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Augsburg: Augsburger Geschichte: Das Zusammenleben mit den Amerikanern

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Augsburger Geschichte: Das Zusammenleben mit den Amerikanern

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    Zwischen 1945 und 1998 gehörten die US-Truppen zum Augsburger Stadtbild, auch die Kneipenszene war von den Amerikanern mitgeprägt.
    Zwischen 1945 und 1998 gehörten die US-Truppen zum Augsburger Stadtbild, auch die Kneipenszene war von den Amerikanern mitgeprägt. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Es war ein bewegender Moment, bei dem Tränen flossen: Am 19. Juni 1998 holten die in Augsburg stationierten US-Soldaten zum letzten Mal das Sternenbanner ein. 12.000 Menschen waren im Rosenaustadion dabei, um die GIs nach über 50 Jahren US-Präsenz in der Stadt zu verabschieden. Jetzt kehren die Erinnerungen zurück. Eine Schau im neu eröffneten Amerika-Haus auf dem Sheridan-Gelände lässt das Kapitel Nachkriegsgeschichte wieder lebendig werden.

    Augsburgs Alt-OB Menacher kam zur Eröffnung des Amerika-Hauses

    Zwischen 1945 und 1998 gehörten Amerikaner zum Augsburger Stadtbild. Sie hatten zeitweise einen Bevölkerungsanteil von über zehn Prozent. Verabschiedet wurden die US-Truppen vom damaligen Augsburger Oberbürgermeister Peter Menacher. Der Alt-OB kam am Samstag auch zur Eröffnung des neuen Amerika-Hauses. Dort traf er auf Colonel Brian E. Hooper von der 66. Military Intelligence Brigade, Wiesbaden. Diese Truppe war die letzte in Augsburg stationierte Einheit.

    Colonel Hooper hält das Amerika-Haus in Pfersee für wichtig

    Hooper sagte, das Amerika-Haus sei ein wichtiges Projekt. Egal, was in der Politik passiere, entscheidend sei, dass Deutsche und Amerikaner in Freundschaft vereint bleiben. Ähnlich sieht es Menacher: „Ich begrüße die Initiative sehr. Es handelt sich um ein halbes Jahrhundert Nachkriegsgeschichte in Augsburg, die man nicht vergessen sollte.“ Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) ließ sich wegen einer Familienfeier entschuldigen. Sie will sich die im Vorfeld umstrittene Schau in den kommenden Tagen ansehen. Vertreten wurde Weber von Stadtrat Matthias Fink. Er hat selber noch viele Erinnerungen an die Zeit der Amerikaner in Augsburg – etwa an das Deutsch-Amerikanische Volksfest in der Bürgermeister Ackermann-Straße mit „Icecream“, an den US-PX-Store, dessen Waren sehr gefragt waren, oder an die US-Militärpolizei, um die man damals lieber einen großen Bogen machte.

    Mit Blick auf den Streit um die neue Ausstellung sagte Fink: „Ich halte es für bedenklich, welches Misstrauen den Protagonisten entgegenschlägt.“ Er fände es schade, wenn Antiamerikanismus hinter der Kritik stecken sollte. Die Halle 116 biete die einmalige Chance, deutsche Geschichte mit allen ihren Höhen und Tiefen darzustellen. CSU-Abgeordneter Johannes Hintersberger sprach von einem guten Tag für die Erinnerungskultur und für bürgerschaftliches Engagement. Die neue Schau ist ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Vereine Amerika in Augsburg (AiA) und American Car Friends (ACFA). Sie haben dafür jahrelang Exponate gesammelt und zum Teil vor dem Abriss aus den Kasernen gerettet.

    Aus Sicht von Kritikern passen die Ausstellung und die Vereinsaktivitäten der American Car Friends im Umfeld nicht in die Halle 116. Das Gebäude war im Nazi-Regime ein KZ-Außenlager von Dachau. Bis zu 2000 Zwangsarbeiter waren dort untergebracht und wurden von Aufsehern schikaniert. Die Ausstellungsmacher halten dagegen, dass sie sich streng an das Konzept der Stadt für den künftigen Erinnerungs- und Lernort Frieden halten würden.

    Viele Facetten der deutsch-amerikanischen Beziehungen

    In der Halle 116 waren später Autowerkstätten der US-Truppen in der Sheridan-Kaserne. Nun sind an dem historischen Ort viele Erinnerungsstücke an diese Zeit zu sehen, beispielsweise originale Teile aus der ehemaligen US-Poststation, Szenen aus dem früheren PX-Supermarkt oder Sessel aus dem alten Reese-Theater.

    Die Sheridan-Kaserne von oben: früher und heute

    Auch ein amerikanischer Barber-Shop wurde nachgebildet. Thematisiert werden viele Facetten der deutsch-amerikanischen Beziehungen in Augsburg, angefangen bei der Befreiung der Stadt vom Nazi-Regime durch US-Truppen über die „7708 War Crimes Group“, deren Mitglieder als Nazi-Jäger von Augsburg bekannt geworden sind, bis hin zum Abzug der letzten US-Soldaten. Texttafeln und weitere Exponate zeigen die vielfältigen militärischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verflechtungen, die zwischen den US-Truppen und der einheimischen Bevölkerung entstanden sind.

    Amerika-Haus hat derzeit nur einen Duldungsstatus

    Derzeit hat das Amerika-Haus im künftigen Erinnerungs- und Lernort Halle 116 der Stadt nur einen Duldungsstatus. Max Lohrmann von AiA kündigte dennoch an, dass die aktuelle Präsentation nur ein erster Schritt sein soll. Künftig seien weitere deutsch-amerikanische Themen bis hin zur Zeit des Mauerfalls geplant. „Unser Ziel ist, den städtischen Lernort Frieden mit Ausstellungsstücken zu ergänzen, die dort nicht gezeigt werden.“

    Sie freuen sich über das Neue Amerika-Haus: US-Colonel Brian E. Hooper (links)  und Altoberbürgermeister Peter Menacher.
    Sie freuen sich über das Neue Amerika-Haus: US-Colonel Brian E. Hooper (links) und Altoberbürgermeister Peter Menacher. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Von den einstigen amerikanischen Soldaten in Augsburg leben viele noch heute mit ihren Familien in der Stadt und im Umland. Auch bei ihnen kommt das neue Amerika-Haus gut an. Timothy Sullivan hat eigens eine Operation verschoben, um bei der Eröffnung dabei zu sein. Er sagt, „ich verstehe, dass man NS-Opfer würdigen muss, aber ich finde das Projekt nicht unpassend. Schließlich haben wir Amerikaner die Deutschen befreit“.

    Die Reese-Kaserne von oben: früher und heute

    Auch US-Veteran James Belcher findet es wichtig, dass Deutsche und Amerikaner weiter Kontakt pflegen, um gemeinsam stark zu sein, wie er sagt.

    Geöffnet ist die neue Amerika-Ausstellung in der Karl-Nolan-Straße bis Ende Oktober, immer sonntags zwischen 14 bis 17 Uhr und donnerstags zwischen 16 und 18 Uhr. Wegen der Corona-Regeln dürfen nach Angaben der Veranstalter nicht mehr als 20 Personen gleichzeitig in die Halle.

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