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Augsburg: Augsburg im Wahlkampf-Endspurt: So ringen die Kandidaten um jede Stimme

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Augsburg im Wahlkampf-Endspurt: So ringen die Kandidaten um jede Stimme

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    Das Rennen zwischen Volker Ullrich (CSU), Ulrike Bahr (SPD) und Claudia Roth (Grüne) dürfte knapp werden. Es geht um jedes Kreuz auf dem Stimmzettel.
    Das Rennen zwischen Volker Ullrich (CSU), Ulrike Bahr (SPD) und Claudia Roth (Grüne) dürfte knapp werden. Es geht um jedes Kreuz auf dem Stimmzettel. Foto: Peter Jobst

    Die Ansage kommt hart und gleich zu Beginn des Gesprächs. "Wenn Sie verlieren, dann wegen Laschet", sagt eine Frau aus Hochzoll, die mit ihrem Mann unterwegs und nach eigenem Bekunden grundsätzlich CSU-Wählerin ist. "Das können Sie auch dem Söder ausrichten", gibt sie dem Volker Ullrich an seinem Wahlkampfstand in der Annastraße noch mit auf den Weg und verabschieden sich. Immerhin mit der Botschaft, dass sie Ullrich ganz gut fänden. Ullrich versucht zu kontern: Laschet gehe auf Menschen zu, er kenne ihn auch persönlich und er sei glaubwürdig, die Bilder im TV nach der Flutkatastrophe seien in der Tat nicht glücklich gewesen . Doch gegen Anti- oder Sympathien lässt sich schlecht argumentieren. Ullrich verlässt den Wahlkampfstand nach einer guten halben Stunde, eilt weiter nach Haunstetten zum Wochenmarkt, von dort aus zur Kundgebung im ehemaligen Gaswerk mit Laschet als Redner. Am Abend geht es noch auf ein Weinfest nach Königsbrunn. Ullrich, der zum Ausgleich gerne joggt, hat sich einen Wahlkampf-Marathon auferlegt.

    Bundestagswahl in Augsburg: Es wird ein knappes Rennen

    Es könnte ein Marathon mit Foto-Finish werden. Wenige Tage vor der Bundestagswahl geht es in Augsburg um jede Stimme. Wahlkreisprognosen von Analyseplattformen und Umfrageinstituten, die aus der Stimmungslage in Deutschland und aus bisherigen Ergebnissen Vorhersagen für jeden Wahlkreis errechnen, sagen ein enges Rennen voraus. Zwei Portale, Wahlkreisprognose.de und Election.de, berechneten für den Wahlkreis Augsburg-Stadt zuletzt einen dünnen Vorsprung für die Grünen, sind aber jetzt, kurz vor der Wahl, wieder umgeschwenkt und sagen nun ein knappen Sieg der CSU mit Volker Ullrich voraus. Die Wahlforscher von Insa bewerteten offenbar den Scholz-Effekt höher und sahen in den vergangenen Wochen zeitweise die SPD mit Ulrike Bahr vorn. Ganz aktuell sind aber auch sie wieder auf einen knappen CSU-Sieg umgeschwenkt.

    Die Wahlkreisprognosen sind auch wegen der Methodik unsicher. Allgemein weht der CSU aber der Wind ziemlich unangenehm ins Gesicht. Im Bayerntrend des BRkam die CSU vor zwei Wochen bayernweit nur noch auf 28 Prozent, die SPD auf 18 und die Grünen auf 16 Prozent. Geht man, den Erfahrungen der Vergangenheit folgend, davon aus, dass die CSU in Augsburg als Großstadt um die fünf Prozentpunkte weniger hat und SPD sowie Grüne eher profitieren, dann wird es in Augsburg spannend. Absehbar ist: Die Abstände werden sich verkleinern und das Rennen wird knapper ausgehen, selbst wenn die CSU noch die Nase vorne haben sollte.

    Volker Ullrich ist überzeugt: "Der Trend lässt sich noch drehen"

    Ullrich ist, so ist aus der Partei zu hören, besorgt - auch wenn man ihm das nicht anmerkt. "Der Trend lässt sich noch drehen", ist er überzeugt. Ullrich setzt, neben den bundespolitischen Themen, darauf, dass er auch für Alltagsprobleme ansprechbar ist. Auf dem Haunstetter Wochenmarkt, wo eher eine bürgerliche Kundschaft unterwegs ist, geht es um den Brand in der Karolinenstraße, E-Roller, Verkehrsprobleme für Radler in Haunstetten. Dass Ullrich jetzt von Termin zu Termin eilt, stand schon vor Monaten fest, als die Union in den Umfragen noch ganz gut dastand.

    Sollte Ullrich nicht die meisten Erststimmen holen, dann müsste er sogar um seinen Wiedereinzug in den Bundestag bangen, weil die CSU ihre Abgeordneten nur über Direktmandaten in den

    SPD-Kandidatin Ulrike Bahr sagt: "Umfragen sind noch keine Stimmen"

    Am engsten an CSU-Mann Ullrich heranrücken werden wohl Ulrike Bahr (SPD) und Claudia Roth (Grüne). Bahr musste im Frühjahr noch um ihren Wiedereinzug in den Bundestag bangen, weil sie bei der Aufstellung der SPD-Bayernliste so weit nach hinten gesetzt wurde, dass im Zusammenspiel mit den damaligen Sonntagsfrage-Ergebnissen eine weitere Legislaturperiode unwahrscheinlich schien. "Die einzige Konsequenz war, mit voller Kraft zu kämpfen", sagt Bahr. Inzwischen kann sie, angesichts der besseren Zahlen für Sozialdemokraten davon ausgehen, über die Liste wieder in den Bundestag zu kommen.

    Sogar ein Direktmandat schließt Bahr nicht aus, wenn man sie fragt. Auch wenn sie die Prognosen mit gewisser Skepsis betrachtet. "Umfragen sind noch keine Stimmen, aber es gibt eine Chance", sagt Bahr. Das Direktmandat für die SPD, es wäre das zweite in der Nachkriegszeit in Augsburg, wäre ein "tolles Ergebnis", meint sie. Klar ist aber auch: Dass die SPD in Augsburg wieder im Aufwärtstrend scheint, liegt nicht am Augsburger Wahlkampf, sondern vor allem am Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und der Gemengelage mit Unionskandidat Laschet und der Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock.

    Grünen-Bundestagsvizepräsidentin Roth ist in Augsburg weniger auf Terminen präsent als Ullrich. Roth, die als Spitzenkandidatin der Grünen den Wiedereinzug in den Bundestag sicher hat, tourt aktuell viel in Bayern herum, um Zweitstimmen für die Partei zu ziehen. In Augsburg selbst gibt es weniger Termine, auf den Wahlplakaten spielen neben Baerbock und Roth inhaltliche Botschaften eine Rolle. Als Roth vor Kurzem gemeinsam mit Baerbock bei der Wahlkampfveranstaltung in der Maximilianstraße vor über 2000 Menschen auf der Bühne stand, kamen Augsburger Belange kaum vor.

    Augsburg wählte bei Bundestagswahlen bisher mehrheitlich immer schwarz

    Seit Bestehen der Bundesrepublik holte in Augsburg immer ein CSU-Kandidat das Direktmandat, abgesehen von einer Ausnahme 1972. In den 1960er Jahren lagen CSU und SPD in Augsburg weitgehend gleichauf, doch vorher und nachher galt, dass Augsburg bei den Bundestagswahlen mehrheitlich schwarz wählte. Der Abschied vom Bild der klassischen Arbeiterstadt machte es für die SPD nicht einfacher. Inzwischen sind die Milieus gemischter und kleinteiliger, auch wenn es zwischen der Innenstadt mit einem hohen Grünen-Wähleranteil und den bürgerlichen Stadtrand-Bezirken wie Bergheim mit klarer CSU-Dominanz deutliche Unterschiede gibt.

    Mit dem Wachstum der Stadt zur Metropole könnte es einen erneuten Wandel geben, der der CSU perspektivisch Probleme bereiten könnte. In Städten ist sie tendenziell schwächer unterwegs als auf dem Land. "Wahlergebnisse lassen sich nicht vollständig von Bevölkerungsstrukturen trennen", sagt Ullrich dazu.

    Hohe Briefwahlquote: "Ich habe schon gewählt"

    Von allen Kandidatinnen und Kandidaten, sei es von Ullrich, Bahr oder Roth, ist zu hören, dass es jetzt auf jede Stimme ankomme und man bis zuletzt kämpfe. Wie das Augsburger Triell ausgeht, wird man am Sonntag wissen. Klar ist: Der Kampf in den kommenden Tagen wird mühsam und zunehmend ineffektiver. Die häufigste Botschaft, die Kandidaten und Kandidatinnen an Infoständen zu hören bekommen, ist inzwischen nicht mehr Zustimmung oder Ablehnung, sondern angesichts der hohen Briefwahlquote der Satz: "Ich habe schon gewählt."

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