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Augsburg: AWO Augsburg beschließt 35-Stunden-Woche in der Pflege

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AWO Augsburg beschließt 35-Stunden-Woche in der Pflege

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    Viele AWO-Mitarbeiter können es sich bald aussuchen: Wollen sie bei gleichem Lohn weniger arbeiten oder für ihre alte Wochenarbeitszeit mehr verdienen?
    Viele AWO-Mitarbeiter können es sich bald aussuchen: Wollen sie bei gleichem Lohn weniger arbeiten oder für ihre alte Wochenarbeitszeit mehr verdienen? Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Seit Jahren wird im Pflege-Bereich über die belastende Arbeitssituation und Personalnot diskutiert. Die Arbeiterwohlfahrt Augsburg (AWO) will nicht nur "jammern", wie Werner Weishaupt, Sprecher der Geschäftsführung, betont. Sie möchte es anpacken und die Rahmenbedingungen für die Beschäftigten verbessern: Bislang galt in ihrem Haustarif eine im Bereich Pflege übliche Wochenarbeitszeit von 39 Stunden. Nun führt die

    Corona-Applaus, Extra-Brotzeiten, Blumensträuße oder Bonuszahlungen hätten in den vergangenen zwei Jahren nicht dazu beigetragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, weiß Weißhaupt. Die Arbeiterwohlfahrt in Augsburg, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert, habe sich deshalb dazu entschlossen, einen Schritt vorwärts zu gehen, den Beruf für all diejenigen attraktiver zu gestalten, die im Bereich der Pflege arbeiten oder dort ihre Ausbildung machen wollen. Es sei ihm klar, dass das Auswirkungen in der Branche haben werde, sagt Weishaupt. So könne man ein Signal setzen.

    35-Stunden-Woche ist für die Beschäftigten der AWO-Augsburg kein Muss

    Das sieht folgendermaßen aus: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen Pflege, Sozial- und Erziehungsdienst werden schrittweise und bei vollem Lohnausgleich in den kommenden zwei Jahren an die 35-Stunden-Woche herangeführt. Die Beschäftigten würden dazu aber nicht gezwungen, so Weishaupt. "Das kommt natürlich auf die persönliche Lebenssituation an. Mancher kalkuliert mit mehr Geld im Portemonnaie als mit zwei oder vier Arbeitsstunden weniger in der Woche." Mit der Gewerkschaft Verdi wurde deshalb vereinbart, dass es eine Wahlmöglichkeit gebe. "Die Beschäftigten können weiterhin 39 Stunden die Woche arbeiten. Sie erhalten dann dafür aber zehn Prozent mehr Lohn", erklärte

    Für ihn ist dieser Tarifabschluss ein "Leuchtturm". Seit Jahren habe sich die Personalsituation im Bereich Pflege verschärft. Die AWO Augsburg übernehme mit ihrem Tarifabschluss nun Verantwortung. Daneben konnten in einzelnen Bereichen Entgeltsteigerungen und bessere Eingruppierungsmöglichkeiten ausgehandelt werden. So könne künftig ein Bewährungsaufstieg beantragt werden. Damit könnten sogenannte ungelernte Helferinnen und Helfer aufgrund ihrer Erfahrungen höher eingestuft werden. Auf der anderen Seite mussten aber die Zeitkorridore im Bereich der Arbeitszeitkonten temporär ausgeweitet werden. Beschäftigte in der Verwaltung und Leitungskräfte seien von der neuen Wochenarbeitszeit ausgenommen, da sie zu einer Arbeitsverdichtung führen würde.

    Verdi rechnet mit "Wettbewerbsvorteilen" gegenüber anderen Arbeitgebern

    Für den Augsburger Verdi-Gewerkschaftssekretär Roman Martynez entsteht durch die Veränderungen für Pflegekräfte und alle pädagogischen Kräfte in Kindertagesstätten, Heimen und Beratungsstellen ein "klarer Wettbewerbsvorteil". Viele Beschäftigte könnten nun aufgrund der Arbeitsbedingungen zur AWO Augsburg wechseln wollen. Michael List, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt Augsburg, verspricht sich durch diese Entscheidung auch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt - egal ob bei allgemein Suchenden, möglichen Auszubildenden oder Quereinsteigern.

    Landesfachbereichsleiter Hinke hofft, dass sich andere Verbände ein Beispiel an der AWO Augsburg nehmen. "Die AWO Augsburg ist mit ihren rund 1000 Beschäftigten gegenüber den großen AWO-Bezirks- und Landesverbänden sowie anderen Wohlfahrtsverbänden wie Caritas und Diakonie noch ein relativ kleiner Träger. Wir sind daher überzeugt, dass dem guten Beispiel der Augsburger AWO über kurz oder lang auch andere Träger und Verbände folgen werden." Seine Hoffnungen liegen in einem Tarifvertrag in der Fläche. Erst im vergangenen Jahr war der Vorstoß gescheitert, einen bundesweiten Tarifvertrag in der Altenpflege einzuführen.

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