaustrecke fertig ist und dann mehr Verkehr kommt, soll der Knoten Augsburg fit sein. Neben dem Brückenbauwerk in Oberhausen/Bärenkeller soll die Strecke nach Gersthofen ausgeweitet werden – statt dem schon geplanten dritten Gleis soll es in dem Bereich auf vier Gleise hinauslaufen. Im Süden des Hauptbahnhofs sollen die Gleise mit Weichen so geordnet werden, dass sechs Personengleise gleichzeitig befahren werden können. Bisher würden sich die Züge gegenseitig blockieren.
Umfahren manche Güterzüge künftig das Stadtgebiet Augsburg?
Allerdings kündigt die Bahn auch an, dass es auch mit all diesen Maßnahmen nicht reibungslos laufen würde. Speziell Güterzüge, die aus der Gleisharfe des Rangierbahnhofs am Hauptbahnhof Richtung München fahren, müssen sämtliche Personengleise des Hauptbahnhofs queren und blockieren dabei den Verkehr von/aus München und dem Allgäu für mehrere Minuten. Diese Situation, so die Bahn, könne mit Umbauten in Augsburg selbst wohl nicht mehr gelöst werden. Denkbar wäre, dass Güterzüge großräumiger um Augsburg herum fahren.
Auf die vertiefte Knotenuntersuchung hatte vor einem Jahr der Augsburger Landrat Martin Sailer (CSU) massiv gedrungen. Ein Streckenneubau ohne leistungsfähige Knoten mache wenig Sinn. Sailer sagte als Reaktion auf die jetzige Vorstellung der Ergebnisse, er sehe sich in seinem damaligen Drängen bestätigt. Positiv sei, dass für die Bahn das Projekt Augsburg–Ulm inzwischen gedanklich nicht mehr an der Hirblinger Straße ende, sondern im gesamten Kontext gesehen werde. Auch dass mit dem jetzigen Paket der Deutschlandtakt gewährleistet werden könne und künftig nach Dinkelscherben ein 15-Minuten-Takt möglich sei, sei positiv. Insgesamt, so Sailer, befinde man sich jetzt auf einem positiven Weg. Auch dass jetzt, unabhängig von der Wahl der Aus-/Neubautrasse, feststehe, dass bis 2030 alle Bahnhöfe an der Bestandsstrecke barrierefrei ausgebaut werden und der Lärmschutz verbessert werde, sei positiv. Dafür wird die Bahn die Strecke für fünf Monate komplett sperren müssen. Der Augsburger Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich (CSU), ein klarer Befürworter des Bahnausbaus, sagte, man sehe die Situation in Augsburg nun klarer, es gebe aus seiner Sicht aber auch noch Fragen.
Planungen für die Strecke Augsburg–Ulm laufen
Bei der Bahn laufen unterdessen die Planungen für die Strecke Augsburg–Ulm, die eine Fahrzeitverkürzung auf 26 Minuten bringen soll, weiter. Es stehen vier Trassenvarianten zur Wahl, die inzwischen der Regierung von Schwaben vorgelegt wurden. Die Regierung wird sich im sogenannten Raumordnungsverfahren anschauen, wie sich die Varianten in die Region einfügen würden, also etwa Flächen zerschneiden. Die Bahn wird daraufhin dem Bundestag Anfang 2025 eine Vorzugsvariante vorschlagen. Vor 2030 ist nicht mit einem Baubeginn zu rechnen, weil weitere Planungen und Genehmigungen anstehen.