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Augsburg: Augsburgs Wanderschäfer kämpft mit Gefahren für seine Herde

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Augsburgs Wanderschäfer kämpft mit Gefahren für seine Herde

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    Wanderschäfer Christian Hartl (links) schaut zusammen mit Vater Josef Hartl (rechts), ob es seinen Tieren gut geht. Die Herde ist nun auch von einer Giftpflanze bedroht.
    Wanderschäfer Christian Hartl (links) schaut zusammen mit Vater Josef Hartl (rechts), ob es seinen Tieren gut geht. Die Herde ist nun auch von einer Giftpflanze bedroht. Foto: Norbert Pantel

    Wanderschäfer Christian Hartl ist ein gestandener Mann, der normalerweise nicht über seine Probleme klagt. Doch aktuell macht er sich große Sorgen um seine Herde, mit der er durch den Augsburger Stadtwald zieht. Das hat mit Vorfällen in den vergangenen Wochen zu tun, bei denen Schafe und Ziegen verletzt wurden. Es gibt auch noch eine ganz neue Gefahr - insbesondere für Lämmer. Sie geht von einer giftigen Pflanze aus.

    Christian Hartl ist einer von ganz wenigen Wanderschäfern, die es in Bayern noch gibt. Der traditionelle Beruf mit dem romantischen Image ist vom Aussterben bedroht. Hartl sagt, "es gibt idyllische Momente, aber es sind weniger, als die Leute denken." Der Rest sei viel Arbeit, das Einkommen überschaubar. Trotzdem hat der 36-Jährige vor fünf Jahren die Herde seines Vaters übernommen. Er will den Familienbetrieb in Affing-Mühlhausen in die Zukunft führen und denkt innovativ, etwa mit der Vermarktung von Wollpellets als Gartendünger oder mit seinem Einsatz in der Landschaftspflege. Trotzdem macht ihm die aktuelle Lage erhebliche Sorgen. Das hängt mit immer mehr schlimmen Vorfällen zusammen, unter denen seine Tiere leiden.

    Hunde können eine große Gefahr für Schafe sein

    Die Herde von rund 600 Mutterschafen und einigen Ziegen grast den Sommer über in den großen Augsburger Naturschutzgebieten. Seit Mai ist sie unterwegs, von der Firnhaberau im Norden über die Lechdämme und durch den Augsburger Stadtwald. Inzwischen ist Hartl mit seinen Merino-Landschafen und Burenziegen im südlichsten Winkel angekommen, in der Fohlenau. Doch auch wenn es insgesamt nur eine Strecke von rund 20 Kilometern für die Herde gewesen sein dürfte, gab es doch mehrere Zwischenfälle.

    Hütehunde passen zusammen mit Schäfer Hartl auf die Schafe auf.
    Hütehunde passen zusammen mit Schäfer Hartl auf die Schafe auf. Foto: Marlene Weyerer (Archivbild)

    Vergangene Woche sei eines seiner Schafe offenkundig von einem freilaufenden Hund verletzt worden, der es blutig gebissen habe, sagt Hartl. Sein Herde sei zu diesem Zeitpunkt beim Ilsesee über Nacht mit einem Elektrozaun eingepfercht gewesen. Nicht nur das Schaf sei verletzt, so Hartl, auch der Elektrozaun sei durch den eindringenden Hund beschädigt worden. Letzterer war am nächsten Morgen verschwunden, auch vom Hundebesitzer oder der -besitzerin fehlte jede Spur.

    Auch E-Biker machen immer mehr Probleme

    Wenn der Schäfer daran denkt, was hätte passieren können, wäre seine aufgescheuchte Herde durch die niedergerissen Stelle in der Umzäunung ausgebrochen, dann wird ihm jetzt noch ganz flau. Herumirrende Schafe hätten an einer stark befahrenen Straße Autofahrer gefährden können. Oder sie hätten mitten in ein Kornfeld laufen und sich dort buchstäblich zu Tode fressen können. Von zu viel Futter bekommen Schafe schnell schwere Koliken.

    Der jüngste Hundeangriff beim Ilsesee war nicht der einzige schwere Vorfall in dieser Saison. Hartls Herde grast auf weiten Strecken in den beliebten Augsburger Naherholungsgebieten. Dort sind sehr viele Spaziergänger mit ihren Hunden unterwegs. Einer dieser Hunde erwischte im Frühjahr ein Zicklein in einem Pferch bei Derching und biss es ins Rückenmark, so der Schäfer. "In diesem Fall war der Hundehalter immerhin so vernünftig, die Polizei zu rufen", sagt er. "Wir konnten das verletzte Zicklein schnell zum Tierarzt bringen und retten." Andernfalls wäre wohl auch die junge Ziege tot gewesen.

    Begegnungen mit Hunden, die seine Schafe jagen, hat der Wanderschäfer relativ häufig, wenn die Herde Spazierwege kreuzen muss. Immer häufiger kommt es auch zu Konflikten mit E-Bike-Fahrern, die in rasantem Tempo mitten durch die Herde fahren. Die von Natur aus schreckhaften Schafe laufen dann davon und müssen mühsam wieder zusammengetrieben werden. Seit der Corona-Pandemie hätten die Probleme stark zugenommen, klagt Hartl. "Man hat das Gefühl, dass die Leute ungeduldiger sind und sehr schnell ungehalten werden." Zwar setzt der städtische Landschaftspflegeverband (LPV) nun ehrenamtliche Naturschutz-Scouts ein, die Erholungssuchende über Verhaltensregeln in der Natur aufklären. "Ohne hauptamtliche Ranger werde es dauerhaft aber nicht gehen", sagt Norbert Pantel vom LPV. Wer solche Kräfte bezahlen soll, ist bislang nicht geklärt.

    Warum Augsburgs Wanderschäfer Hartl Wölfe fürchtet

    Schäfer Hartl treiben jedoch noch ganz andere Sorgen um: etwa Wölfe, die zuletzt immer wieder mal in der Region gesichtet wurden. Er befürchtet, dass einzelne durchziehende Wölfe in seiner Herde großen Schaden anrichten könnten. Hartls Hütehund Cora kann gegen solche Angreifer nichts ausrichten. Spezielle Herdenschutzhunde will der Augsburger Wanderschäfer nicht einsetzen. Die Gefahr, dass diese Hunde auch Spaziergänger und deren Vierbeiner angreifen könnten, um ihre Schafherde zu schützen, ist ihm in den stark frequentierten Naherholungsgebieten zu groß.

    Auch eine ganz neue Gefahr muss der Wanderschäfer nun fürchten. Seit etwa zwei Jahren breitet sich an den Lechdämmen teils extrem stark eine lila Blume namens "Herbstzeitlose" aus. Sie gilt als eine der giftigsten heimischen Pflanzen. Beim Landschaftspflegeverband versucht man derzeit, die Ursachen dieses Phänomens zu ermitteln. Schäfer Hartl hat die Folgen bereits schmerzlich zu spüren bekommen. Unter seinen Lämmern gab es mehrere Todesfälle. Das Tückische: Mutterschafe können die Pflanze ohne Folgen fressen, ihre vergiftete Milch bringt jedoch den Nachwuchs um. In diesem Fall gibt es jedoch Hoffnung für den Wanderschäfer. "Wir hoffen, mit gezielten Maßnahmen die Herbstzeitlose zurückzudrängen und die Situation für den Schäfer wieder zu verbessern", sagt Norbert Pantel vom Landschaftspflegeverband.

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