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Augsburg: Aus für Fußgängerzonen-Experiment: Wie geht es jetzt weiter?

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Aus für Fußgängerzonen-Experiment: Wie geht es jetzt weiter?

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    Die Fußgängerzonen-Schilder müssen weg: Das Verwaltungsgericht hält den Verkehrsversuch in der Maxstraße so für nicht zulässig.
    Die Fußgängerzonen-Schilder müssen weg: Das Verwaltungsgericht hält den Verkehrsversuch in der Maxstraße so für nicht zulässig. Foto: Peter Fastl

    Es war am Freitag um 13.12 Uhr, als das Verwaltungsgericht seine Entscheidung über die Fußgängerzone in der Maximilianstraße verkündete. Das Gericht gab dem Eilantrag von zwei Anliegern statt. Für den Verkehrsversuch kommt nach nur drei Monaten damit das Aus. Die Stadt Augsburg habe ihn nicht ausreichend begründet, so das Er und seine Ehefrau Ulrike sind die beiden Kläger, die nach dem Gerichtsbeschluss nun auch ihre Namen preisgeben. "Ich habe nichts anderes erwartet als diese Gerichtsentscheidung", lautete die erste Reaktion von Rehm. Die Stadt kündigte am Freitag an, gemäß der gerichtlichen Frist spätestens in zwei Wochen wieder Autos in die Maximilianstraße zu lassen. Wie man jetzt mit Sitzmöbeln und Bepflanzung dort umgeht, sei noch offen. Die Koalition von CSU und Grünen bedauert das abrupte Ende. 

    OB Weber: "Mehr Mut und Offenheit gegenüber neuen Ideen gewünscht"

    Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sagte am Freitag, der Versuch sei ein richtiger Schritt gewesen. Sie hätte sich gewünscht, nach einem Jahr eine Bewertung vornehmen zu können. "Insofern finde ich es sehr schade, dass durch die Ungeduld Einzelner uns diese Möglichkeit genommen wurde. Hier hätte ich mir persönlich mehr Mut und auch mehr Offenheit gegenüber neuen Ideen gewünscht.“ Vor dem Verkehrsversuch galt in diesem Bereich der Straße Tempo 20, dies wird ab spätestens 18. August wieder so sein. Offen ist, wie viele der 40 Stellplätze wieder zur Verfügung stehen werden bzw. ob es überhaupt welche gibt. Baureferent Steffen Kercher erklärte, die Verwaltung werde sich anschauen, welche Schlussfolgerungen man aus den vergangenen drei Monaten ziehen könne, und den Stadtrat informieren. 

    Weber sagt, Sitzmöglichkeiten und Außengastronomie seien gut angenommen worden. Auch Pflanztröge könnten bei einer Öffnung der Straße zur Verkehrsberuhigung beitragen. "Wo man sich sicher fühlt, hält man sich auch gerne auf. Und das ist auch weiterhin mein Ziel für unsere historische Prachtmeile.“ Man müsse nun schauen, was rechtlich gehe. Weber gestand aber auch zu, dass der Straßenraum in seiner ganzen Breite nicht als Fußgängerzone genutzt wurde. Dies hänge wohl mit dem vielen Platz, den Tramgleisen und den Radstreifen zusammen. Genau darum habe man auf einen ergebnisoffenen Versuch gesetzt, statt gleich in Stein gemeißelte Tatsachen zu schaffen.

    Fußgängerversuch Maxstraße: Widerstand von Geschäftsleuten

    Am 1. Mai war der Verkehrsversuch in einem Teilstück der Maximilianstraße gestartet worden. Der 170 Meter lange Bereich zwischen Merkur- und Herkulesbrunnen ist seither für Autos gesperrt. In die Fußgängerzone dürfen derzeit außerhalb der Lieferzeiten lediglich Busse, Taxen und Autofahrer mit Ausnahmegenehmigungen. Die Fußgängerzone ist ein politisch gewolltes Projekt der Stadtregierung von CSU und Grünen. Mit ihrer Einführung begannen aber die Diskussionen, ob diese Entscheidung richtig ist. Ulrike und Robert Rehm waren von Anfang keine Befürworter. Die Geschäftsleute klagten unter anderem über zurückgehende Umsätze. Speziell aus dem Umland sei Kundschaft weggeblieben. 

    In der juristischen Auseinandersetzung mit der Stadt sei es aber um einen anderen Aspekt gegangen, sagte Rehm am Freitag unserer Redaktion. Im Fokus stand die Frage, wie die Stadt den Fußgängerzonen-Versuch formal begründete. Sie hatte argumentiert, dass es in der Maximilianstraße in den vergangenen Jahren vermehrt zu Menschenansammlungen auf der Fahrbahn gekommen sei, bei denen im Zusammenhang mit Alkohol Gefahren entstanden seien. Insofern sei ein Verkehrsversuch zulässig. Es gebe laut Stadt entsprechende Experimentierklauseln.

    Für das Verwaltungsgericht ist diese Argumentation jedoch nicht griffig. Für die angeführte Sicherheitsproblematik fehle Zahlenmaterial. Die Stadt habe "die für eine solche straßenverkehrsrechtliche Anordnung erforderliche konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs nicht substantiiert dargelegt", so das Gericht. Rehm hatte argumentiert, dass die Augsburger Regierung nicht nach dem Motto "Versuch und Irrtum" agieren könne. Aus gut informierten Kreisen hieß es, dass die Stadt in der Begründung unter anderem die Krawallnacht im Juni 2021 aufgeführt hatte. Mehrere hundert Jugendliche hatten sich am Herkulesbrunnen gegen die Polizei gestellt. Allerdings war zum damaligen Zeitpunkt die Maximilianstraße für den Verkehr gesperrt. Eine Verbindung zu durchfahrenden Autos gab es somit nicht. 

    Fußgängerzone Maximilianstraße: Koalition sah Versuch als Chance

    CSU und Grüne bedauerten das vorzeitige Ende des Verkehrsversuchs, auch wenn die Bewertungen des im Koalitionsvertrag festgezurrten Projekts nach drei Monaten auseinandergehen. "Wir haben das Projekt insgesamt als echte Chance für die Aufwertung unserer Prachtmeile im Herzen der Stadt gesehen", erklärte CSU-Fraktionschef Leo Dietz. Dabei sei auch auf die Belange von Anwohnern und Geschäftsleuten Rücksicht genommen worden. Klar sei aber auch, dass es nicht das Ziel des Verkehrsversuchs sein könne, leere Flächen zu schaffen. Dennoch wolle man nicht wieder in den ursprünglichen Zustand zurückkehren, sondern die positiven Auswirkungen des Versuchs im Rahmen des rechtlich Möglichen beibehalten. Die Grünen befürworten dieses Vorgehen und fordern eine Prüfung der Alternativen seitens der Bauverwaltung "mit hoher Priorität". In der Bewertung äußerten sie sich deutlich positiver - die Maßnahmen seien von den Bürgern gut angenommen worden. "Uns ist es wichtig, dass der neu gewonnene Raum auch künftig zum Verweilen und Entwickeln einlädt und die Menschen auch weiterhin ihr Eis ohne Abgase und Lärm genießen können", so Fraktionschef Peter Rauscher.

    Kritik kam von der Sozialfraktion. "Letztlich zeigt sich, dass die Stadtregierung politisch nicht handlungsfähig ist", so Vorsitzender Florian Freund. CSU und Grüne hätten sich auf den Fußgängerzonenversuch als kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. "Aber wo man sich verständigt, wird das handwerklich so schlecht umgesetzt, dass das vom Gericht kassiert wird", so Freund. Die FDP stieß in ein ähnliches Horn. Die Koalition solle ehrlich sagen, ob es um Aufenthaltsqualität oder Gefahrenlage in der Maximilianstraße gehe. In diesem Widerspruch habe die Stadtverwaltung "eine rechtliche Begründung herbeizaubern" müssen, die vor Gericht aber keinen Bestand hatte, so Parteichef Ralf Neugschwender.

    Die Stadt kündigte an, in den kommenden zwei Wochen auch in der Dominikaner- und Wintergasse sowie im Apothekergässchen die früheren Verkehrsregeln (verkehrsberuhigter Bereich bzw. Tempo 30) einzuführen. Die Gassen waren aufgrund der Verkehrssituation in den Verkehrsversuch mit aufgenommen worden. Die nächtliche Sperrung der Maximilianstraße donnerstags-, freitags- und samstagabens im Sommer, die unabhängig vom Verkehrsversuch läuft, bleibt bestehen. 

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