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Augsburg: Augsburgerin tritt mit 87 Jahren aus der Kirche aus: "Lieber spende ich"

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Augsburgerin tritt mit 87 Jahren aus der Kirche aus: "Lieber spende ich"

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    Johanna Spieth aus Augsburg ist mit 87 Jahren aus der Kirche ausgetreten.
    Johanna Spieth aus Augsburg ist mit 87 Jahren aus der Kirche ausgetreten. Foto: Michael Hochgemuth

    Im Januar hielt sie es nicht mehr aus. Zu sehr habe sie sich über die Kirche geärgert. Begleitet von ihrem Sohn, der sie in die Maximilianstraße fuhr, stattete Johanna Spieth dem Standesamt einen Besuch ab. "Keine fünf Minuten hat es gedauert, dann war ich ausgetreten", sagt sie und betont: "Mit 87 Jahren!" Der Ärger habe sich aufgestaut. Eine Geldforderung kurz vor Weihnachten habe dann das Fass zum Überlaufen gebracht.

    Mit Interesse las die passionierte Zeitungsleserin kürzlich den Artikel "Schockierend: Rekord-Austrittszahlen alarmieren die Kirchengemeinden" in unserer Zeitung. 2022 waren so viele Menschen in Augsburg aus der Kirche ausgetreten wie noch nie: 4415 Personen, 1400 mehr als noch das Jahr davor. Viele Kirchenvertreter kamen zu Wort, die Gründe für einen Austritt seien oft vielfältig, kamen sie zum Schluss. 

    Johanna Spieth will der Kirche nicht geräuschlos den Rücken kehren. Sie nennt ihre Gründe und will damit unterstreichen, dass sie auch in ihrem Alter so ein Zeichen setzen könne. "Viele ältere Menschen ärgern sich auch über die Kirche oder haben sich schon lange entfremdet, aber trauen sich diesen Schritt nicht. Ich bin in einem Alter, wo mir alles Wurscht ist", betont sie. Aufgrund ihrer Immobilien, die sie sich zur Altersvorsorge gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann gekauft hatten, zahlt die Witwe nicht wenig Kirchensteuer. 458 Euro hatte sie schon für das Jahr 2021 an

    Ihr Leben lang engagierte sich Augsburgerin Johanna Spieth ehrenamtlich

    Sie sei weiterhin ein gläubiger Mensch, oftmals am Tag, wenn ihr etwas gelingt, bedanke sie sich bei Gott. Der Glaube habe sie ihr Leben lang begleitet. "Mein Mann stammte aus einem Pfarrhaus", sagt sie. Die Kirche und das Ehrenamt wurden bei ihnen immer großgeschrieben. Die Augsburgerin engagierte sich 20 Jahre beim Diakonischen Werk, 20 Jahre in der ökumenischen Telefonseelsorge, sie war Schöffin und leitete zwölf Jahre einen Seniorenkreis in ihrer evangelischen Kirchengemeinde. Sie zeigt Urkunden und Dankesschreiben. 

    Der Kontakt zu ihrer Gemeinde sei mit den Jahren weniger geworden – ihrer Meinung nach, würde sich die Kirche zu wenig bemühen, den Kontakt zu den Gläubigen zu halten. "Das ist der Fehler der Kirche. Sie ruhen sich zu sehr auf den Einnahmen aus, die sie durch die Kirchensteuer und auch durch Zuschüsse des Freistaates erhalten", findet sie. Johanna Spieth unterstützt zahlreiche Organisationen, wie das SOS-Kinderdorf oder Humedica. "Lieber spende ich", sagt die 87-Jährige. 

    Zahlungsaufforderung war finaler Grund für den Kirchenaustritt

    Hätte sie die evangelische Kirche freiwillig finanziell unterstützen können, statt die Steuern zahlen zu müssen, dann wäre sie niemals ausgetreten. So ärgere sie sich noch heute, da ihr trotz des Austritts im Januar noch bis einschließlich April Kirchensteuer von ihrer Pension abgezogen wurde. Ihre Steuernachzahlung habe sie inzwischen nach Abzug der zu viel abgezogenen Beträge überwiesen. "Ich hoffe, dass ich jetzt meine Ruhe habe."

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