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Augsburg: "Abzocke!": In der Maxstraßen-Fußgängerzone hagelt es Bußgelder

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"Abzocke!": In der Maxstraßen-Fußgängerzone hagelt es Bußgelder

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    Immer wieder fahren Autos in die neue Fußgängerzone in Augsburgs Maximilianstraße. Der Ordnungsdienst erteilt Bußgelder.
    Immer wieder fahren Autos in die neue Fußgängerzone in Augsburgs Maximilianstraße. Der Ordnungsdienst erteilt Bußgelder. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Der Autofahrer ist kaum zu beruhigen. "Sie wollen mir ernsthaft sagen, dass ich jetzt 50 Euro zahlen muss? Das ist eine Unverschämtheit, was in Augsburg gerade passiert", echauffiert er sich. Es ist ein kühler Abend. Die Nachtschwärmer in der Maximilianstraße halten sich draußen nur zum Rauchen auf, dann kehren sie in die Bars und Clubs zurück. Trotz der frischen Temperaturen sind einige Menschen am Kochen. Nämlich die Autofahrer, die zur Kasse gebeten werden. Seit vergangenem Montag macht der Ordnungsdienst in der neuen Fußgängerzone in der Maximilianstraße ernst. Wer mit Kraftfahrzeugen in die neue Zone fährt, muss Bußgeld zahlen. Das sorgt für Ärger.

    Eigentlich kann man die beiden großen Schilder beim Herkulesbrunnen kaum übersehen: Ab hier ist nun Fußgängerzone. Und dennoch fahren reihenweise Menschen daran vorbei - rein in die teure Kontrolle. Tomaso Catalano ist an diesem Freitagabend der Einsatzleiter in der Nachtschicht des städtischen Ordnungsdienstes. Er und seine vier Kollegen überprüfen, ob die neuen Regelungen auf Augsburgs Prachtmeile eingehalten werden. Obwohl seit Monaten in der Öffentlichkeit über das Versuchsprojekt der Stadtregierung kontrovers diskutiert wird, haben einige immer noch nicht mitbekommen, dass der Abschnitt zwischen Herkulesbrunnen und Moritzplatz, wie auch die parallel verlaufende Winter- und Dominikanergasse sowie das Apothekergässchen Fußgängerzone sind. Hatten die Ordnungshüter in den ersten Tagen noch ein Auge zugedrückt und Verkehrsteilnehmer über die Neuerung informiert, werden Verstöße inzwischen strikt bestraft. Da der verkehrsberuhigte Bereich bei gutem Wetter bereits sehr gut angenommen werde, sagt Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU), sei man inzwischen zu einem strengeren Vollzug übergegangen. Man wolle Gefährdungslagen von vornherein vermeiden. Die Ordnungshüter haben viel zu tun, wie eine erste Bilanz zeigt.

    Bußgelder in der autofreien Maxstraße: Auch E-Scooter-Fahrer werden angehalten

    Laut städtischem Ordnungsdienst wurden innerhalb von sechs Tagen 80 Bußgelder verhängt. Nicht nur für Autofahrer, die 50 Euro für eine Fahrt in die Zone berappen müssen. Auch E-Scooter-Fahrer müssen zahlen. Als der 22-jährige Robin am Freitagabend mit einem Leihroller auf dem Weg zu Freunden durch die Maxstraße fährt, wird er prompt angehalten. Der Student ist überrascht. Dass das Fahrverbot auch für E-Scooter gelte, war ihm nicht bewusst. Macht 15 Euro. "Es hätte auch gereicht, mich zu verwarnen", meint Robin, der die neue Fußgängerzone eigentlich gut findet, wie er sagt. Heute Abend allerdings wird seine Begeisterung kurzzeitig gedämpft. 

    Die Ordnungshüter halten auch manche Fahrradfahrer an. Wie etwa den Mitarbeiter eines Lieferdienstes. "Faster than you" lautet der Slogan der Firma, der auf seinem Rucksack prangt. "Schneller als du" - das kommt in einer Fußgängerzone allerdings nicht gut an. Grundsätzlich, erklärt Tomaso Catalano vom Ordnungsdienst, dürfen Fahrrad- und Taxifahrer durch die neue Zone zwar fahren - allerdings nur in Schrittgeschwindigkeit. Gerade Taxen seien aber oft schneller, das zeige die Erfahrung der ersten Tage. Die Kontrollen der fünf uniformierten städtischen Mitarbeiter erregen Aufsehen. 

    Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdiensts am Beginn der neuen Fußgängerzone.
    Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdiensts am Beginn der neuen Fußgängerzone. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Manche Passanten schütteln darüber den Kopf. Wie etwa Franz Schmid. Der gebürtige Augsburger, der seit Jahren in Berlin lebt, kritisiert nicht nur die Kontrollen, sondern das gesamte Projekt. "In einer Stadt darf und muss man Ziele mit dem Auto erreichen können. Ich finde es nicht richtig, eine Stadt wie ein Wohnzimmer mit Loungemöbel-Atmosphäre zu behandeln", sagt der Architekt. Ohnehin sei die Gestaltung der Maxstraße fragwürdig. "Mit den Bäumen in diesen Kübeln sieht das aus wie im Ikea-Wunderland." Sein blaues Wunder erlebt ein weiterer Autofahrer, der in die Fußgängerzone hineinfährt. 

    Kontrollen in Maximilianstraße in Augsburg: Der Ordnungsdienst ist schneller

    Als er den Ordnungsdienst wahrnimmt und rasch wenden will, sind die Kontrolleure schneller. Sein Ärger ist riesig, als seine Personalien aufgenommen werden. Zunächst versucht er zu verhandeln. "Können Sie nicht ein Auge zudrücken - wegen fünf Metern, die ich hier reingefahren bin?", fragt er. "Wir dürfen leider keine Ausnahme machen", antwortet Ahmetcan Saban vom Ordnungsdienst. Der junge Fahrer, der von der Fußgängerzone nach eigener Aussage nichts gewusst hat, wird ungehaltener: "Und das finden Sie jetzt gut?" Er mache nur seinen Job, entgegnet Saban ruhig. Die Wut des Fahrers wird größer. Seit über 20 Jahren wohne er in Augsburg und fahre hier entlang, schimpft er. "Noch nie war die Straße gesperrt. Dann kommt die Verordnung aus dem Nichts. Wegen fünf Metern. Das ist doch Abzocke!" Die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes müssen sich an diesem Abend viel anhören.

    Manchen Unmut könnten sie verstehen, sagen sie. Bislang hätten die Menschen immer durch die Maxstraße fahren und dort parken dürfen. Der Ärger, dafür nun Bußgelder zahlen zu müssen, sei schon auch nachvollziehbar. "Für die Menschen sind wir oft der Prellbock und bekommen ihren Frust ab", stellt Mitarbeiter Olaf Bolda nüchtern fest. Das dürfe man sich nicht zu Herzen nehmen. Man brauche ein dickes Fell, bestätigt ein Kollege. Mit einem Autofahrer, der zuvor ein Bußgeld kassiert hatte, gibt es wenig später in der Dominikanergasse ein Wiedersehen. Dieses Mal ist der Mann zu Fuß unterwegs. Als er den Ordnungsdienst sieht, schimpft er im Vorbeigehen laut: "Die Stadt tyrannisiert ihre Bürger." Tomaso Catalano und sein Team nehmen es regungslos zur Kenntnis. 

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