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Augsburg: Augsburg ist auf dem Weg zur barrierefreien Stadt

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Augsburg ist auf dem Weg zur barrierefreien Stadt

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    An der Haltestelle Von-Parseval-Straße auf der Linie 3 nahe des Berufsschulzentrums fehlt unter anderem ein Rillenstreifen für Sehbehinderte. Die Stadtwerke investieren in diesem Jahr 3,3 Millionen Euro in den Ausbau von Haltestellen.
    An der Haltestelle Von-Parseval-Straße auf der Linie 3 nahe des Berufsschulzentrums fehlt unter anderem ein Rillenstreifen für Sehbehinderte. Die Stadtwerke investieren in diesem Jahr 3,3 Millionen Euro in den Ausbau von Haltestellen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Zahl der öffentlichen Gebäude, die barrierefrei zugänglich sind, ist in Augsburg in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Auch im öffentlichen Raum, etwa der Fußgängerzone, gibt es Verbesserungen. „Man hört sich unsere Vorstellungen inzwischen an. Wir sind relativ zufrieden, auch wenn es natürlich noch an der einen oder anderen Stelle Verbesserungsbedarf gibt“, sagt Claudia Nickl, Vorsitzende des Behindertenbeirates.

    Bis 2023, so eine Vorgabe der Staatsregierung, soll der öffentliche Raum in Bayern barrierefrei sein. Das setzt Kommunen, staatliche Behörden und Verkehrsbetriebe unter Druck. Beim 300 Millionen schweren Schulsanierungsprogramm werden mehrere Schulen unter anderem mit einem Aufzug nachgerüstet. Die Stadtwerke werden in diesem Jahr 18 Straßenbahnhaltestellen barrierefrei umgestalten. Das kostet 3,3 Millionen Euro. Der Bedarf ist da. Denn in Augsburg leben rund 24 000 Menschen mit Schwerbehinderung, die zu mehr als 50 Prozent in der Erwerbsfähigkeit gemindert sind – das sind mehr als acht Prozent der Bevölkerung. Dazu zählen Rollstuhlfahrer, Sehbehinderte oder Menschen mit Organdefekten.

    Thema war die barrierefreie Ausstattung von städtischen Gebäuden allerdings bei den Haushaltsberatungen. Denn für den Aufzug im Standesamt, ein Projekt, das seit etlichen Jahren angemahnt wird, ist im Etat kein Geld enthalten. FW-Stadtrat Volker Schafitel erzürnt das. Es könne ja kaum ein Dauerzustand sein, dass die Oma im Rollstuhl die Treppe hochgetragen werden müsse, wenn der Enkel heirate. Für 2019 steht der Aufzug nun im Investitionsprogramm der Stadt, das allerdings unverbindlich ist. Geschoben wurde der Aufzug, weil am Standesamt dann noch weitere Baumaßnahmen fällig werden, die besser auf einmal erledigt werden.

    Vieles hat sich schon verbessert, so die Stadt

    Die Stadt verweist auch darauf, in den vergangenen Jahren in vielen Häusern Verbesserungen erreicht zu haben: das Verwaltungsgebäude am Rathausplatz mit Bürgerinfo, das Gesundheitsamt, die Bürgerbüros, das Sozialamt und das Verwaltungsgebäude am Elias-Holl-Platz. Es handle sich um eine „nie endende Aufgabe“, sagt Stadtsprecherin Elisabeth Rosenkranz.

    Bei Neubauten schreibt die Bauordnung Barrierefreiheit vor. „Sanierungen im Bestand erfolgen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“, so Rosenkranz. Ein jahrelang diskutierter Außenaufzug am Schaezlerpalais ist momentan aus Finanzgründen kein Thema mehr. Aus Gründen des Denkmalschutzes wurde die zuletzt favorisierte Lösung recht teuer.

    Im Großen und Ganzen passe es aber bei öffentlichen Gebäuden, sagt Benedikt Lika, der im Elektrorollstuhl sitzt und Stadtrat der CSU ist. „Da, wo ich unterwegs bin, fällt mir nichts auf.“ Bei Privathäusern und in Unternehmen sieht er hingegen Bedarf. Nötig wäre ein Investitionsprogramm, um für Immobilieneigentümer Anreize zu schaffen. „Es gibt aber schon ein Umdenken, zumal der demografische Wandel uns in die Karten spielt. Es wird mehr alte Menschen geben, und wenn die nicht mehr ins Geschäft kommen, fehlen in ein paar Jahren auf einmal Teile der Kundschaft.“ Auch die Gastronomie stelle sich zunehmend auf das Thema ein.

    „Gerade mobilitätseingeschränkte Personen sind auf uns angewiesen, weil sie mitunter nicht Auto fahren können“, sagt Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg. Die Verkehrsbetriebe werden in diesem Jahr 38 ihrer 187 Bahnsteige im Straßenbahnnetz barrierefrei ausstatten. Betroffen sind 18 Haltestellen auf den Linien 2 (Ast nach Haunstetten-Nord), 3 (Ast nach Haunstetten-West) und 4 (Augsburg-Nord).

    Höhere Bahnsteige, weiße Rillenstreifen, Blindensensoren an Ampeln

    Abgesehen von der Linie 2, die wegen Gleiserneuerungen in den Sommerferien ohnehin nicht fahren wird, müssen die betroffenen Haltestellen jeweils zwei Wochen außer Betrieb genommen werden. Los geht’s auf der Linie 3 am 20. März an der Universität. Bis zum 2. April, wenn der Semesterbetrieb wieder anläuft, wollen die Stadtwerke hier fertig sein. Die anderen Linien folgen dann im Sommer. Aktuell sind 85 Straßenbahn-Bahnsteige vollständig barrierefrei. Weitere 68 Bahnsteige sind zumindest bedingt barrierefrei.

    Konkret geht es um höhere Bahnsteige, weiße Rillenstreifen für Sehbehinderte an der Kante und um Blindensensoren an Ampeln. Viele dieser Summer müssen ausgetauscht werden – anders als die alten Geräte, die bei Grünlicht vibrieren, geben die neuen Geräte ein ständiges Ticken von sich. Am Königsplatz ist das Klackern der vielen Geräte an den Ampelmasten gut vernehmbar. Je nach Umgebungslärm ticken sie lauter oder leiser. So sollen Sehbehinderte die Geräte überhaupt erst finden. Drückt man unten einen Knopf, piepst das Gerät bei Grünlicht. Allerdings werden nicht alle Haltestellen barrierefrei ausrüstbar sein. „Beim Rathausplatz würde es schwierig“, sagt Stefanie Rohde, Bereichsleiterin für den Fahrbetrieb. Für Bushaltestellen ist die Bauverwaltung der Stadt zuständig. Nach einer Zählung aus dem Jahr 2015 sind bei den Bushaltestellen rund 70 Prozent noch nicht barrierefrei.

    So genannte „Bompeln“ (hier mehr dazu) wollen die Stadtwerke vorläufig übrigens nicht mehr installieren. Diese im Boden versenkten LED-Lichter warnen an den Haltestellen „Hochschule“ und „Von-Parseval-Straße“ vor herannahenden Trams. Zielgruppe sind vor allem Schüler und Studenten, die nach unten ins Smartphone starren. Aber auch Sehbehinderte haben die Bodenampeln schon gelobt. Allerdings sei die Situation an diesen beiden Haltestellen hinsichtlich des Schüler- und Studentenaufkommens besonders hoch, so die Stadtwerke. Andere Haltestellen mit Bedarf sehe man momentan nicht.

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