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Augsburg: Augsburgs Schulen haben bereits 250 Kinder aus der Ukraine aufgenommen

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Augsburgs Schulen haben bereits 250 Kinder aus der Ukraine aufgenommen

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    In dieser Willkommensklasse lernen ukrainische Schüler aus den Jahrgangsstufen fünf bis neun. Ein Vorteil bei der Verständigung: Lehrerin Alexandra Haberkorn spricht Russisch.
    In dieser Willkommensklasse lernen ukrainische Schüler aus den Jahrgangsstufen fünf bis neun. Ein Vorteil bei der Verständigung: Lehrerin Alexandra Haberkorn spricht Russisch. Foto: Marco Keitel

    Die Computer sind im Multimedia-Raum an die Wand gerückt, die großen Tische und Stühle wurden gegen kleinere getauscht. An der Tafel steht "Herzlich willkommen" - auf Ukrainisch. Willkommensklasse nennt sich auch das Angebot, das seit Montag in zwei Altersstufen für insgesamt rund 40 geflüchtete Mädchen und Jungen an der Kerschensteiner-Schule im Hochfeld besteht. Die Kinder im Grundschulalter werden in dem umfunktionierten

    Deutschlernen steht auf dem Stundenplan der ukrainischen Schüler

    Bei den Älteren leitet Alexandra Haberkorn den Unterricht. Die Lehrerin stammt ursprünglich aus Kasachstan und kann mit den Neuankömmlingen aus dem Kriegsland auf Russisch kommunizieren. Doch auch das Deutschlernen ist ein fester Bestandteil der Stunden. "Wie heißt du?", Wo wohnst du?" steht an der Tafel geschrieben. Rektorin Gül Solgun-Kaps geht auf Lena zu und fragt sie: "Wie geht es dir?" Die Antwort kommt prompt und lautet "gut".

    Schulleiterin Gül Solgun-Kaps ist es ein großes Anliegen, dass sich die Neuankömmlinge aus der Ukraine an der Kerschensteiner-Schule wohlfühlen.
    Schulleiterin Gül Solgun-Kaps ist es ein großes Anliegen, dass sich die Neuankömmlinge aus der Ukraine an der Kerschensteiner-Schule wohlfühlen. Foto: Marco Keitel

    Für die Schulleiterin stand bereits in den Faschingsferien fest, dass sich ihre Bildungsstätte für geflüchtete Kinder engagieren will. Die Schule sei - nicht zuletzt durch die Kriege im ehemaligen Jugoslawien sowie Syrien - erfahren im Umgang mit diesen Schülerinnen und Schülern. Die Hilfsbereitschaft sei groß. "Eltern spenden Schulsachen, Lehrkräfte kaufen Materialien, und vom Rotary Club Augsburg haben wir 5000 Euro für außerschulische Aktivitäten bekommen", zählt Solgun-Kaps auf. Tief in das Gedächtnis der erfahrenen Pädagogin hat sich der erste Schultag in den Willkommensklassen eingegraben. "Da standen die Mütter vorne an der Tafel und haben die Kinder fotografiert" - als Erinnerung für sie persönlich und vor allem als Dokument für die Väter, die in der Ukraine bleiben mussten.

    Viele Augsburger Schulfamilien engagieren sich für ukrainische Kinder

    Sie sei "gigantisch dankbar", wie sehr sich die Schulfamilien in Augsburg an vielen Standorten für die geflüchteten Kinder und Jugendlichen engagieren, sagt Bildungsreferentin Martina Wild (Grüne). Pragmatisch werde schulartübergreifend versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Teilweise seien bestehende Angebote aufgestockt, teilweise neue geschaffen worden. Wo es hinsichtlich der Sprachkenntnisse sinnvoll war, seien Schülerinnen und Schüler bereits in Regelklassen aufgenommen worden - etwa an den Gymnasien Maria Theresia, Fugger und bei St. Stephan.

    Die Anmeldung läuft häufig über die eigens eingerichtete Hotline, die Dienstag bis Donnerstag jeweils von 13 bis 15 Uhr geschaltet ist. Unter der Rufnummer 0821/3246941 oder per E-Mail an monika.gronostay@augsburg.de ist Beratung möglich. Die Fäden für die Verteilung und Unterbringung laufen im Staatlichen Schulamt zusammen. Dass jeder Tag neue Herausforderungen und Überraschungen parat hat, belegen die Zahlen von Amtsleiter Markus Wörle: Wurden vor einer Woche insgesamt 75 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine in Augsburg beschult, so sind es mittlerweile rund 250 auf alle Schularten verteilt. 100 von ihnen besuchen die bayernweit ins Leben gerufenen pädagogischen Willkommensklassen, die etwa an der Kerschensteiner-Schule eingerichtet wurden. Im Zentrum stehe hier die schulische Integration, aber auch der Kontakt mit der deutschen Sprache, so Wörle. Weitere 150 Schülerinnen und Schüler besuchten Deutsch- oder Regelklassen verschiedener

    Wild und Wörle rechnen mit einem steten Anstieg der Zahlen. Zum einen seien aktuell noch 50, 60 angemeldete Schüler unversorgt. Zum anderen seien auch noch gar nicht alle angemeldet beziehungsweise registriert. Denn so groß das Interesse der Familien an einem Schulbesuch sei, die reguläre Schulpflicht beginne erst drei Monate nach der Ankunft.

    Augsburgs Schulen bekommen zusätzliches Personal

    Aktuell übernehmen Lehrkräfte an Augsburger Schulen Zusatzaufgaben, um die ukrainischen Neuankömmlinge zu betreuen. Darüber hinaus wurde und wird laut Wörle zusätzliches Personal eingestellt. Das seien beispielsweise Drittkräfte und Studierende. "Wir wollen aber auch Lehrkräfte einstellen, die mitgeflohen sind." Zum Einsatz kämen als Unterstützung ukrainische Studierende der Hochschule - bezahlt aus Spendenmitteln der Wohnbaugruppe Augsburg. Eine wichtige Rolle kommt nach Einschätzung der Verantwortlichen auch der Schulpsychologie und den Beratungslehrkräften zu, da etliche Kinder und Jugendliche traumatisiert seien.

    Mit einem "Herzlich willkommen" in ukrainischer Sprache wurden die neuen Schülerinnen und Schüler begrüßt.
    Mit einem "Herzlich willkommen" in ukrainischer Sprache wurden die neuen Schülerinnen und Schüler begrüßt. Foto: Marco Keitel

    Um Gruppen beziehungsweise Großfamilien, die gemeinsam geflohen sind, nicht zu trennen, hat die Freie Waldorfschule ihre Willkommensklasse etwas weiter gefasst. "Unter den 23 Schülern sind auch Vorschulkinder", sagt Susanne Mach, die das Angebot koordiniert. Kurzerhand habe man sich entschlossen, einige Mütter und Omas am Deutschunterricht teilnehmen zu lassen. Die älteste Teilnehmerin sei 75 und sehr fleißig. Mach ist nicht nur von der Wissbegierde der ukrainischen Geflüchteten beeindruckt, sondern auch von der Spenden- und Hilfsbereitschaft der Waldorf-Schulfamilie. "Einige unserer Eltern haben Gäste aus der Ukraine aufgenommen."

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. Die Augsburgerin Tanja Hoggan-Kloubert spricht über die Angst um ihre Eltern in der Ukraine – und die überwältigende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

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