Die Augsburger Stadtwerke werden angesichts der wirtschaftlichen Risiken durch die Energiekrise einen Teil ihrer für dieses Jahr geplanten Investitionen verschieben. Es geht um zehn Millionen von insgesamt 150 Millionen Euro, die in diesem Jahr unter anderem in den Fernwärmeausbau gesteckt werden sollten. Dem Vernehmen nach gibt es auch Überlegungen, die jährliche Zinszahlung an die Stadt Augsburg für die Trinkwasserschutz-Grundstücke im Stadtwald auszusetzen. Eine Entscheidung ist dazu noch nicht gefallen. Bei der Stadt beobachtet man die Entwicklungen aufmerksam. Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg sagte auf Anfrage, es gebe Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadtwerke, allerdings seien diese aktuell nicht seriös abschätzbar, weil der Markt so stark in Bewegung ist.
Stadtwerke-Sprecher sieht "Atemberaubende Preissprünge im Minutentakt"
Die Lage der kommunalen Stadtwerke ist bundesweit ein Thema. Einerseits sind sie mit hohen Einkaufspreisen fürs Gas konfrontiert, die ein Vielfaches über dem der Vergangenheit liegen. Andererseits haben sich diese Einkaufspreise noch nicht in den Preisen für die Kunden niedergeschlagen, auch weil in der Vergangenheit der Verkauf von Festpreisverträgen forciert worden war. Nun tut sich eine Lücke auf, die immer größer wird - und zu einem Problem. "Energiemengen, die nicht über langfristige Verträge abgedeckt sind, müssen wir kurzfristig am Markt zu sehr hohen Preisen nachkaufen", so Sprecher Fergg. Wenn man auf das Jahr 2023 und die Preise für den Erdgas-Einkauf schaue, sehe man "atemberaubende Preissprünge im Minutentakt". Schon jetzt liege das Preisniveau im Einkauf um 400 bis 500 Prozent über dem, was vor einem Jahr zu zahlen war.
Konkrete Zahlen, wie sich das alles in den Bilanzen der Stadtwerke in diesem Jahr niederschlagen wird, werden von dem städtischen Unternehmen bisher nicht genannt. Die Lage, sagt Fergg, sei noch unberechenbar. Klar ist: In den Wirtschaftsplänen war eine Entwicklung in dieser Dramatik nicht vorherzusehen - und nicht eingeplant. Entscheidend werde unter anderem sein, ob Russland die Nordstream-1-Pipeline nach Wartungsarbeiten kommende Woche wieder in Betrieb nimmt, so Fergg. Und unklar ist auch, wie sich die Kundenpreise konkret entwickeln werden - außer, dass sie generell steigen werden. Die Versorger fordern, dass der Bund einen Teil der Risiken abfedert, um Insolvenzen bei Privatpersonen, Unternehmen und auch Versorgern abzuwenden. Auch der Rettungsschirm für den Nahverkehr müsse 2023 fortgeführt werden. Die Fahrgastzahlen seien noch nicht auf altem Vor-Corona-Niveau.
Seit dem Frühjahr gibt es ein Sparprogramm bei den Stadtwerken Augsburg
Die Stadtwerke haben bereits seit April ein Sparprogramm am Laufen - das zweite, nachdem schon in der Corona-Krise auf die Kostenbremse getreten wurde. Alle Ausgaben stehen auf dem Prüfstand. Arbeitsplätze stehen aber nicht auf der Kippe, so Fergg. Deren Sicherung sei entscheidend. Denn ansonsten müsse man entweder Angebote für die Kundschaft einschränken oder könne Arbeiten nicht mehr erledigen, mit denen man Geld verdiene.
Zu aktuellen Zahlen äußern sich die Stadtwerke nicht, aber dass die Situation nicht unproblematisch ist, dürfte klar sein. Die Nahverkehrssparte macht in normalen Zeiten jährlich um die 40 Millionen Euro Verlust, die über den Querverbund mit der eigentlich gewinnbringenden Energiesparte ausgeglichen werden können. Wenn aus den Beteiligungen der Stadtwerke an Erdgas Schwaben und Bayerngas noch Ausschüttungen kommen, bleibt genug, um Gewinne zu machen und zu investieren. Momentan entwickeln sich Einnahmen und Ausgaben aber so, dass es immer enger wird.
Wie viel können die Stadtwerke künftig noch investieren?
Unklar ist noch, was das alles konkret bedeutet. Themen wie die Wiedereinführung des Fünf-Minuten-Takts bei den Straßenbahnen könnten schnell ins Hintertreffen geraten, ohne dass dies jetzt schon jemand bestätigt. Viel weitgehender ist die Frage, wie die Stadtwerke, die in den vergangenen Jahren mit Königsplatzumbau, Linie 3 nach Königsbrunn, Bahnhofstunnel und Gaswerk viele Investitionen in der Stadt geschultert haben und dafür auch Kredite aufnehmen mussten, künftig investieren können. Die Liste der Vorhaben ist lang, weil die Stadtwerke von der Politik als zentrale Schaltstelle für die Gestaltung von Energie- und Mobilitätswende gesehen werden.
In den kommenden vier Jahren sollen insgesamt 80 Millionen Euro in die Fernwärme gesteckt werden, perspektivisch muss ein neues Biomasseheizkraftwerk entstehen, parallel soll die Linie 5 zur Uniklinik gebaut werden. Zumindest die Investitionen im Energiemarkt sollen sich auf Dauer finanziell auszahlen. Sie sind kurzfristig aber mit sehr hohen Belastungen verbunden, wenn Infrastruktur entstehen soll. Dem Vernehmen nach soll dazu eine Strategie bis zum Herbst erarbeitet werden. Offenbar wurde vor Monaten ein externes Beratungsunternehmen beauftragt, um die Abläufe und Planungen unter die Lupe zu nehmen.