CSU und Grüne werden sich in Augsburg in den nächsten Tagen hinter verschlossenen Türen damit befassen, wie sich ihre Zielsetzungen und Wahlprogramme so zusammenbringen lassen, dass daraus eine tragfähige Koalition entstehen kann. Ein erstes Sondierungstreffen fand am Dienstag statt, allerdings ohne dass schon thematisch in die Tiefe gebohrt wurde. In den nächsten Tagen finden weitere Sondierungen zwischen den anderen Parteien statt, allerdings gilt Schwarz-Grün als Favorit. Doch wie gut passen die beiden Parteien überhaupt zusammen? Hier ein Überblick über die Positionen aus den Wahlprogrammen.
Der Verkehr ist ein großes Thema in Augsburg
Das wohl härteste Thema bei den Koalitionsverhandlungen wird der Verkehr werden, weil Entscheidungen hier konkret sichtbar werden. Eine „Verkehrswende“ (mehr Fußgänger, Rad und öffentlicher Nahverkehr, weniger Auto) fordern CSU und Grüne und stimmen in vielen Dingen überein: volle Rückendeckung für den Bahnhofstunnel, Ausbau des Tram-Netzes, Tangentialbuslinien, Ausbau der Park-and-ride-Plätze und zumindest die Prüfung einer Neugestaltung der Karlstraße. Doch ab da beginnen die Unterschiede. Beide Parteien wollen den Radverkehr fördern, die CSU sieht die Ziele des laufenden Radler-Bürgerbegehrens (mehr Radwege, im Zweifel auch zulasten des Autoverkehrs) aber kritisch. Anders als die Grünen, die beim Radlerbegehren frühzeitig mitmischten, unterstützt die CSU das Begehren nicht.
Unterschiede gibt es auch bei der Verkehrsberuhigung der Innenstadt: Die Grünen wollen Parkgebühren hochsetzen, Parkplätze reduzieren und nur noch Anwohnerverkehr in der Altstadt. Der CSU geht das zu weit – sie fordert zunächst etwas weniger Parkplätze in der Maximilianstraße und mehr Platz für Flaneure. Ein Knackpunkt wird auch der Standpunkt zur Osttangente, die von der CSU gewünscht, von den Grünen abgelehnt wird. Allerdings geht es dabei eher um Symbolpolitik: Die Osttangente ist ein staatliches Projekt, das auch nicht groß auf Augsburger Stadtgebiet verläuft. Auch bei den Nahverkehrstarifen gibt es Unterschiede. Die CSU fordert eine Evaluierung der Tarifreform von 2017, die bei Teilen der Fahrgäste für Unmut sorgte. Konkrete Forderungen der CSU gibt es aber nicht. Die Grünen haben hingegen diverse Ideen wie ein 365-Euro-Jahresabo auf ihrer Agenda stehen. Die CSU fragt sich, wer das bezahlen soll.
Beim Thema Wohnen haben CSU und Grüne Differenzen
Einig sind sich CSU und Grüne, dass es mehr Wohnungen in Augsburg braucht. Die sozialgerechte Bodennutzung mit einer Sozialquote in Neubaugebieten haben sie gemeinsam mit der SPD auf den Weg gebracht, doch wenn man sich die ausklingende Ratsperiode anschaut, gab es bei diesem Thema auch öfter Meinungsverschiedenheiten, etwa was ein Baugebiet in Radegundis – inzwischen nur noch abgespeckt denkbar – oder den geplanten Lückenschluss zwischen Hammerschmiede und Firnhaberau angeht.
Die CSU will Neubaugebiete „mit Augenmaß“ ausweisen und plädiert für höhere Gebäude und die Überbauung versiegelter Flächen. Die Grünen halten neue Baugebiete aus Gründen des Flächenverbrauchs allenfalls auf Brachflächen für möglich. Zum Schwur käme es bei der konkreten Ausweisung neuer Gebiete, etwa dem von der CSU beabsichtigten Gebiet zwischen Derchinger und Südtiroler Straße, das für Gewerbe und Wohnen gedacht ist.
Die Grünen setzen auch stark auf regulierende Maßnahmen durch die Kommune, etwa eine Zweckentfremdungs- und Milieuschutzssatzung, die Mieter schützen soll. Die CSU lehnt dies eher ab. Einig sind sich die Parteien, dass Grundstücke der Stadt künftig in Konzeptvergabe verkauft werden sollen, bei der nicht allein der höchste Preis zählt.
Die Grünen fordern beim Klima- und Umweltschutz mehr
Beim Klimaschutz verfolgen beide Parteien unterschiedliche Ansatzpunkte. Die Grünen fordern „spürbare Richtungsänderungen“ und legen in Anlehnung ans Pariser Klimaschutzabkommen konkrete Ziele vor. Alle städtischen Projekte sollen unter Klimavorbehalt gestellt werden. Neben der Förderung von Solarenergie sieht das Programm der Grünen vor, dass Neubauprojekte künftig mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Die CSU setzt auf „ideologiefreies und lösungsorientiertes Vorgehen“ mit technischen Innovationen statt Regulierungen.
Auch wenn beide Parteien aus unterschiedlichen Richtungen kommen, gibt es bei den konkreten Projekten Schnittmengen. Beide Parteien wollen Flächenverbrauch begrenzen, mehr Dach- und Fassadengrün, mehr Umweltbildung und eine Reduzierung der Müllmengen. Vermutlich werden die Grünen darauf dringen, dass einige weitere Projekte in einem etwaigen Koalitionsvertrag festgeschrieben werden.
Augsburg: Einigkeit beim Thema Bildung
Bei diesem Thema dürfte es wenig Reibungspunkte geben. Das laufende Schulsanierungsprogramm soll fortgesetzt werden – der eigentliche Reibungspunkt dürfte hier nicht zwischen den Parteien, sondern wie schon bisher zwischen dem vorhandenen Sanierungsbedarf und den finanziellen Möglichkeiten liegen. Wie das Problem aufgelöst werden soll, sagen die Programme nicht konkret. Bildungsteilhabe und Chancengleichheit – die im Wahlprogramm der Grünen traditionell viel Platz einnehmen – wollen beide Parteien vorantreiben. Darauf geht auch die CSU explizit ein.
Die Wirtschaft liegt der CSU besonders am Herzen
Die wirtschaftliche Entwicklung nimmt im CSU-Wahlprogramm einen nicht geringen Stellenwert ein. Angesichts der Coronakrise dürfte das Thema noch mehr Priorität bekommen. Zentraler Punkt der CSU ist, die Wirtschaft fit für Digitalisierung und neue Arbeitsmodelle zu machen. Auch das Technologiezentrum im Innovationspark als Keimzelle für neue Ideen soll erweitert werden. Die Vorstellungen der Grünen scheinen dazu durchaus kompatibel. Viele Aspekte werden eher aus Sicht von Arbeitnehmern thematisiert, was aber kein Widerspruch ist. Bei den Themen Kreativwirtschaft und Einzelhandel in Innenstadt und Stadtteilen sind die Vorstellungen fast deckungsgleich.
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