Angedeutet hatte es sich schon länger, nun will die Stadt Augsburg mit der Abschaffung der Semmeltaste und der Erhöhung der Parkgebühren ernst machen. Mit der Semmeltaste konnte man bisher auf Stellplätzen in der Innenstadt kostenlos 30 Minuten parken. Baureferent Gerd Merkle (CSU) wird dem Bauausschuss des Stadtrats am kommenden Donnerstag ein entsprechendes Beschlusspaket vorlegen. Demnach soll das Gratis-Parken ersatzlos gestrichen werden. Im Kernbereich der Innenstadt, wo die Nachfrage nach Parkplätzen besonders hoch ist, steigen die Gebühren von zwei Euro auf 2,60 Euro pro Stunde, am Innenstadtrand läuft es auf einen Euro statt der bisherigen 60 Cent hinaus. Die neuen Tarife sollen ab April 2022 gelten.
Die Stadt hatte zuletzt im Jahr 2012 ihre Parkgebühren erhöht. Im Vergleich zur Preisentwicklung im öffentlichen Nahverkehr tut sich eine Schere auf: Die Streifenkarte beispielsweise wurde im selben Zeitraum um 28 Prozent teurer. Im Regierungsbündnis aus CSU und Grünen machten vor allem die Grünen Druck bei einer Parkgebührenerhöhung. Aber auch die CSU hatte bereits im Wahlkampf Gesprächsbereitschaft bei diesem Thema signalisiert. Die geplante Verteuerung und die Abschaffung der Semmeltaste passen auch in die Stoßrichtung des städtischen Klimaschutzpapiers, das diese Woche öffentlich wurde.
Die von der Stadt beauftragte Studie hält eine Reduktion des Autoverkehrs um 50 Prozent bis zum Jahr 2040 für notwendig, um Klimaneutralität zu erreichen. Die verbleibende Hälfte des Verkehrs soll elektrisch betrieben werden. In dem Papier wird empfohlen, auch über weitergehende Schritte wie eine Ausweitung der Parkscheinzonen oder teurere Bewohnerparkausweise nachzudenken. Auch die Stadtwerke als Betreiber des Nahverkehrs hatten eine Erhöhung der Parkgebühren als Wunsch an die Stadt ins Gespräch gebracht. Auf der Bürgerversammlung gab es auch mehrere Vorstöße, was eine Verteuerung und Reduzierung von Parkraum betrifft.
Parken in Augsburg: Unklar ist, wie oft die Semmeltaste genutzt wurde
Mit den 2,60 Euro schöpft die Stadt den Rahmen voll aus, den der Freistaat den Kommunen bei der Festsetzung der Parkgebühr zugesteht. Die neue Gebührenordnung sieht auch vor, die komplette Maximilianstraße bis zum Ulrichsplatz zur Zone mit hohem Parkdruck (und somit 2,60 Euro Parkgebühr) zu machen. Inwieweit die Stadt mehr Geld einnehmen wird, ist offen. Es werde Mehreinnahmen geben, heißt es im Beschlussvorschlag des Baureferats, gleichzeitig würden manche Autofahrer und Autofahrerinnen wohl nicht mehr am Straßenrand parken. Die Kosten für die Umstellung liegen bei 10.000 Euro. Angesichts einer steigenden Zahl von Einwohnern, Einpendlerinnen sowie Fahrzeugen wolle man aber die Nutzung des begrenzten öffentlichen Raums steuern.
Unklar ist auch, wie viele Personen vom Wegfall der Semmeltaste betroffen sein werden. Eine gesonderte Auswertung ist an den Parkscheinautomaten technisch nicht möglich. Die Semmeltaste war 2008 vom damaligen Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) eingeführt worden, um für eine Belebung der Innenstadt zu sorgen. Ziel war, Kunden und Kundinnen, die nur kurz etwas besorgen wollten, eine Möglichkeit zum Gratis-Parken zu geben, auch um gegenüber Fachmärkten auf der Grünen Wiese konkurrenzfähig zu bleiben. Seine Nachfolgerin Eva Weber (CSU) hatte schon im Wahlkampf angedeutet, dass sie die Semmeltaste nicht mehr für zeitgemäß hält. Die Stadt ist der Auffassung, dass das Instrument den Parksuchverkehr verstärkt. Ein Wegfall könne die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt steigern.
Handel in Augsburg ist skeptisch: "Semmeltaste hat mit Willkommenskultur zu tun"
Der Handel ist indes skeptisch. Andreas Gärtner, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, sagt, das sei für Kunden, die häufiger mit dem Auto kommen, ein negatives Signal. "Die Semmeltaste hat etwas mit Willkommenskultur zu tun. Es geht vor allem um einen psychologischen Effekt", so Gärtner. Dass nun massive Kundeneinbrüche kommen, sei aber nicht zu befürchten, auch wenn es natürlich komfortabel gewesen sei, fürs Abholen von zurückgelegter Ware kurz kostenlos parken zu dürfen. Die Stadt könne auch durchaus Änderungen beim Autoverkehr vornehmen. "Das ist nicht grundverkehrt", so Gärtner. Was fehle, sei dann aber ein Alternativangebot. "Man will keine Autos in der Stadt, bietet aber auch nichts anderes an", so Gärtner. Wenn man etwa die Maximilianstraße autofrei mache, müsse klar sein, was man mit dem Straßenraum anfange. Wenn man die Semmeltaste abschaffe, müsse man andere Willkommensangebote in Form von Park-and-ride-Aktionen oder grundsätzliche Tarifänderungen im Nahverkehr vornehmen. Nur auf das Rad zu verweisen, genüge nicht.
Eine Passantenbefragung vor vier Jahren hatte ergeben, dass - wohl auch wegen der gesunkenen Strahlkraft ins weitere Umland - der Anteil der Innenstadtbesucher, die mit dem Auto kommen, rückläufig ist. Die meisten Passanten kamen damals mit Bus und Straßenbahn (43 Prozent), gefolgt von Auto (24 Prozent), zu Fuß (17 Prozent) und Fahrrad (14 Prozent). Kundschaft von außerhalb kommt aber zur Hälfte mit dem Auto in die Innenstadt, ebenso wie die Altersgruppe 45 bis 54 Jahre. Allerdings dürfte sich das Mobilitätsverhalten - nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie - inzwischen verändert haben.