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Augsburg: Augsburger Lieferdienst will künftig nicht nur Essen bringen

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Augsburger Lieferdienst will künftig nicht nur Essen bringen

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    Robin Noller bringt das Essen nach Hause. Er arbeitet für den Augsburger Lieferdienst Boxbote.
    Robin Noller bringt das Essen nach Hause. Er arbeitet für den Augsburger Lieferdienst Boxbote. Foto: Bernd Hohlen

    Am Sonntagabend werden bei Raimund Seibold und seinem Team von der Firma Boxbote die Bestellungen am laufenden Band reinkommen: „Bis 20.15 Uhr, wenn der ,Tatort‘ im Fernsehen beginnt, brennt die Hütte, danach wird es ruhiger“, sagt Seibold, der vor dreieinhalb Jahren den Essens-Lieferservice mit Sitz im Antonsviertel mitgegründet hat.

    Der Markt ist umkämpft: Restaurant-Gerichte via Internet bestellen und sie vom (Fahrrad-)Kurier nach Hause geliefert zu bekommen, ist ein Geschäft, bei dem bundesweit große Firmen mitmischen. Lieferando, Pizza.de, Lieferheld und Co. lieferten sich im vergangenen Sommer eine Werbeschlacht auf Plakatwänden. Inzwischen hat Lieferando den Großteil seiner Konkurrenten aufgekauft. Man expandiere momentan auch in Augsburg, so ein Lieferando-Sprecher.

    Die Zahl der Bestellungen steigt

    Dass man sich Essen nach Hause liefern kann, ist nichts Neues. Pizzadienste bieten den Service seit Jahrzehnten an. Doch die Bestelldienste und -vermittler im Internet bringen auch das Angebot von herkömmlichen Restaurants auf die Straße – von Pizza über asiatisch bis hin zur gutbürgerlichen schwäbischen Küche kann man sich alles nach Hause kommen lassen. Fahrradkuriere verschiedener Unternehmen mit den großen Warmhalte-Boxen auf dem Rücken sind seit etwa zwei Jahren häufiger in Augsburg zu sehen. Auch McDonald’s und Burger King werden geliefert. Selbst vegane Gerichte sind im Angebot. Münir Kusanc, der in der Maximilianstraße das Restaurant „Mom’s Table“ betreibt, sagt, dass der Anteil an über Lieferdiensten bestellten Gerichten bei ihm zunehme. „Es wird mehr, auch wenn das am Umsatz noch nicht den riesigen Anteil hat.“

    Manche von den Gastronomen, die bei einem Lieferdienst gelistet sind, sehen das Thema zwiegespalten. Zum einen wird seitens der Gastronomen eine Provision für die Lieferdienste fällig. „Und zum anderen gehen die Kunden, die über den Kurier bestellen, nicht ins Lokal“, so ein Gastronom. Das sei dann beim Getränkeumsatz spürbar. „Von den Gastronomen sind manche bei den Lieferdiensten gelistet, einfach weil sie sichtbar sein wollen“, sagt Leo Dietz, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes in Augsburg. Aus Gesprächen mit vielen Kollegen wisse er, dass das Liefergeschäft oftmals nicht den riesigen Anteil am Umsatz ausmacht. „Aber es gehört zunehmend einfach dazu, auf den Seiten präsent zu sein“, so Dietz.

    Die Motivation ist Bequemlichkeit

    Die Motivation der Kunden, sagt Boxbote-Chef Seibold, sei häufig Bequemlichkeit. „Wenn man abends erst mal in der Jogginghose steckt, will man sich nicht mehr umziehen, um ins Restaurant zu gehen.“ Manchmal komme es vor, dass sich Leute, die fast neben Lokal wegwohnen, Essen liefern lassen. Im Sommer werde später und leichteres Essen bestellt, im Winter sei deftigere Küche gefragt. Auch Lieferando sagt, dass bei schlechtem Wetter das Bestellaufkommen höher sei. Kunden müssen in der Regel für einen Mindestbestellwert ordern; zum Teil fallen zusätzlich Lieferkosten an. Zudem wird oft nicht das ganze Stadtgebiet bedient.

    Lieferando verfolgt ein etwas anderes Geschäftsmodell als klassische Lieferdienste: Die Internetseite fungiert vor allem als Bestellplattform. Teils fahren Pizzadienste, die Lieferando als zusätzlichen Vertriebskanal nutzen, oder Lokale die Bestellungen selbst aus. Nur ein Teil wird mit dem Fahrrad von Lieferando-Fahrern gebracht.

    Boxbote als lokaler Anbieter hat momentan rund 30 Radfahrer im Einsatz, die meisten sind Studenten oder machen das als Zweitjob. Nur in Ausnahmefällen kommt ein Auto zum Einsatz. Lieferando beziffert die Zahl seiner Fahrer in Augsburg auf 60. Sie seien angestellt und versichert. Demnächst dürften es mehr werden, wenn die Ende vergangenen Jahres aufgekauften Konkurrenten unter der Dachmarke Lieferando zusammengefasst werden.

    Manchmal sieht man Kuriere in der Innenstadt herumstehen, während sie auf den nächsten Auftrag warten. Bei Boxbote haben die Fahrer eine feste Anlaufstelle, wo sie sich aufwärmen können, wenn’s grad keine Aufträge gibt.

    Boxbote will sein Angebot nach und nach erweitern. Kunden können sich jetzt schon Drogerieartikel nach Hause bringen lassen. Ab Herbst will Boxbote im Auftrag von Augsburg Marketing zwei Jahre lang die Einkäufe von Innenstadtkunden nach Haus liefern. Im Obergeschoss von Bücher Pustet wird die Firma als Mieter einziehen und eine Annahmestelle einrichten. Der Service wird gratis sein.

    Neue Ideen für Lieferservice

    Seibold hat weiterführende Pläne. Die Firma will im Internet ein lokales Warenhaus einrichten, in dem Augsburger Einzelhändler ihre Waren anbieten. „Das Ziel ist eine Plattform, über die man alles bekommen kann – so etwas wie ein ,lokales Amazon‘“, so Seibold. Als Starttermin ist der Herbst angepeilt. „Die Leute arbeiten mehr, haben weniger Zeit und wollen die Dinge nach Hause geliefert bekommen“, sagt Seibold. Dies bekomme der stationäre Einzelhandel immer stärker zu spüren. Eine Lösung könne ein regionales Konzept sein. Seibolds Vision: Augsburg als „gallisches Dorf“ gegen die großen Internethändler.

    In unserem Podcast "Augsburg, meine Stadt" spricht Seibold über die holprigen Anfänge seines Startups, die Kässpätzle-Idee und das Problem mit Verpackungsmüll.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Lieferdienste: Der Sieg der Bequemlichkeit

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