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Augsburg: Ärztlicher Versorgungsmangel? Warum Flüchtlinge oft durch das Raster fallen

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Ärztlicher Versorgungsmangel? Warum Flüchtlinge oft durch das Raster fallen

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    Kein Arzttermin, lange Wartezeiten oder kein Dolmetscher - die ärztliche Betreuung von Flüchtlingen läuft nicht immer reibungslos.
    Kein Arzttermin, lange Wartezeiten oder kein Dolmetscher - die ärztliche Betreuung von Flüchtlingen läuft nicht immer reibungslos. Foto: Murat, dpa

    Augsburg gilt als Großstadt mit einer guten ambulanten medizinischen Versorgung. In der Realität sieht das aber oft anders aus. Im jüngsten Ausschuss für Umwelt-, Klimaschutz und Gesundheit beschäftigte die Stadträte die Frage, ob ein ärztlicher Versorgungsmangel droht. Kommunalpolitiker berichteten, dass die Beschwerden von Bürgern über lange Wartezeiten auf einen Arzttermin zunähmen. Das bestätigen auch Augsburger Vertreter aus der Flüchtlings- und Integrationshilfe. Sie berichten unter anderem von Kindern, die keine Impfung erhalten und von Frauen, die während ihrer Schwangerschaft keinen Termin beim Frauenarzt bekommen und als Notfall ohne Überweisung im Krankenhaus entbinden müssen. 

    Natascha Macht arbeitet für die Diakonie Augsburg in der Flüchtlings- und Integrationsberatung und ist seit vielen Jahren in der Gemeinschaftsunterkunft in der Schülestraße tätig. Seit Jahren muss sie den Bewohnern in der Unterkunft immer mehr unter die Arme greifen, wenn es darum geht, einen Arzttermin zu erhalten - oft ist das aussichtslos. "Bei Kinder- und Frauenärzten ist es besonders schlimm, da fühlt sich niemand zuständig." Trotz großer Anstrengung ihrerseits erhielten schwangere Frauen keinen Termin bei einem Frauenarzt. "Deshalb müssen sie dann als Notfall in ein Krankenhaus gebracht werden, um dort zu entbinden", berichtet sie. 

    Bei Kinderärzten sei die Situation ähnlich schwierig: Am Telefon bekomme sie oft zu hören, dass nur Neugeborene als Patienten angenommen würden oder die Praxis keine Patienten aus dem Postleitzahlenbereich aufnehme. Das führe zu verschiedenen Problemen. Kinder würden nicht geimpft und könnten keine Kita besuchen, Mütter müssten sich um die Betreuung der Kinder kümmern und könnten keinen Sprachkurs beginnen. 

    Oft fehlt es an Dolmetschern für den Arztbesuch in Augsburg

    Allgemeinmedizinerin Maria Möller hat aus diesem Grund in den vergangenen Jahren immer wieder Impfnachmittage abgehalten. Für ihr Engagement in der medizinischen Betreuung und Behandlung von Flüchtlingen wurde sie im Frühjahr mit der Verdienstmedaille "Für Augsburg" ausgezeichnet. Sie weiß, dass Dolmetscher an allen Ecken und Enden fehlen. Das sei besonders dann fatal, wenn ein Flüchtling zwar einen Facharzttermin ergattert habe, ihm aber kein Übersetzer zur Verfügung stehe. "Ich mache mir die Mühe und übersetze dann mithilfe von Google", sagt sie. Kollegen von ihr hätten aber teils weder die Zeit noch die Geduld diesen Weg zu gehen und schickten Flüchtlinge ohne Dolmetscher wieder weg. Die Bürokratie erschwere den Besuch von Ärzten zusätzlich. Viele Flüchtlinge erhalten über das Sozialamt einen Behandlungsschein, womit sie einen Arzt besuchen können. "Zahlreiche Sondersachen müssen aber extra genehmigt werden. Das macht das dann kompliziert", sagt

    Grünen-Stadträtin und Sozialpädagogin Melanie Hippke, die in ihrem Berufsalltag geflüchtete Familien begleitet, weiß, wie viele Hürden sich Menschen mit Migrationshintergrund stellen. "Ich begleite eine Familie aus der Ukraine, da bin ich zwei Drittel meiner Zeit mit Organisation und ein Drittel mit pädagogischer Unterstützung beschäftigt", sagt sie. Oft würde sie nur einen Arzttermin für die geflüchteten Personen, die sie betreut, organisieren können, wenn sie ihre eigenen Ärzte darum bitte. Organisation von Terminen und Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen verschlinge immer mehr Zeit, bemängeln die Flüchtlingshelfer. "Die zunehmende Digitalisierung in allen Bereichen ist ein großes Problem. Wo die Geflüchteten früher einfach selber hingegangen sind, brauchen sie jetzt eine Sozialberatungskraft, die ihnen online hilft", sagt Simon Oschwald, Leiter des Fachbereichs Migration der Diakonie Augsburg. Dabei funktioniere Integration doch über persönliche Kontakte, betont Natascha Macht. Sie weiß, dass viele der angesprochenen Probleme struktureller Natur sind und nicht nur geflüchtete Menschen betreffen. "Es geht darum, Probleme zu erkennen und gemeinsam eine Lösung zu finden", sagt

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