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Augsburg: Fuggerei knüpft Kontakte zu Milliarden-Stiftung in den USA

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Fuggerei knüpft Kontakte zu Milliarden-Stiftung in den USA

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    Darren Walker, Präsident der Ford Foundation, besuchte die Augsburger Fuggerei. Alexander Graf Fugger-Babenhausen führte ihn durch die älteste Sozialsiedlung der Welt.
    Darren Walker, Präsident der Ford Foundation, besuchte die Augsburger Fuggerei. Alexander Graf Fugger-Babenhausen führte ihn durch die älteste Sozialsiedlung der Welt. Foto: Michael Hochgemuth

    Darren Walker hat Humor: "Die Amerikaner glauben immer, sie hätten alles erfunden", sagt er augenzwinkernd. Oft übersähen sie dabei, dass es viele gute Ideen längst schon anderswo gibt. Die Fuggerei zum Beispiel sei eine davon, "doch die meisten Amerikaner haben wohl noch nie von ihr gehört". Auch Walker ist sie ja erst seit gut eineinhalb Jahren ein Begriff. Damals nahm die Augsburger Sozialstiftung erstmals mit dem Präsidenten der US-amerikanischen Ford-Stiftung Kontakt auf. Am Samstag, zum Abschluss der 500-Jahr-Feier der Fuggerei, kam Walker nach Augsburg, um sich sein eigenes Bild zu machen.

    Es gibt durchaus Parallelen zwischen der Fuggerei und der Ford Foundation, die 1936 vom Industriellen Henry Ford gegründet wurde. Beide Stiftungen versuchen auf ihre Art, Bedürftigkeit zu bekämpfen – die eine, indem sie Menschen Wohnraum bietet. Die andere, indem sie sich gegen die Ungleichbehandlung einsetzt, sei es, weil sie arm sind oder die scheinbar "falsche" Hautfarbe haben. Walker nutzte seinen Besuch in Augsburg, um sich in der Sozialsiedlung umzusehen und mit Fuggerei-Bewohnern ins Gespräch zu kommen. Mit Alexander Graf Fugger-Babenhausen, dem Vorsitzenden des Fuggerschen Stiftungsseniorats, tauschte er sich auch über die Frage aus, was andere Stiftungen und Länder von der Augsburger Siedlung lernen können.

    Präsident der Ford-Stiftung: "Intoleranz ist Normalität geworden"

    "Die Idee Jakob Fuggers, Menschen in Armut ihre Würde zurückzugeben war für seine Zeit radikal", sagt Walker. Andrew Carnegie habe in seinem Essay "The Gospel of Wealth" (Das Evangelium des Reichtums) ähnliche Ideen vertreten – "aber erst Ende des 19. Jahrhunderts". Wohnungsnot sei auch in vielen amerikanischen Städten eines der größten Probleme. "In San Francisco wohnen immer mehr Menschen in Wohnmobilen, weil sie keine Wohnung bezahlen können." Auf so manch aktuelle gesellschaftliche Entwicklung blickt Walker mit Besorgnis: Bedürftigen mit Großzügigkeit zu begegnen, sei eine Tugend, die mehr und mehr verloren gehe. "Intoleranz ist für uns Normalität geworden, auch in den USA – und das ist nicht erst so, seit Trump Präsident war."

    Was ihn ebenfalls beunruhigt: "Die Demokratie ist in Gefahr." Dies zeige nicht nur der Blick in die Ukraine, sondern auch der in die Vereinigten Staaten und andere Länder. "Selbst in manch demokratischem Land werden bei demokratischen Wahlen Autokraten ins Amt gehoben. Wir von der Ford Foundation sind darüber sehr beunruhigt." Die Stiftung mit einem Vermögen von rund 16 Milliarden US-Dollar hat sich zum Ziel gesetzt, die Demokratie zu stärken. Eine schwierige Aufgabe, sagt Darren am Rand seines Augsburg-Besuchs – und auch eine, die Rückschläge erlitten hat: "Wir alle haben gefeiert, als die Sowjetunion zerschlagen wurde, weil wir glaubten, jetzt würden sich überall Demokratien entwickeln. Heute haben wir auf dieser Welt weniger demokratische Länder als damals."

    Darren Walker: Idee der Augsburger Fuggerei in die Welt tragen

    Wie seine Stiftung das ändern will, wird Walker gefragt. "Durch Hoffnung. Sie ist der Sauerstoff der Demokratie." Wo Menschen teilhaben und sich einbringen können, wachse diese Hoffnung. Auch deshalb sei die Augsburger Fuggerei für ihn eine Idee, die es wert ist, in die Welt getragen zu werden. Eben das wollen die Fuggerschen Stiftungen tun: Aus Anlass des 500-jährigen Bestehens der Sozialsiedlung haben sie mit zahlreichen Experten darüber diskutiert, was die Fuggerei ausmacht und weshalb sie über so viele Jahrhunderte hinweg selbst große Krisen überstehen konnte. Die Ergebnisse dieser Debatten sollen nun dazu beitragen, eine Art "Anleitung" an Menschen weiterzugeben, die in anderen Ländern ähnliche Stiftungen ins Leben rufen wollen. Sehr konkret ist eine solche "Fuggerei der Zukunft" bereits für Sierra Leone in Afrika und für Litauen.

    Der Holzpavillon auf dem Augsburger Rathausplatz, in dem die Fuggerei-Feierlichkeiten stattfanden, wird nun abgebaut und findet künftig Platz an einem Ort, der eng mit einer visionären Idee der Fuggerschen Stiftung verbunden ist. Er wird im Kunst- und Skulpturenpark der Stiftung Fraeylemaborg im niederländischen Groningen wieder aufgestellt.

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