Will Augsburg in absehbarer Zeit klimaneutral werden, wird es erhebliche Änderungen bei der innerstädtischen Mobilität geben müssen. Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungsunternehmen Klimakom, das im Auftrag der Stadt Wege zur CO2-Reduktion aufzeigen soll. Ergebnisse der Studie soll es im Herbst geben, allerdings sei schon heute erkennbar, dass es vor allem beim Verkehr ein Umsteuern geben müsse. Bei der Strom- und Wärmeversorgung von Augsburger Haushalten und Firmen seien dagegen schon Senkungen absehbar, wenn man die aktuellen Trends fortschreibe, sagt Nina Hehn von Klimakom. Ausreichend sei dies zwar bei Weitem noch nicht, im Verkehr müsse man aber eine reelle Trendumkehr schaffen.
Was den CO2-Ausstoß betrifft, ergebe sich angesichts der steigenden Kfz-Zulassungszahlen der vergangenen Jahre eine Steigerung, wenn sich diese Entwicklung so fortsetze. "Wenn man die CO2-Emissionen runterbringen will, gilt es hier etwas zu tun", so Hehn. Es werde darum gehen müssen, öffentlichen Nahverkehr und Radverkehr zu stärken und den verbleibenden Autoverkehr über Elektroantrieb abzuwickeln. Auch Strom und Wärme müssten zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen.
Das Augsburger Klimaziel gilt als anspruchsvoll
Klimakom soll einen Weg aufzeigen, wie Augsburg das vom Stadtrat beschlossene Restbudget von 9,7 Millionen Tonnen CO2 einhalten kann. Das Ziel gilt als sehr anspruchsvoll, weil in Augsburg aktuell mehr als zwei Millionen Tonnen pro Jahr entstehen. Würde Augsburg so weiterwirtschaften wie bisher, blieben nur noch viereinhalb Jahre, bis das Budget aufgebraucht wäre. Wenn zügig Maßnahmen in Angriff genommen würden und Wirkung zeigten, verlagere sich aber der Zeitpunkt nach hinten. Dann könnte das Jahr 2031 als Horizont gelten, so Hehn.
Etwas Verwirrung gab es zur Frage, ob der Bericht im Herbst einen Pfad mit konkreten Maßnahmen aufzeigen wird. Ursprünglich war Klimakom dafür beauftragt worden, eine Halbierung des CO2-Ausstoßes bis 2030 und eine Klimaneutralität bis 2050 aufzuzeigen. Das Restbudget von 9,7 Millionen Tonnen als Zusatzauftrag kam erst später dazu, nachdem der städtische Klimabeirat und das Klimacamp Druck aufbauten. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) betonte, dass auch für das Restbudget ein Weg mit konkreten Vorgaben aufgezeigt werden müsse. Seitens des Klimacamps wird gefordert, sofort in Maßnahmen einzusteigen, etwa eine komplette Umstellung der Stadtwerke auf Ökostrom. Damit ließen sich 500.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen, so Aktivist Ingo Blechschmidt. Das sei ein guter Anfang. Stadtwerke-Chef Alfred Müllner sagte, dass es nach wie vor Kunden gebe, die den günstigsten Strommix mit Kohle- und Atomanteil haben wollten. Man wolle diese halten und nach und nach umstellen, auch um mit den Einnahmen Ökostrom-Projekte anzuschieben. Aktuell, so Grünen-Fraktionschef Peter Rauscher, mache es keinen Sinn, die Stadtwerke zum Öko-Nischenanbieter umzubauen, zumal der Graustrom ja weiterhin nachgefragt werde.
Sozialfraktion und Klimacamp hatten der Stadt im Vorfeld vorgeworfen, zu zögerlich vorzugehen, und die Stadtratssitzung als "PR-Veranstaltung" bezeichnet. In der bis weit in den Abend dauernden Sitzung beschloss der Stadtrat unter anderem, dass die Forstverwaltung versuchen soll, die Waldflächen zu erweitern, um den CO2-Ausstoß zu kompensieren. Weitreichendster Beschluss waren deutlich höhere Energiestandards bei städtischen Bauten, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) betonte, die Sondersitzung vom Dienstag sei nur ein weiterer Schritt beim Klimaschutz. Um die 9,7 Millionen Tonnen Restbudget einhalten zu können, seien noch massive Anstrengungen nötig. Der Vorwurf der "PR-Veranstaltung" sei böswillig. "Die Art und Weise, wie diese Diskussion geführt wird, ist befremdlich."
Die Sitzung verlief von Anfang an in gespannter Atmosphäre zwischen Stadtregierung und Opposition. Die Sozialfraktion und Bürgerliche Mitte wollte unter anderem die Einebnung des Radparcours im Gögginger Wäldchen auf die Tagesordnung nehmen, ebenso wie die Überlegungen zur Verkehrsberuhigung von Altstadt und Maximilianstraße. "Wenn wir nicht heute drüber reden, wann dann? Das Bedürfnis, darüber zu reden, sollten wir seit einem Jahr haben - zumindest haben es alle so dargestellt", so Stadtrat Dirk Wurm. Eine Dringlichkeit verneinte aber die Mehrheit.
Klima-Aktivisten blockieren die Gögginger Straße in Augsburg
Im Vorfeld der Sondersitzung bildeten Aktivisten des Klimacamps und der Fridays-for-Future-Bewegung am Dienstag eine Menschenkette vor der Kongresshalle und blockierten zeitweise die Gögginger Straße in beide Fahrtrichtungen. Die Polizei leitete den Verkehr etwa eineinhalb Stunden lang um. Auf der Rosenaustraße kam es zu längeren Staus. Die Aktivisten hielten speziell der CSU im Stadtrat mit Plakaten wie "CSU Ende und Systemwende" Untätigkeit vor. Der Stadtrat werde nichts beschließen, sondern Schwarz-Grün mache die Sitzung zu einer "Werbeveranstaltung". Nachdem die Demo angekündigt war, war ein größeres Polizeiaufgebot vor Ort.
Im Stadtrat erhielten die Aktivisten kein Rederecht, was die Sozialfraktion zunächst gefordert hatte. Oberbürgermeisterin Weber sagte, es gebe viele Aktive in Augsburg, die sich seit Jahrzehnten für den Klimaschutz engagierten, etwa die Lokale Agenda. Wenn, dann sei der Umweltausschuss der richtige Ort für eine derartige Aussprache. Umweltreferent Erben betonte, dass die Stadt beim Klimaschutz deutlich zulegen müsse. "Das Thema muss ab jetzt ganz oben auf der Tagesordnung stehen." Die jetzige Generation sei die letzte, die noch Gestaltungsspielräume habe, bevor Entwicklungen unumkehrbar würden. "Wir wollen die Klimakrise mit allen Mitteln aufhalten." Nötig sei dafür entsprechende Unterstützung von Bund und Land für Kommunen. Diese allein seien überfordert.
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