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Augsburg: Augsburger fürchten um Angehörige in Israel und vor importiertem Terror

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Augsburger fürchten um Angehörige in Israel und vor importiertem Terror

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    Jüdische Einrichtungen wie die Synagoge in der Halderstraße werden besonders geschützt. Zwar steht nicht immer Polizei vor dem Gebäudekomplex, es wird aber häufiger kontrolliert.
    Jüdische Einrichtungen wie die Synagoge in der Halderstraße werden besonders geschützt. Zwar steht nicht immer Polizei vor dem Gebäudekomplex, es wird aber häufiger kontrolliert. Foto: Anna Kondratenko

    Vor dem Augsburger Rathaus wehte am Montag die israelische Flagge. Ein Zeichen der Solidarität nach dem Großangriff der radikalen Palästinenserorganisation Hamas gegen Israel. Unterdessen bangen zahlreiche Augsburger um ihre Familien und Freunde im Krisengebiet. Die Furcht vor gewalttätigen Übergriffen auf jüdisches Leben in der Stadt wächst. Doch eine Zusage sorgt bei der israelitischen Kultusgemeinde für Zuversicht.

    In Augsburgs jüdischer Gemeinde haben sehr viele Familie und Verwandte in Israel, die jetzt von Gewalt und Terror betroffen sind. Die persönlichen Verbindungen nach Israel seien sehr eng, sagt Hermann Bredl, Pressesprecher der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). "Es gibt eine ganz große Sorge und Betroffenheit." Carmen Reichert vom Jüdischen Museum hat ebenfalls viele persönliche Kontakte in Israel und Freunde dort. Sie sagt, fast alle jungen Männer und viele Frauen seien vom Militär eingezogen worden, nachdem Israel den Kriegszustand ausgerufen hat. Entsprechend gedrückt sei die Stimmung bei deren Angehörigen. 

    WSA-Empfang wegen "familiärer Betroffenheit" abgesagt

    WSA-Stadtrat Peter Grab hat "aufgrund familiärer Betroffenheit hinsichtlich des furchtbaren Kriegs in Israel" den geplanten Herbstempfang der Vereinigung "Wir sind Augsburg" am 14. Oktober abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben, wie er mitteilt. Bekannt ist, dass eines seiner erwachsenen Kinder seit längerem in Israel lebt. Zu persönlichen Details wollte sich Grab am Montag öffentlich nicht äußern, doch es ist davon auszugehen, dass auch er große Sorgen hat. Auf Facebook nimmt er politisch klar Stellung zu den Ereignissen: "Der kriegerische Angriff der Hamas ist durch nichts zu rechtfertigen, sondern einzig blanker Terror gegen die israelische Bevölkerung!" Dabei werde in Kauf genommen, dass auch die palästinensische Bevölkerung aufgrund der Folgen leiden werde. 

    Vor dem Rathaus wehte am Montag die Israelische Flagge.
    Vor dem Rathaus wehte am Montag die Israelische Flagge. Foto: Anna Kondratenko

    Darüber hinaus gibt es die Sorge vor importiertem Terror. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat am Montag vor Übergriffen auf jüdische Einrichtungen in Deutschland gewarnt. "Aus der jüngeren Vergangenheit wissen wir: Wenn Israel von der antisemitischen Terrororganisation Hamas angegriffen wird, steigt auch die Gefahr für Jüdinnen und Juden in Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). In Augsburg hatte die IKG aus Sicherheitsgründen die Gottesdienste in der Synagoge an der Halderstraße am Samstagabend und Sonntag abgesagt, so Sprecher Bredl. Eigentlich hätte am Sonntag zum Abschluss der hohen jüdischen Feiertage das "Fest der Torafreude" (Simchat Tora) stattfinden sollen. Seit Montag sei die Synagoge für Gottesdienste wieder offen, so Bredl, allerdings unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben, das sich im selben Gebäude-Komplex an der Halderstraße befindet, bleibt nach Absprache mit den lokalen Sicherheitsbehörden bis einschließlich Donnerstag für den Besucherverkehr vorerst geschlossen. Danach soll die Lage neu bewertet werden. 

    Jüdisches Museum Augsburg ist in der Zwickmühle

    Laut Museumsdirektorin Carmen Reichert ist die Lage nicht einfach. Man sei sich bewusst, dass der öffentliche Museumsbetrieb grundsätzlich eine potenzielle Gefährdung für die jüdische Gemeinde mit sich bringen könne. "Gleichzeitig wollen wir, dass die Menschen lebendiges Judentum kennenlernen." Dies sei eine Präventionsarbeit gegen Antisemitismus. Bis zu 30.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr kommen nach ihren Angaben ins Museum, etwa die Hälfte sind Schülerinnen und Schüler. Reichert sagt, ihr mache inzwischen nicht nur der Antisemitismus aus rechtsradikalen Kreisen Sorgen, sondern auch derjenige aus der arabischen Sphäre. Beide würden den Nährboden bereiten, dass auch hierzulande etwas explodieren könne. 

    IKG-Sprecher Bredl hat den Eindruck, dass die gesellschaftliche Stimmung in Deutschland insgesamt aggressiver geworden ist. Alle schwächeren Gruppierungen seien "vital auf Schutz angewiesen". Auch er verweist darauf, dass gewalttätige Übergriffe durch Extremisten nicht auszuschließen seien. Eines gebe der jüdischen Gemeinde in Augsburg jedoch Zuversicht: Bei allen Bedrohungslagen stehe man in sehr engem Kontakt mit den Sicherheitsbehörden in Schwaben. Die Zusammenarbeit mit der Polizei, mit städtischen Behörden, dem Augsburger Ordnungsreferenten Frank Pintsch und Oberbürgermeisterin Eva Weber sei sehr gut. "Wir verlassen uns darauf, dass wir geschützt werden, das wurde uns zugesagt", so Bredl. In der auf entsprechende Maßnahmen.

    Polizei: Keine Pro-Hamas-Aktionen in Augsburg bekannt

    Seit dem Anschlag in Halle am 9. Oktober 2019 unterliegen jüdische Veranstaltungen und Einrichtungen danach stets einem besonderen Schutz durch die Polizei. "Diese Maßnahmen werden somit schon seit Längerem durchgeführt." Genauere Angaben zu Objektschutzmaßnahmen könne das Präsidium aus einsatztaktischen Gründen nicht machen. In Berlin hatte zuletzt eine Pro-Hamas-Kundgebung für Entsetzen und scharfe Kritik von Politikern verschiedener Parteien gesorgt. In Augsburg seien ähnliche öffentliche Aktionennach derzeitigem Stand bei der Nordschwäbischen Polizei nicht bekannt, hieß es auf Anfrage. Ist die Polizei auf Konflikte, die nach Augsburg getragen werden, vorbereitet? Man habemögliche Konfliktpotenziale und hat die aktuelle Lage im Blick, so die Pressestelle.

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