Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Augsburger Messe-Chef über die Lage: "Ein rabenschwarzes Jahr“

Augsburg

Augsburger Messe-Chef über die Lage: "Ein rabenschwarzes Jahr“

    • |
    Lorenz Rau ist neuer Chef der Messe Augsburg. Wegen Corona gibt es dort aber aktuell keine Veranstaltungen.
    Lorenz Rau ist neuer Chef der Messe Augsburg. Wegen Corona gibt es dort aber aktuell keine Veranstaltungen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Herr Rau, seit 1. September dürfen nach knapp sechs Monaten unter Auflagen wieder Messen stattfinden. Was bedeutet das für die Messe Augsburg?

    Lorenz Rau: Natürlich freuen wir uns, dass Messen und Kongresse unter Berücksichtigung klar definierter Schutz- und Hygienemaßnahmen wieder durchführbar sind und wir wieder eine Perspektive haben. Dies ist ein wichtiger Schritt zurück zur Normalität. Aber noch sind alle unsere rund 30 Mitarbeiter in Kurzarbeit – je nach Arbeitsanfall mit unterschiedlichen und flexiblen Modellen.

    Geht es nicht so schnell bergauf wie gehofft?

    Rau: Es sind für den Herbst doch noch Veranstaltungen, wie beispielsweise die Edeka-Hausmesse, kurzfristig abgesagt worden. Das hat unsere erste Euphorie tatsächlich etwas getrübt.

    Sie rechnen für das Jahr 2020 mit einem Umsatzeinbruch von mindestens drei bis vier Millionen Euro. Je nachdem, welche Veranstaltungen im Herbst noch stattfinden. Können Sie das stemmen?

    Rau: Wirtschaftlich war das für die Messe Augsburg ein rabenschwarzes Jahr. Wie für die gesamte Branche auch. Wir hatten ein wenig das Glück, dass größere Veranstaltungen im Januar und Februar noch stattgefunden haben und die Weltleitmesse Grindtec aus dem März in den November geschoben worden ist. Damit kommen wir insgesamt noch mit einem blauen Auge davon und können den Verlust in diesem Jahr beispielsweise durch Kurzarbeit oder das Zurückstellen von Investitionen etwas abfedern.

    Und was bedeutet diese Entwicklung für das Jahr 2021?

    Rau: Wenn im nächsten Jahr nicht annähernd eine Normalisierung einkehrt, dann wird es sehr schwer für uns. Aber ich bin grundsätzlich Optimist und hoffe darauf, dass sich das Infektionsgeschehen so entwickelt, dass bald weitere Lockerungen möglich sind und so das Messe- und Kongress- und Veranstaltungswesen schnell wieder in Schwung kommt.

    Aktuell gehen die Infektionszahlen aber mancherorts wieder stärker nach oben. Dennoch soll im November die internationale Leitmesse für Schleiftechnik Grindtec in Augsburg stattfinden. Haben Sie keine Sorge, sie könnte zum Corona-Hotspot werden?

    Rau: Ich mag kein Schubladendenken. Die Vorstellung, jeder Messegast bringt automatisch auch Corona mit, stimmt einfach nicht. Dazu gibt es jede Menge Faktoren, die dieses Risiko zusätzlich einschränken. Aus vielen Ländern ist es derzeit schwierig, Flüge nach Deutschland zu bekommen. Aussteller aus diesen Ländern werden daher vermutlich in diesem Jahr auf die Teilnahme an der Grindtec und anderen Messen in Augsburg verzichten. Wer dennoch aus einem Risikogebiet anreist, muss sich am Flughafen testen lassen. Dazu hat die Messe Augsburg gemeinsam mit dem Veranstalter Afag ein ganz präzises Hygienekonzept erarbeitet, das zusätzlichen Schutz bietet. Und die Unternehmen sind erpicht darauf, dass sich die Mitarbeiter daran halten. Denn glauben Sie mir, keiner will auf seiner Veranstaltung oder im Betrieb einen Corona-Fall haben. Das wäre fatal für alle Beteiligten.

    Können Sie die Bedenken mancher Aussteller und Augsburger bezüglich der Messe nicht nachvollziehen?

    Rau: Doch, sehr gut sogar. Dass es Sorgen und Bedenken gibt, ist völlig in Ordnung. Ich verurteile auch keinen, der deswegen einen Messebesuch meidet, auch wenn dieser vermutlich ein geringeres Infektionsrisiko birgt als viele Aktivitäten im täglichen Leben. Ich möchte aber auch keinen an den Pranger stellen, der eine Messe besucht oder diese durchführt, sondern dazu ermutigen. Denn aus meiner Sicht ist dies unter den geltenden Hygienevorgaben bedenkenlos möglich und aus Perspektive des Veranstalters zumindest wirtschaftlich auch ein Stück weit zu honorieren.

    Inwiefern zu honorieren?

    Rau: Viele große Messen sind aus Sorge um negative Auswirkungen abgesagt worden. Die Afag hat einen anderen Weg gewählt und sich der Herausforderung gestellt. Weil sich die Mehrheit der Aussteller für die Umsetzung der Grindtec ausgesprochen hat, bietet die Afag auch den nötigen Rahmen. Für den Standort Augsburg schafft sie ein Signal, das zeigt, dass es wieder aufwärts geht. Hoteliers dürfen sich wieder über Gäste freuen, ebenso Taxifahrer, Restaurants und Geschäfte. Messebauer und Veranstaltungstechniker erhalten wieder Aufträge - und so weiter. Messen tragen zu dem dringend benötigten wirtschaftlichen Aufschwung bei.

    Dennoch haben auch Sie eine eigene Veranstaltung für den September ins nächste Jahr verschoben. Sind Sie nicht so mutig wie die Afag?

    Rau: Jede Messe ist anders. Sie müssen in engem Kontakt mit der Branche stehen und ausloten, was dort gewollt wird. Eine Branche, die derzeit von der Krise arg gebeutelt ist und wo viele Unternehmen ums Überleben kämpfen, wird an der Durchführung einer Messe wenig Interesse haben. Die Investitionen dafür spart man sich lieber. Das muss man als Veranstalter dann auch respektieren. Messen sind die Spiegel der Märkte. Es gibt nichts Schlimmeres, als eine Messe gegen den Willen der Aussteller und Besucher durchzuführen.

    Trotz allem Verständnis und Entgegenkommen müssen Sie es aber, aus wirtschaftlichen Gründen, schaffen, wieder Veranstaltungen durchzuführen. Wie soll das gelingen?

    Rau: Wir haben im Herbst noch unsere Eigenveranstaltung, die Off-Grid-Expo und -Conference – hier dreht sich alles rund um das Thema autarke Stromversorgung. Sie findet mit Unterstützung der Aussteller und natürlich unter Einhaltung sämtlicher Corona-Maßnahmen statt. Hierfür haben wir jetzt ein von allen Behörden genehmigtes Rahmenhygienekonzept, das eine wichtige Basis für alle weiteren Veranstaltungen darstellt.

    Von Hygienekonzepten ist derzeit sehr oft die Rede. Was nutzt das Ihre aber konkret?

    Rau: Es regelt detailliert, wie Messen und Kongresse unter Einhaltung aller Corona-Maßnahmen durchgeführt werden können. Also wie es beispielsweise gelingt, lange Schlangen an den Eingängen zu vermeiden, regelmäßig zu reinigen, ausreichend Abstände zwischen Messeständen zu schaffen und so weiter. So können wir auch kleinere Kongresse oder Tagungen zu uns holen, die bislang abgesagt wurden, weil deren Veranstalter davor zurückgeschreckt sind, ein solches Hygienekonzept in Eigenregie zu entwickeln. Hier stehen wir auch schon in konkreten Verhandlungen mit Interessenten. Auch einen Bestuhlungsplan für Konzerte haben wir. Sobald diese wieder erlaubt sind, können wir sofort loslegen.

    Zur Person: Der Diplom-Kaufmann Lorenz Rau ist seit März der neue Chef der Messe Augsburg, zuvor war er zehn Jahre bei der Messe in Köln tätig. Die Messe Augsburg ist mehrheitlich im Besitz der Stadt (64,09%), weitere Gesellschafter sind die Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg sowie der Bezirk Schwaben, die IHK und die Handwerkskammer.

    Hören Sie auch:

    Lesen Sie auch:

    So sehen die Pläne für die Messe Grindtec im November in Augsburg aus

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden