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Augsburg: Augsburger Klimacamp: Drei Jahre Protest – und kein Ende in Sicht?

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Augsburger Klimacamp: Drei Jahre Protest – und kein Ende in Sicht?

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    Das Klimacamp neben dem Rathaus und die Aktionen der Augsburger Klimaaktivisten – etwa bei der Regierung von Schwaben (oben rechts) oder am Rathausportal – polarisieren.
    Das Klimacamp neben dem Rathaus und die Aktionen der Augsburger Klimaaktivisten – etwa bei der Regierung von Schwaben (oben rechts) oder am Rathausportal – polarisieren. Foto: Silvio Wyszengrad, Annette Zoepf

    Es begann vor drei Jahren mit einer Demonstration gegen das Kohlegesetz der Bundesregierung. 60 bis 70 Menschen aus dem Umfeld der Fridays-for-Future-Bewegung, die damals zu ihren Freitagsdemos noch Tausende von Schülern mobilisierte, standen vor dem Augsburger Rathaus, einige blieben über Nacht. Damit nahm am 1. Juli 2020 das Klimacamp seinen Anfang – es ist das dienstälteste Protestcamp in Deutschland zum Thema Klimaschutz. Nach drei Jahren polarisiert die Versammlung Bürger und Stadtgesellschaft nach wie vor. Manche finden es gut, andere lehnen Aktionen (für die Aktivisten teils gerichtlich verurteilt wurden), Erscheinungsbild oder Inhalte ab. Ans Aufhören denken die Klimacamper nicht, auch wenn der Aktivenkreis zwischenzeitlich kleiner geworden ist und seit etwa einem Jahr auch immer wieder Jugendliche aus der Punker-Szene im Camp zugange sind.

    Klimacamp: Augsburger Aktivisten werfen der Stadt Versäumnisse beim Klimaschutz vor

    Dass sie weitermachen, begründen die Camper mit den langsamen Fortschritten beim Klimaschutz durch die Stadt. In der Tat läuft die Stadt Gefahr, ihr selbst gestecktes Ziel zu verfehlen. 2021 setzte sich der Stadtrat das Ziel, dass Augsburg von nun an bis in alle Zukunft nur noch 9,7 Millionen Tonnen klimaschädliches CO2 ausstoßen möge – das sogenannte Restbudget. Diese Menge entspräche dem, was die Faktisch werden die 9,7 Millionen Tonnen nicht mehr einzuhalten sein. Augsburg hat jährlich einen Ausstoß von etwa zwei Millionen Tonnen CO2 , was bedeutet, dass die Restmenge zum heutigen Tag schon auf die Hälfte zusammengeschmolzen sein dürfte. Eine aktualisierte Bilanz möchte die Stadt zum Ende des Jahres vorlegen.

    Eine angemeldete Demo des Klimacamps auf der Karlstraße für eine Verkehrsberuhigung.
    Eine angemeldete Demo des Klimacamps auf der Karlstraße für eine Verkehrsberuhigung. Foto: Annette Zoepf

    Die Begrenzung auf 9,7 Millionen Tonnen wäre nur machbar gewesen, wenn die städtischen Maßnahmen auch von Vorgaben auf Landes- und Bundesebene begleitet worden wären – manches, wie das Heizungsgesetz des Bundes, ist jetzt auf dem Weg. Bis die Maßnahmen Wirkung zeigen, wird es aber noch dauern. Gleiches gilt für städtische Vorgaben wie eine Photovoltaik-Pflicht. Realistischer als die 9,7 Millionen Tonnen ist ein Restbudget von 20 Millionen Tonnen. Das entspräche dem Augsburger Anteil, um die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. 

    Ingo Blechschmidt, eine treibende Kraft hinter dem Klimacamp, sagte zum 1000-tägigen Jubiläum im März, ein Erfolg der Camper sei neben dem Fahrrad-Bürgerbegehren gewesen, dass die Stadt sich zum CO2-Restbudget bekannte. Bei der Umsetzung nutze sie ihre Spielräume aber zu wenig, darum müsse man weiter aktiv bleiben. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) kritisierte in der Vergangenheit immer wieder das Camp. Klimaschutz lasse sich nicht mit der Brechstange umsetzen, argumentiert sie. Zudem provoziere das Camp eher Diskussionen über die Form des Protests, statt über die Frage, wie man mehr Klimaschutz bewerkstelligen könne, so Weber. Die Stadt hatte das Camp schon eine gute Woche nach der Gründung räumen lassen wollen, weil sie die Voraussetzungen für eine Demonstration nicht erfüllt sah, scheiterte damit aber vor Gericht in zwei Instanzen. Diese Urteile respektiere man, so die Stadt, die seitdem keine Schritte mehr unternahm, um das Camp loszuwerden.

    FDP zu Augsburger Klimacamp: "Wahrung des Koalitionsfriedens ist keine Rechtsgrundlage"

    Die FDP forderte von der Stadt zuletzt einen erneuten Vorstoß, das Camp rechtlich zu überprüfen. Der Räumungsbescheid von 2020 fußte auf einer Beurteilung des Camps durch das Bürgeramt über die ersten Tage hinweg. Nur für diesen Zeitraum stellten die Gerichte – anders als die Stadt – fest, dass das Camp eine vom Versammlungsrecht geschützte Veranstaltung war. Ein Grundsatzurteil wurde aber nie gefällt. Der Augsburger FDP-Vorsitzende Ralf Neugschwender sagt, dass sich der Charakter des Camps inzwischen verändert habe. "Stand in der Anfangszeit wirklich noch das Ziel des Klimaschutzes im Mittelpunkt, so haben sich die Themen des Camps so ausgeweitet, dass man das Klimacamp bald in 'Camp für Gesellschaftskritik' umbenennen müsste", so Neugschwender. 

    Inzwischen unterstützt das Camp beispielsweise Oben-ohne-Demos von Frauen oder äußert sich zur Wohnungsproblematik. Vor diesem Hintergrund müsse jetzt noch einmal geklärt werden, ob das Camp vom Versammlungsrecht geschützt sei. "Dieses Leben in der Grauzone ist nur auf den Zwang zum Koalitionsfrieden zwischen CSU und Grünen zurückzuführen", sagt der FDP-Chef. Und übt Kritik: "Die Wahrung des Koalitionsfriedens ist aber keine ausreichende Rechtsgrundlage für die dauerhafte Errichtung eines Camps auf dem Fischmarkt, sondern letztlich willkürliches Verwaltungshandeln."

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast mit dem Aktivisten Ingo Blechschmidt über die Klimakrise und die "Letzten Generation" an:

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